Köln. Hätten Sie das gedacht? Immer mehr Menschen in Deutschland haben ein „ganz normales“, klassisches Arbeitsverhältnis! Gut 26 Millionen angestellte Erwerbstätige, alle unbefristet und jeweils für mehr als 20 Wochenstunden beschäftigt, Zeitarbeit noch außen vor – das ist der erfreuliche Stand fürs Jahr 2018. Mehr waren es zuletzt 1992, so nun das Statistische Bundesamt.
Vor allem Frauen profitieren von dem Trend: Rund elf Millionen arbeiten nun in einem „Normalarbeitsverhältnis“, so viele wie wohl noch nie hierzulande.
Bessere Kinderbetreuung macht mehr möglich als früher
Über viele Jahre war der Arbeitsmarkt sehr robust. „Insgesamt vier Millionen neue Stellen schufen die Betriebe seit 2006“, erklärt Holger Schäfer, Arbeitsmarktexperte am Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. „Und das sind alles Normalarbeitsverhältnisse! Die Zahl der sogenannten atypischen Jobs dagegen ist seit etwa zehn Jahren fast unverändert.“ Und gerade das werde im öffentlichen Wirbel um Mini-Jobs, um Zeitarbeit oder um befristete Stellen leider meistens übersehen.
Zudem blende die Debatte häufig aus, dass arbeitszeitverkürzte Jobs – Teilzeit mit über 20 Stunden, geringfügige Teilzeit oder auch ein Mini-Job – bisher hauptsächlich von Frauen ausgeübt werden: weil es für sie oft der einzige Weg ist, den Beruf und die Betreuung der Kinder miteinander zu verbinden.
Arbeitsmarkt hat Millionen Beschäftigungswillige integriert
Nun wollen mehr Mütter länger arbeiten – und die staatlichen Betreuungsangebote sind viel besser geworden. So angelten sich Frauen in den letzten zwölf Jahren 2,5 Millionen der neuen Normaljobs, also rund drei Fünftel. Frauen holen auf – sie sind die Gewinner des Jobwunders!
Insgesamt hat der Arbeitsmarkt in den ungewöhnlich vielen Jahren des Wirtschaftswachstums seit 2010 Millionen Beschäftigungswillige integriert. „Das hat viele Menschen aktiviert, die vorher nicht oder nicht ‚normal‘ beschäftigt waren“, erklärt IW-Experte Schäfer. In sogenannter atypischer Beschäftigung – also Mini-Jobs, geringfügige Teilzeit (bis 20 Stunden pro Woche), befristete Stellen und Zeitarbeit – arbeiten nicht mehr Menschen als früher: „Der Wert pendelt um die 7,7 Millionen.“
Viele erst befristet Beschäftigte werden dann fest übernommen
In solchen Jobs sind überproportional viele Zugewanderte zu finden, besonders aus Nicht-EU-Ländern. Ohne anerkannten Berufsabschluss bekommt man oft nur einen atypischen Job, weiß Schäfer. Aber: „Vielfach erleichtert das den Einstieg in die Arbeit überhaupt.“
Das gilt auch für befristet Beschäftigte. 2018 wurden 44 Prozent (!) von ihnen nach Vertragsende in die Festanstellung übernommen, berichtet das Forschungsinstitut IAB in Nürnberg. Dass die Bundesregierung die Regeln für Befristungen verschärfen will, hält IW-Experte Schäfer für keine gute Idee: „Der Arbeitsmarkt funktioniert. Wir brauchen da überhaupt keine neuen Regelungen.“