Nürnberg. Lockdown, Quarantäne, Gesundheitsschutz: Arbeiten von zu Hause erlebte aus diesen Gründen während der Corona-Krise einen großen Schub. Stefanie Wolter forschte dazu am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) – schon vor Ausbruch der Pandemie.

Alle reden jetzt von Homeoffice. Was ist da los?

Bisher war dieses Arbeitsmodell kein Massenphänomen. Durch Corona hat sich das rasant gedreht. Knapp die Hälfte der Beschäftigten in Deutschland arbeitet derzeit zumindest teilweise mobil. Für viele war das völlig neu. Knapp zwei Drittel derjenigen, die schon vor der Pandemie zu Hause gearbeitet haben, taten dies nur stundenweise. Ganze Homeoffice-Tage waren bislang selten.

Macht die Digitalisierung da nicht vieles leichter?

Technisch haben wir hier in den letzten Jahren viele Fortschritte gemacht. Auch jetzt in der Krise wurden schnell mobile Geräte angeschafft. Doch noch immer gilt: Viele Berufe sind klassische Vor-Ort-Berufe, vor allem in der Industrie. Und auch innerhalb der Branchen gibt es Unterschiede. Während etwa Forschung und Entwicklung streckenweise virtuell erfolgen können, geht das in der Fertigung nicht. Da gibt es keine Alternative. Höchstens Arbeiten wie Schichtpläne erstellen können von zu Hause erfolgen.

Maschinen kann man doch auch aus der Ferne warten?

Richtig, Fernwartung wird schon an vielen Stellen eingesetzt. Doch auch da ist es nicht mit einem Laptop getan. Das erfordert Investitionen und eine längere Vorlaufzeit, viele Anlagen müssen erst mit digitalen Funktionen ausgestattet werden.

Die einen müssen in den Betrieb, die anderen dürfen zu Hause bleiben. Ist das nicht ungerecht?

Auch in der Gastronomie, in der Pflege und im Krankenhaus müssen die Mitarbeiter schließlich vor Ort ihren Dienst tun. Ob Homeoffice machbar ist, hängt also entscheidend von der Art der Tätigkeit ab. In Unternehmen ist das in der Verwaltung, im Marketing und im Vertrieb tendenziell am leichtesten umsetzbar und daher auch am stärksten verbreitet. Bei allem, was mit Datenschutz oder rechtlichen Fragen zu tun hat, geht Sicherheit jedoch vor. Da gestaltet sich der Zugriff von außen schwierig.

Homeoffice hat viele Vorteile …

Vor allem die Pendelstrecken fallen weg. Auch wer nur stundenweise von zu Hause tätig ist, kann allein schon dadurch günstigere Zeiten für den Weg zur Arbeit nutzen, wenn Bahn und Straßen frei sind. Durch den Zeitgewinn lässt sich zudem manches in der Familie besser regeln, etwa sein Kind aus der Kita abzuholen.

Und was ist die Kehrseite?

Homeoffice ist keine Dauerlösung und hat auch seine Tücken. Es bringt zwar Freiräume, mit denen man aber erst umzugehen lernen muss. Viele Berufstätige tun sich zudem schwer damit, da sich Arbeit und Freizeit leicht vermischen. Sie lehnen das Modell daher ab.

Welche Rolle spielt der Kontakt zu Kollegen im Betrieb?

Jeder Fünfte sagt, dass im Homeoffice der Kontakt zu Kollegen leidet. Den fachlichen Austausch kann man teilweise digital ersetzen, durch E-Mails und Videochats. Aber das nichtfachliche Miteinander fehlt, das direkte, menschliche. Etwa ein Einstand, bei dem es Kuchen gibt und man sich gegenseitig kennenlernt. Das darf man nicht unterschätzen. Die gemeinsame Mittagspause in der Kantine und der Plausch in der Kaffeeküche gehören ebenso dazu. Auch hier kann man mal kurz was Berufliches besprechen.

Wie geht es jetzt weiter?

Mobiles Arbeiten wird künftig insgesamt zunehmen. Mit Abklingen der CoronaPandemie wird der Homeoffice-Anteil jedoch wieder sinken und sich mittelfristig auf ein gesundes Maß einpendeln. Dabei gilt es, Lösungen zu finden, die für beide Seiten, sowohl für Arbeitgeber als auch für die Mitarbeiter, passen.