Ein viel beachteter Kompromiss in schwierigen Zeiten: Darauf einigten sich Arbeitgeber und Gewerkschaft der Metall- und Elektro-Industrie in der vierten Tarifrunde. Die lange Laufzeit von 25 Monaten bietet allen Beteiligten wichtige Planungssicherheit.
Dem Tarifabschluss vorausgegangen waren schwierige Verhandlungen der M+E-Tarifparteien sowie bundesweite Warnstreiks. Mit dem Abschluss wurde eine Ausweitung der Streiks abgewendet: Für Deutschlands größten Industriezweig mit seinen 3,9 Millionen Beschäftigten sind die Zeiten angesichts der anhaltenden Rezession ohnehin herausfordernd genug.
„Unser Anspruch war es, den Standort zu stärken“
Dr. Stefan Wolf, Präsident Gesamtmetall
Die Einigung stand nach einem 18-stündigen Verhandlungsmarathon am 12. November in Hamburg. Sie wurde erstmals für zwei Bezirke gemeinsam getroffen – für den Norden und für Bayern. Und sie gilt als sogenannter Pilotabschluss, der nun bundesweit übernommen werden soll. In Baden-Württemberg ist dies sogar schon am gleichen Tag geschehen. Dr. Stefan Wolf, Präsident des Arbeitgeberdachverbands Gesamtmetall, sagte zum Ergebnis: Er sei „zufrieden, aber nicht euphorisch“, der Kompromiss sei für beide Seiten akzeptabel.
aktiv erklärt die Eckpunkte des Tarifabschlusses:
Entgelte
Die Beschäftigten erhalten 2 Prozent mehr Geld ab April 2025 und weitere 3,1 Prozent mehr ab April 2026. Zudem gibt es eine Einmalzahlung von 600 Euro im Februar 2025, die auf Dezember 2024 vorgezogen werden kann. Und das T-ZUG (B) beziehungsweise der Zusatzbetrag wird ab 2025 bereits im Februar ausgezahlt. Die Zahlung beträgt wie bisher 18,5 Prozent des Grundentgelts der hierfür regional festgelegten Entgeltgruppe und steigt ab 2026 auf 26,5 Prozent.
Freistellungstage
Bei den Freistellungstagen wurden für bestimme Beschäftigtengruppen die bestehenden Regelungen modifiziert. So wurden die Anspruchsvoraussetzungen für Schichtbeschäftigte vereinheitlicht. Beschäftigte mit Kindern bis zur Vollendung des zwölften Lebensjahres und Beschäftigte mit pflegebedürftigen Angehörigen können zweimal acht Freistellungstage und zusätzlich dreimal sechs Tage nutzen. Diese Ansprüche können künftig auch alle Teilzeitbeschäftigten in den genannten Gruppen nutzen. Die Neu-Berechtigten können ihre Anträge für 2025 noch bis zum 1. Januar 2025 stellen. Ausfallendes Arbeitszeitvolumen muss allerdings kompensiert werden, hierfür wurden erweiterte Regelungen vereinbart.
Ausbildungsvergütung
Die Vergütungen der Azubis steigen früh und deutlich: ab 1. Januar 2025 um 140 Euro pro Monat. Zudem gibt es ab 1. April 2026 pro Monat 3,1 Prozent mehr. Mit der Erhöhung setzen die Arbeitgeber ein klares Signal der Wertschätzung für die Auszubildenden der M+E-Industrie und stärken so die Attraktivität der Ausbildung.
Differenzierung
Sie erlaubt es Unternehmen in wirtschaftlich schwieriger Lage, die Belastungen rasch und unbürokratisch zu mildern. Ab dem Jahr 2025 knüpft die Differenzierung am Transformationsgeld an (T-Geld, es beträgt 18,4 Prozent des Monatsentgelts). Dieses wird künftig im Juli eines Kalenderjahrs ausgezahlt. Betriebe mit geringer Nettoumsatzrendite steht damit ab 2025 ein größeres Differenzierungsvolumen als bisher zur Verfügung.
Laufzeit
Die lange Laufzeit von 25 Monaten bis Ende Oktober 2026 deckt die Jahre 2024, 2025 und weitgehend 2026 ab. Das schafft Planungssicherheit für Betriebe und Beschäftigte.
Die Tarifparteien haben außerdem zwei gemeinsame Erklärungen unterzeichnet: eine zum Handlungsbedarf in Sachen Industriestandort, eine zur Demokratiebildung von Azubis. „Unser Anspruch war es, den Standort zu stärken“, erklärte Gesamtmetall-Präsident Wolf. „Das ist uns alles in allem mit diesem Abschluss gelungen. Nun ist die Politik in Berlin und Brüssel gefragt, die Weichen für mehr Wettbewerbsfähigkeit zu stellen.“
Der Tarifabschluss im Überblick
Entgelt
Plus 2,0 Prozent zum 1. April 2025,
plus 3,1 Prozent zum 1. April 2026.
Einmalzahlung
600 Euro im Februar 2025,
vorziehbar auf Dezember 2024.
Auszubildendenvergütung
Plus 140 Euro pro Monat zum 1. Januar 2025,
plus 3,1 Prozent zum 1. April 2026.
Differenzierung
Automatische Entlastung für Betriebe
in wirtschaftlich schwieriger Lage.
Laufzeit
Bis 31. Oktober 2026 und damit insgesamt 25 Monate.
Nach seiner Redakteursausbildung absolvierte Stephan Hochrebe das BWL-Studium an der Universität zu Köln. Zu aktiv kam er nach Stationen bei der Funke-Mediengruppe im Ruhrgebiet und Rundfunkstationen im Rheinland. Seine Themenschwerpunkte sind Industrie und Standort – und gern auch alles andere, was unser Land am Laufen hält. Davon, wie es aussieht, überzeugt er sich gern vor Ort – nicht zuletzt bei seiner Leidenschaft: dem Wandern.
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