Waldenburg. Zur Lehre ging er jeden Tag zu Fuß – mehrere Kilometer. „Ein Fahrrad hatte ich nicht“, erzählt Hans-Gerhard Vogel (64). Als 14-Jähriger begann er 1966 eine Ausbildung zum Mechaniker bei R. Stahl, Anbieter von Produkten, Systemen und Dienstleistungen für den Explosionsschutz in Waldenburg. Und blieb dem Unternehmen über 50 Jahre lang treu.

Der Anfang war kein Zuckerschlecken: „Wir Lehrlinge mussten von Hand ein Berichtsheft führen. In Normschrift! Und Werkstücke zeichnen. Wehe, das war nicht ordentlich“, sagt Vogel. Heute bietet das Unternehmen den Azubis Einführungstage, Innovationsspiele oder Studienfahrten an. „Das gab’s damals alles noch nicht“, erinnert sich der Jubilar.

Ein Grund für seine Treue sind für ihn die „netten Kollegen“: „Wenn ich zurückschaue, muss ich sagen, das ist das Entscheidende bei der Arbeit“, resümiert Vogel, der heute stellvertretend die Werkzeugkonstruktion leitet. Der Teamgeist ist mit der Grund, warum er nie gewechselt hat: „Klar, hin und wieder liebäugelt man mit dem Gedanken. Aber im Grunde nie ernsthaft.“

14,62 Jahre bleibt der durchschnittliche „Stahlianer“ im Unternehmen (weltweit knapp 2.000 Mitarbeiter), das 1876 gegründet wurde. Hier ist man unter anderem auf explosionsgeschützte Schalter, Leuchten und Steuerungen für die Öl-, Gas-, Chemie- und Pharmabranche spezialisiert. Diese Verbundenheit weiß Personalleiter Klaus Jäger zu schätzen: „Dass Mitarbeiter wie Herr Vogel so lange im Unternehmen sind, ist ein Gütezeichen für uns“, betont er.

Neben Vogel begeht dieses Jahr noch eine weitere Kollegin ihr 50-jähriges Dienstjubiläum, vier sind bereits 40 Jahre und 23 Kollegen 25 Jahre in der Firma. Wie hält man die Belegschaft so lange an Bord? „Eine interessante Aufgabe, ein guter Vorgesetzter, den man respektiert, und Freude mit den Kollegen. Das ist der Kitt, der die Mitarbeiter hält“, davon ist Jäger überzeugt, der selbst schon seit zehn Jahren dazugehört.

Vogel nickt: „Stimmt. Wobei die interessante Aufgabe bis heute meine größte Herausforderung ist.“ Seine Spezialität sind Press- und Spritzgießwerkzeuge. „Da muss alles extrem präzise gearbeitet sein und bis auf zwei Stellen hinterm Komma passen“, weiß Kim Marc Waldmann, der die Fertigung leitet.

Begreifen im Kopf, nicht nur am PC

Obwohl auch er schon seit 20 Jahren im Unternehmen ist, war er noch nicht einmal geboren, als der Jubilar, sein heutiger Mitarbeiter, hier anfing. „Das ist schon ein eigenartiger Gedanke“, meint er.

In Vogels Büro steht übrigens ein gigantisches Zeichenbrett. Obwohl das heute nicht mehr ganz Stand der Technik ist, will er darauf nicht verzichten: „Heute sieht man zwar alles in der 3-D-Animation am PC, und das CAD hilft beim Design“, erklärt er. „Aber man muss alles im Kopf begreifen und es am besten auch noch einmal selber zeichnen, sonst funktioniert das Werkstück am Ende nicht.“

Lächelnd richtet sich sein Blick in die Ferne: „Früher haben wir ja noch alles von Hand gefeilt und die Ecken abgemeißelt, das war harte Arbeit.“ Dann hielten Erodier- und Drahtschneidemaschinen Einzug in die Produktion: „Damit lassen sich selbst komplizierte Konturen schneiden.“ An kniffeligen Teilen tüftelt der Mechaniker auch nach Feierabend manchmal weiter. Mal nur im Kopf, mal in der hauseigenen Werkstatt: „Das fordert mich heraus“, sagt Vogel.

Begeisterung für Technik ausleben

Wenn er Ende des Jahres in den Ruhestand geht, will Vogel seine Begeisterung für Technik weiter ausleben: „Ich habe einen 40 Jahre alten Oldtimer Unimog 406-U90 zu Hause“, verrät er. „Und einen Mercedes SL Baujahr 93. Da gibt’s immer was zu tun!“ Mit R. Stahl bleibt er zudem privat verbunden: „Mein Sohn arbeitet ja hier.“

Persönlich

Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf? 

Schon als Kind hat mich Technik fasziniert. Stundenlang habe ich Bagger und Bulldogs bei der Arbeit beobachtet oder habe den Motorrädern nachgesehen, die durch unseren Ort fuhren.

Was reizt Sie am meisten?

Zu sehen, wie etwas entsteht. Eine Form ganz neu aufzubauen und dabei alle Schritte selber zu entwickeln, bis es am Ende exakt passt. Besonders, wenn es kniffelig ist.

Worauf kommt es an?

Absolute Genauigkeit und Ausdauer! Setzt man zum Beispiel im CAD einen Punkt nur ein Zweihundertstel neben die richtige Stelle, dann klappt es nicht.