Nürnberg. Was sich erst mal nach einer schlechten Nachricht anhört, lässt Experten halbwegs beruhigt aufatmen: Die Arbeitslosenquote betrug im Oktober 6,0 Prozent.

Im gleichen Monat des Vorjahrs lag sie bei 4,8 Prozent. Die deutliche Zunahme um ein glattes Viertel ist laut Berechnung der Bundesagentur für Arbeit allein dem „Corona-Effekt“ geschuldet – den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie.

Es gibt rund 556.000 Arbeitslose mehr als vor einem Jahr

Rund 2,76 Millionen Menschen sind nun arbeitslos gemeldet, heißt: Es gibt über eine halbe Million Arbeitslose mehr als vor Jahresfrist.

Trotzdem bewertet Detlef Scheele, der Chef der Arbeitsagentur, die Oktober-Zahlen als „außerordentlich positiv“ (schließlich musste man ja noch schlimmere Zahlen befürchten, also einen noch stärkeren Anstieg der Arbeitslosigkeit). Am Arbeitsmarkt sei „spürbare Besserung“ zu beobachten, sagte Scheele in einer Livestream-Pressekonferenz. Es gebe keine Entlassungswelle, die Kurzarbeit habe „offensichtlich eine Brücke gebaut“.

Die staatlichen Regeln für die Kurzarbeit sind jetzt großzügiger als jemals zuvor

Eben das ist der springende Punkt. Zur Erinnerung: Im April waren fast sechs Millionen (!) Bundesbürger in Kurzarbeit. Mit viel Geld und mit großzügigeren Regelungen als jemals zuvor versuchte der Sozialstaat, möglichst viele Jobs in den Betrieben zu retten.

Und das international bestaunte und kopierte Instrument bewährte sich. Im August – das ist der bisher letzte Monat, für den verlässliche Daten vorliegen – gab es dann nur noch knapp 2,6 Millionen Kurzarbeiter, deren Arbeitsausfall lag laut Arbeitsagentur im Schnitt bei 36 Prozent. Damit verhinderte die Kurzarbeit im Sommer rechnerisch rund 920.000 zusätzliche Arbeitslose. Wie man mit Kurzarbeit besser zurecht kommt, erklärt ein Experte auf aktiv-online.de: Kurzarbeit besser verkraften: Praktische Tipps für Betroffene.  

6,0 Prozent beträgt die Arbeitslosenquote – ohne Corona wären es wohl nur 4,8 Prozent

Wichtig dabei ist: Der schrittweise Rückgang der Kurzarbeit führte gerade nicht zu einem auch nur annähernd gleichen Anstieg der Arbeitslosigkeit. „Die Kurzarbeit funktioniert offenbar so wie erhofft“, stellt Holger Schäfer fest, Arbeitsmarktexperte am Institut der deutschen Wirtschaft (IW). „Wir sind bisher extrem gut durch die Corona-Krise gekommen“, urteilt er, „der Arbeitsmarkt zeigt sich erfreulich stabil.“

Daran dürfte der aktuelle „Lockdown light“ seit Anfang November wohl nicht viel ändern. Natürlich hat er brutale Folgen für Gastronomie, Kultur und Tourismus. Diese stehen aber nur für einen kleinen Bruchteil der gesamten Wirtschaftsleistung, andere Branchen sind kaum von den Einschränkungen betroffen.

Fürs Jahr 2021 wird eine ähnlich hohe Arbeitslosigkeit erwartet

Die 6,0 Prozent Arbeitslosigkeit kann man sich übrigens erst mal merken: Fürs Jahr 2021 erwarten Wirtschaftsforscher im Schnitt ihrer aktuellen Prognosen („Consensus Forecast“) exakt diesen Wert. „Wir werden einen Anstieg der Wirtschaftsleistung erleben“, erklärt Schäfer, „aber noch keinen deutlichen Rückgang der Arbeitslosenquote.“ Schon weil zusätzliche Arbeitszeit ja zunächst einfach durch eine weitere Abnahme der Kurzarbeit geliefert wird.

Was könnte die Regierung jenseits der allgemeinen Konjunkturstützung tun, um möglichst vielen Arbeitslosen neue Chancen zu geben? Schäfer nennt zwei konkrete Punkte. „Man sollte das Befristungsrecht vorübergehend lockern“ – dann falle es Unternehmen leichter, neue Mitarbeiter einzustellen.

Und das Arbeitszeitgesetz müsse an digitale Zeiten angepasst werden: Statt einer täglichen Höchstarbeitszeit sollte der Staat nur eine wöchentliche Obergrenze vorgeben. „Mehr Flexibilität macht es dem Arbeitsmarkt leichter, sich Veränderungen anzupassen. Das würde gerade in der Krise helfen.“