Berlin. Warnstufe Rot am Arbeitsmarkt? Seit Monaten wachsen die Konjunktursorgen. Hauptgründe sind die internationalen Handelsstreitigkeiten und die Brexit-Diskussion. Lange zeigte sich der Arbeitsmarkt davon unbeeindruckt. Nun gibt es erste Bremsspuren. Geht das deutsche Job-Wunder zu Ende?

Jedenfalls heißt es vorbereitet zu sein, falls es hart auf hart kommt, mahnt Ingo Kramer. Der Präsident des Arbeitgeberdachverbands BDA fordert: Unternehmen müssen – wenn nötig – schnell die „erweiterte Kurzarbeit“ nutzen können. Sie galt bereits in der Wirtschaftskrise vor zehn Jahren und trug wesentlich dazu bei, Massenentlassungen zu verhindern. So konnte Deutschland nach der Krise schnell wieder durchstarten.

Für „Kurzarbeit plus“ ist es noch zu früh

Mit dem Kurzarbeitergeld zahlt die Arbeitslosenversicherung zeitweilig einen Teil der Löhne, wenn Betriebe größere Teile ihres Personals in Konjukturflauten nicht voll beschäftigen können. Vor zehn Jahren wurden die Zahlungen von 12 auf 24 Monate verlängert, die Zugriffsmöglichkeiten vereinfacht.

Die konjunkturelle Kurzarbeit ist Vorbote für die weitere Entwicklung. Sie hat mit zuletzt rund 44.000 Betroffenen zwar ein niedriges Niveau – insbesondere gegenüber 1,14 Millionen Kurzarbeitern im Rezessionsjahr 2009. Doch ihr Anteil könnte bald steigen. So rechnen laut Ifo-Institut 16 Prozent der Unternehmen der Automobil-Industrie damit, binnen drei Monaten Kurzarbeit zu verhängen. Ähnliche Signale kommen aus der Textil-Industrie, der Metallerzeugung und dem Maschinenbau. Unterm Strich erwarten laut Ifo derzeit 8,5 Prozent aller Industriebetriebe in absehbarer Zeit Kurzarbeit. Das ist der höchste Stand seit Ende 2012.

Industrie: Nach Jahren des Aufschwungs geht es jetzt wieder um die Sicherung von Arbeitsplätzen.

Noch wäre es zu früh für die sogenannte „Kurzarbeit plus“, so BDA-Präsident Kramer. Allerdings solle Arbeitsminister Hubertus Heil von der Bundesregierung eine sogenannte Verordnungsermächtigung erhalten. Damit kann er die großzügigeren Regeln bei Bedarf schnell in Kraft setzen. Kramer: „Wenn die Krise erst mal da ist, geht es um jede Woche.“

207.000 Ausbildungsplätze sind derzeit offen

Ob das tatsächlich nötig wird, ist noch nicht klar. Im Juli kletterte die Arbeitslosenquote zwar um 0,1 Prozent auf 5 Prozent. Betroffen sind vor allem ungelernte Kräfte, häufig Zeitarbeitnehmer. Gleichwohl gibt es hierzulande noch über 45 Millionen Erwerbstätige. Das ist weiter Rekordniveau. Auch die Beschäftigungs- und Investitionsabsichten der Betriebe sind noch einigermaßen robust, notiert das Institut der deutschen Wirtschaft. Vielleicht gibt es sogar ein „Happy End“, wenn sich die Unsicherheiten weltweit legen.

Am allerwenigsten sorgen müssen sich jedenfalls die Berufsstarter: Die Chancen auf eine Lehrstelle sind so gut wie selten. Im Juli standen laut Arbeitsagentur bundesweit noch 207.000 Ausbildungsplätze offen – 3 Prozent mehr als zur selben Zeit 2018. Die BDA rät Schulabsolventen zur qualifizierten Berufsausbildung: „Sie bietet eine solide Basis für eine anspruchsvolle und krisenfeste Beschäftigung.“