Jahrmillionen brauchte es, um heranzureifen – einige Jahrtausende von der Entdeckung bis zur Erkenntnis, dass man mehr als Feuer damit machen kann: Erdöl. Heute pulsiert das „Blut der Wirtschaft“ im Takt der Industrie. Und kaum einer unserer Lebensbereiche funktioniert ohne das „schwarze Gold“.
Hier verraten wir Ihnen 20 tolle Tatsachen:
Erdöl macht Sofas bequem
Bezeichnend für alle Plastikwerkstoffe sind riesige Moleküle. Je nach deren Anordnung und den beigemischten Stoffen (Additive) bekommt das Material die gewünschten Eigenschaften wie fest oder biegsam, durchsichtig oder farbig. Sie isolieren gegen Wasser, elektrischen Strom oder sind wie geschäumtes Polyurethan als Füllmaterial im Sofa einfach nur bequem.
Erdöl steckt in Straßen und Häusern
Mancher Baustoff wird über kleine oder größere Umwege aus Erdöl gefertigt. Bitumen etwa ist ein zähflüssiges, wasserunlösliches und gegenüber chemischen Einflüssen beständiges Produkt. Es fällt als Rest bei der Verarbeitung von schwefelreichem Erdöl an. Gemixt mit Kies oder Split wird daraus Asphalt: ein sehr haltbarer Straßenbelag. Gips hingegen wird mittels Kalkwäsche bei der Rauchgasentschwefelung von Kraftwerken gewonnen, auch bei solchen, die Öl verfeuern. Der Gips – im Übrigen chemisch identisch mit der natürlichen Variante – landet am Ende als Putz, Platte oder Estrich auf dem Bau.
Öl-Beifang lässt den Kuchen gelingen
Ist Erdöl etwa auch im Kuchen? Nein, aber: Backpulver setzt beim Backen gasförmiges Kohlenstoffdioxid (CO2) frei, damit der Teig schön groß und locker wird. So weit, so klar. Die CO2-Quelle im Backpulver ist meistens Natriumhydrogencarbonat. Das kommt als natürliches Mineral Nahcolith in den USA vor und ist ein „Beifang“ der Ölförderung.
Erdöl hält zusammen und schützt von außen
Die meisten Klebstoffe und Lacke enthalten Anteile, die aus dem Erdöl gewonnen werden. Ebenso manche Dünge- und Schmiermittel sowie etliche Waschmittel. Deren waschaktive Substanzen namens Tenside lösen den Schmutz von der Hand oder aus der Wäsche. Tenside können natürlichen Ursprungs sein wie etwa in Seifen aus Olivenöl. Oder sie werden aus Erdöl-Rohstoffen oder Folgeprodukten wie Ethylenoxid und Fettalkoholen produziert.
Erdöl dient als Lösungsmittel und hilft beim Saubermachen
Ein wahrer Alleskönner ist Isopropylalkohol oder Isopropanol. Die klare, stechend riechende Flüssigkeit wird aus dem Gas Propen gewonnen, das bei der Herstellung von Rohbenzin anfällt. Als Lösungsmittel für Tinten und Harze wird es ebenso verwendet wie als Zusatz in Reinigungs-, Desinfektions- oder Frostschutzmitteln.
Erdöl steckt in Medikamenten
Ja, auch viele Medikamente beinhalten Bausteine aus dem Erdöl: etwa die sogenannten Amine, die aus Olefinmischungen, einem Rest der Herstellung von Motorbenzin, gewonnen werden. Sie finden aber auch in der Produktion von Farb-, Kunst- und Schmierstoffen Anwendung. Übrigens: Die Aspirin-Tablette ist nicht erdölfrei. Im Wirkstoff Acetylsalicylsäure ist der Baustein Benzol aus dem Öl enthalten.
Erdöl verwöhnt unsere Haut
Kosmetikprodukte wie Lippenstift oder Rasierschaum, Salben und Cremes können ebenfalls einen Erdölbestandteil enthalten: Paraffin. Das ist ein Gemisch aus „gesättigten Kohlenwasserstoffen“. Die werden während der Vakuumdestillation gewonnen. Paraffine können flüssig, ölig oder wachsartig auftreten und werden wegen der filmbildenden und hautschützenden Eigenschaften verwendet. Kerzen lassen sich aus Paraffin ebenfalls herstellen.
Erdöl bringt Autos nicht nur als Sprit zum Rollen
Der Gummi von Autoreifen hat einen großen Anteil an synthetischem Kautschuk. Letzterer wird hauptsächlich aus Styrol und Butadien gewonnen, die aus Rohbenzin erzeugt werden. Gummi wird erhitzt (vulkanisiert), damit er seine endgültigen Eigenschaften bekommt. Nötig dafür: Schwefel. Der gelbe Stoff verbindet beim Erhitzen die einzelnen Gummi-Moleküle. Und, na klar, daraus wird auch Schwefelsäure gemacht, einer der wichtigsten Grundstoffe in der chemischen Industrie.
Erdöl macht unkaputtbar
Ewig malträtiert, aber dennoch nie kaputtgebissen: Die Kaumasse vom Kaugummi hält jede Menge aus. Denn sie besteht fast immer aus synthetischen Thermoplasten wie etwa Polyvinylacetat oder Butylkautschuk, die aus der Erdölverarbeitung stammen. Die Stoffe gelten als gesundheitlich unbedenklich. Eng verwandte Substanzen werden zur Herstellung von Gummihandschuhen und Klebstoffen genutzt.
Erdöl macht Kleidung robuster
Auch synthetische Fasern beziehungsweise Kunstfasern, die aus Erdölbestandteilen gewonnen werden, zeichnen sich durch ihre besonderen Eigenschaften aus, die ihnen vom Hersteller mitgegeben werden. Polyamid, Polyester, Polypropylen und Co. weisen etwa eine hohe Reißfestigkeit und Belastbarkeit auf. Versponnen zu Garnen werden sie anschließend etwa zu Bezügen für Autositze, Teppichen, Regenjacken oder Pullovern verarbeitet.
Es gibt mehr als 170 Sorten Erdöl
Erdöl ist nicht gleich Erdöl. Weltweit sind gut 170 Sorten bekannt. Sie erhalten ihren Namen meistens analog zur Förderstätte. Beispielsweise trägt das wichtigste europäische Rohöl den Namen „Brent“ nach dem Fördergebiet in der Nordsee nördlich der Shetland-Inseln. In den USA heißt das am meisten geförderte Erdöl „West Texas Intermediate“.
Erdöl macht unseren Alltag haltbarer
Kunststoffe beispielsweise werden bis auf ganz wenige Ausnahmen aus Bestandteilen des Erdöls hergestellt. Ob die Wasserflasche aus dem Zungenbrecher Polyethylenterephtalat (PET), Fensterrahmen aus Polyvinylchlorid (PVC) oder Kabelisolierungen, Gießkannen und Verpackungsfolien aus Polyethylen (PE). Wichtigster Rohstoff ist das Naphtha (Rohbenzin), eine Fraktion des Erdöls.
90 Prozent der Chemie-Industrie-Grundstoffe werden aus Erdöl gewonnen
Nur etwa 6 bis 7 Prozent des Erdöls bekommt die Chemie-Industrie. Aber die haben es in sich: Von den rund 300 Grundchemikalien, aus denen die allermeisten Erzeugnisse der Chemie hergestellt werden, lassen sich ungefähr 90 Prozent aus Erdöl (und Erdgas) gewinnen. Die Industrie, die Rohstoffe aus dem Erdöl verwendet, nennt sich Petrochemie. Ihre Produkte finden sich in nahezu jedem unserer Lebensbereiche.
Rund 90 Prozent des Erdöls werden verbrannt
Durch Destillation werden unsere Kraft- und Brennstoffe wie Benzin und Diesel, Heizöl, Petroleum und Kerosin (Flugbenzin) aus dem Rohöl herausgelöst. Aber auch Flüssiggas, sogenanntes LPG, ist als Autokraftstoff stark im Kommen. Für energetische Zwecke verbrannt werden auch Rückstände aus der Raffinierung, die sich nicht weiter veredeln lassen. Als Schiffsdiesel oder in Kraftwerken. Etwa 90 Prozent der Erdölanteile werden verbrannt.
Das Ölgemisch wird thermisch getrennt
Der Erdöl-Trick: Alle Verbindungen aus Kohlenstoff und Wasserstoff sieden bei jeweils unterschiedlichen Temperaturen. Man muss also das Öl nur auf eine bestimmte Temperatur erhitzen und einen Weg finden, um das dabei verdampfende Material – die Fraktion – abzuscheiden. Raffinerien destillieren also in einer höchst ausgeklügelten Form immer bestimmte Anteile (Fraktionen) aus dem Rohöl.
Im Jahr 1855 fiel der Startschuss für die moderne Erdöl-Industrie
Interessant für die industrielle Nutzung wurde Erdöl im Jahr 1855, als dem Kanadier Abraham P. Gesner in den USA das Patent auf die Herstellung von Petroleum aus Kohle und Erdöl erteilt wurde. Er entdeckte für die Herstellung des zunächst vorrangig als Lampen-Brennstoff verwendeten Petroleums das Geheimnis, wie Erdöl nützlich wird: die Fraktionierung oder „fraktionierte Destillation“.
Erdöl diente in der Spätantike als Brandwaffe
Mit blankem Erdöl lässt sich nicht viel anfangen. Im Mittelmeerraum wurde es weit in der vorchristlichen Zeit zum Abdichten von Schiffen verwendet, die römischen Armeen sollen es zum Schmieren von Rädern und Achsen ihrer Transportkarren benutzt haben. Auch das sogenannte „griechische Feuer“ enthielt Erdöl. Mit einer Druckluftpumpe (Siphon) wurde mit dem Flammenwerfer der Spätantike ein brennendes Flüssigkeitsgemisch auf den Gegner gespritzt.
Rohöl entsteht aus abgestorbenen Kleinstlebewesen und Algen
Die Wissenschaft ist sich weitgehend einig: Vor allem tote Kleinstlebewesen und Algen setzten sich am Meeresgrund ab. Sie konnten dort wegen des Sauerstoffmangels nicht verrotten. Der sich bildende Faulschlamm verwandelte sich unter Ablagerungen durch Abdichtung, Druck und Temperatur über Jahrmillionen zum heute ans Tageslicht gepumpten Rohöl.
Jede Rohölsorte enthält rund 17.000 Inhaltsstoffe
Das Element Schwefel ist übrigens nur ein Inhaltsstoff von ungefähr 17.000, die jede Rohölsorte in den unterschiedlichsten Zusammensetzungen in sich trägt. Die allermeisten davon sind Verbindungen aus Kohlenstoff und Wasserstoff – und das ist auch der entscheidende Hinweis auf den Ursprung des Erdöls: organisches Material.
Schwefelarmes Rohöl nennt man „süß“
Der jeweilige Name der Ölsorte deutet manchmal auf weitere Besonderheiten hin. So verweist das „Sweet“ im verführerisch klingenden „Light Sweet Crude Oil“ (deutsch: „Leichtes, süßes Rohöl“) nicht auf Zucker, sondern bezeichnet den geringen Schwefelgehalt. Der kann im schwarzen Gold einen Anteil von 0,5 bis zu 6 Prozent haben.