Wetzlar. Der Jurist Oliver Barta, Personalleiter von Bosch Thermotechnik in Wetzlar, ist der neue Verhandlungsführer von Hessenmetall, dem Arbeitgeberverband für die hessische Metall- und Elektro-Industrie (M+E). aktiv sprach mit ihm über hohe Erwartungen in ausgesprochen schwierigen Zeiten.
Herr Barta, wie geht es der hessischen M+E-Industrie?
Die wirtschaftliche Lage ist schlecht. Schon vor Corona haben die Unternehmen weniger neue Aufträge als noch 2019 gehabt. Im zweiten Quartal 2020 war die M+E-Produktion so niedrig wie während der Finanzkrise 2009, und die Branche verzeichnete 2020 ein historisch schlechtes erstes Halbjahr mit einem Umsatzrückgang von 14,2 Prozent und minus 17 Prozent bei den Aufträgen. Seit Beginn der Pandemie liegt der Auftragseingang in der hessischen Metall- und Elektro-Industrie in jedem Monat mindestens 10 Prozent unter dem Vorjahresmonat.
Sehen Sie denn Licht am Horizont?
IT-Technik, Medizintechnik oder auch baunahe Branchen wie zum Beispiel die Heizungstechnik hatten bisher durchaus ein ordentliches Jahr. Aber bei den anderen, allen voran den Automobilzulieferern, dem Maschinenbau, der Luftfahrt-Industrie oder auch in der Metallerzeugung, alles richtig wichtige Branchen in Hessen, sieht das ganz anders aus.
Also gibt es im Moment nichts zu verteilen?
Es wird erst etwas zu verteilen geben, wenn der Einbruch überwunden und wenigstens das Vorkrisenniveau 2018 wieder erreicht ist. Das Anziehen der wirtschaftlichen Lage in einzelnen Unternehmen im dritten Quartal ist zwar erfreulich. Wir dürfen dabei aber nicht vergessen, dass dieser Zuwachs auf dem starken Einbruch im zweiten Quartal aufbaut. Zudem muss man befürchten, dass es durch die deutlich steigenden Corona-Zahlen in den kommenden Wintermonaten zu weiteren Rückschlägen in der Produktion kommen wird.
Worauf setzen Sie den Schwerpunkt bei den Verhandlungen?
Beschäftigungssicherung hat für uns hohe Priorität, aber nur der wirtschaftliche Erfolg sichert Arbeitsplätze auf Dauer. Daher müssen wir im Strukturwandel künftige Wettbewerbsfähigkeit auf- und ausbauen. Es gibt aktuell keinen Verteilungsspielraum für Lohnsteigerungen. Selbst eine Nullrunde wäre schon ein Kompromiss. In diesen unsicheren Zeiten die Unternehmen aber flächendeckend mit weiteren Kostensteigerungen durch nicht gerechtfertigte Lohnerhöhungen oder Teillohnausgleiche bei einer Vier-Tage-Woche zu belasten, wird dem Charakter des Flächentarifs als Ort zur Regelung von Mindestarbeitsbedingungen nicht gerecht und erhöht nur den Druck auf die deutschen Standorte und gefährdet die Arbeitsplätze in unserer Industrie.
Zur Person
Oliver Barta
- Jurist, 1967 geboren in Eschwege, verheiratet, ein Sohn.
- Seit 2006 Vice President Human Resources bei Bosch Thermotechnik, Wetzlar. Verantwortlich für die weltweite Personalarbeit für rund 14.000 Beschäftigte.
- Seit 2018 im Ehrenamt Vorsitzender von Hessenmetall Mittelhessen und Mitglied des Landesvorstands.
- Seit September 2020 Verhandlungsführer von Hessenmetall.