Schwabach / Landshut / Schweinfurt. Mehr Sport, das ist auch 2018 wieder einer der Top-Vorsätze. Schließlich wollen wir fit bleiben – und die zusätzlichen Pfunde von Gänsebraten und Plätzchen wieder loswerden. Der Wille scheint vorhanden, seit Jahren steigen die Anmeldungen in Fitnessklubs (laut Branchenverband aktuell mehr als zehn Millionen Mitglieder). Doch erscheinen die auch zu den Kursen? Ja schon … wenn da nicht der innere Schweinehund wäre, der uns daran hindert, loszulegen.
Einfacher ist es, dort Angebote zu nutzen, wo man täglich ist: bei der Arbeit. Viele Firmen bieten Gesundheitskurse an – auf freiwilliger Basis. Davon haben beide Seiten was. Denn auch Betriebe stehen vor der Herausforderung, dass das Durchschnittsalter der Belegschaft steigt. In Bayerns Metall- und Elektroindustrie sind heute 5,5 Prozent der Mitarbeiter älter als 61 Jahre, 2009 waren es erst 3,4 Prozent. Das birgt ein höheres Risiko für Krankheiten, die zu Arbeitsausfällen führen können. AKTIV hat drei Firmen befragt, was sie dagegen tun.
1. Ribe: Prävention fängt bei den Azubis an
„Früh übt sich“, dieses Motto schreibt der Automobilzulieferer Ribe in Sachen Gesundheit groß. Seit 2008 ist Gesundheitsförderung fester Bestandteil der Ausbildung. Denn: „Je eher man sich Verhaltensweisen einprägt, desto besser verinnerlicht man sie“, sagt Reinhold Leng, Gesundheitsmanager von Ribe. Ernährungsberatung, Rückenschule, Suchtprävention: Alles findet während der Arbeitszeit statt.
Und es wirkt: „Diejenigen, die schon in der Ausbildung etwa Rückenkurse hatten, gehen instinktiv anders an die Arbeit als ihre älteren Kollegen“, so Leng. „Sie sind dadurch ein Vorbild.“
Mit solchen Vorbildern und Multiplikatoren macht Ribe seine Fitness-Angebote möglichst vielen Mitarbeitern zugänglich. Etwa bei der „bewegten Pause“, einem kurzen Training am Arbeitsplatz. „In fast jeder Abteilung gibt es Mitarbeiter, die ihre Kollegen anleiten können.“
Bereits 2001 ist der Mittelständler aus Schwabach ins Gesundheitsmanagement eingestiegen. Seither werden die Angebote kontinuierlich ausgebaut und an aktuelle Krankheitsbilder in der Belegschaft angepasst. Neben Fitnessraum und Kursen im Betrieb bietet Ribe Informationskampagnen und Aktionen zu einem großen Oberthema an. Dieses Jahr stehen „Diabetes und Stoffwechselerkrankungen“ auf dem Plan.
2. ebm-papst: Radeln für alle!
„Das ist ein Riesenerfolg.“ Kai Gebhardt, Leiter Personal- und Sozialwesen beim Ventilatorenhersteller ebm-papst in Landshut, ist begeistert. Und zwar von der Einführung des „Jobrad-Leasings“.
Vor vier Jahren bot das Unternehmen allen Mitarbeitern die Möglichkeit, kostengünstig ihr Lieblingsfahrrad zu leasen. Die Gebühr wird mit dem Gehalt verrechnet, nach einigen Jahren kann man den Restbetrag bezahlen und den Drahtesel behalten. „Mehr als 300 Mitarbeiter haben wir so schon aufs Rad gebracht“, so Gebhardt.
Beim Fahrrad-Leasing war ebm-papst Pionier in der Region. Für die Landshuter war dies ein Teil des betrieblichen Gesundheitsmanagements, das man 2011 etablierte. Bei den Mitarbeitern häuften sich Muskel- und Skeletterkrankungen. Denn wiederkehrende Handgriffe in der Produktion belasten den Körper.
Da wechselnde Schichten den Besuch von Sportkursen in der Freizeit erschweren, erfand ebm-papst das „Kraftwerk“. Im Fitnessraum machen die Kollegen zweimal pro Woche „Zirkeltraining“ an Geräten – bei voller Bezahlung während der Arbeitszeit. Gebhardt zieht ein positives Fazit: „Die Erkrankungen sind signifikant zurückgegangen.“
3. SKF: Viele Vitamine in der Kantine
Ältere Mitarbeiter brauchen eine Arbeitsumgebung, die zu ihren Bedürfnissen passt, alternsgerecht nennt man das. Das hat der Wälzlager-Hersteller SKF früh erkannt. Schon 1995 startete sein betriebliches Gesundheitsmanagement. Ergonomische Arbeitsplatzgestaltung und eine Betriebsvereinbarung, nach der Mitarbeiter ab 50 keine dritte Schicht mehr leisten müssen, gehören ebenso zum Alltag wie Präventionsprogramme vor allem für Wirbelsäulen-, Herz-Kreislauf- und psychische Erkrankungen. Diese Angebote werden immer wichtiger, denn der Altersdurchschnitt wächst auch hier: von heute Anfang 40 auf 45 plus in den kommenden Jahren.
Seit 26 Jahren hat der leitende Betriebsarzt Alfred Schneider die Gesundheit der rund 4.000 Mitarbeiter im Blick. „Wichtig ist, dass wir die Hemmschwelle niedrig halten“, sagt er. „Wenn der Kollege mit gutem Beispiel vorangeht, kommt man halt auch mit zur Krebsvorsorge-Untersuchung.“
Kurze Wege, schnelle Hilfe: Auch darauf setzen die Schweinfurter. 10 Prozent der Belegschaft sind Ersthelfer – alle im Betrieb ausgebildet. Zudem hat jede Abteilung eigene Ansprechpartner für Fragen rund um Ergonomie.
Und auch die Kantine ist in die Gesundheitsaktionen eingebunden, eine Ökotrophologin berät zu Ernährungsfragen. „Fit in den Frühling“ heißt es zum Beispiel in der Fastenzeit. Dann stehen fettreduzierte, kalorienarme Speisen mit vielen Vitaminen auf dem Plan. Und während der „Herzwoche“ gingen 630 gesunde Mahlzeiten über die Theke: Sie enthielten weniger Cholesterin als ein Ei. In der „Woche der Psyche“ gab es „Brainfood“ – also Essen, das besonders gut für das körperliche und seelische Wohlbefinden ist.
Viele Angebote zu Prävention in den Betrieben
Geht es den Mitarbeitern gut, werden sie seltener krank und sind produktiver. Die Firmen legen sich dafür ins Zeug – über den gesetzlichen Arbeitsschutz hinaus (Umfrage der bayerischen Arbeitgeberverbände).
- 90 Prozent bieten ihren Beschäftigten mindestens ein Angebot zur Prävention an oder planen dies.
- 70 Prozent investieren in gesundheitsgerechte Arbeitsplatzgestaltung, vor allem in Ergonomie.
- 45 Prozent bieten Impfungen und Vorsorge, 43 Prozent Sport und Bewegung, oft unterstützt von Trainern und Physiotherapeuten.
- Ein Viertel macht spezielle Angebote zu gesunder Ernährung.
Interview: Warum Sport und Vorsorge so wichtig sind
Erlangen. Den Mitarbeitern etwas Gutes tun, mit Gesundheitsförderung im Betrieb. Das gehört für viele Firmen heute dazu. Was können diese Angebote leisten? Und warum muss darüber hinaus jeder selbst etwas tun? AKTIV hat Professor Hans Drexler befragt, Ordinarius für Arbeits- und Sozialmedizin an der Universität Erlangen-Nürnberg.
Mit dem Rauchen aufhören, mehr Sport machen. Leicht gesagt, doch wie bleibt man da dran?
Man sollte weg von der Regel „Alles oder nichts“. Besser ist es, die Ziele nicht zu hoch zu stecken. Und wenn etwas nicht auf Anhieb klappt, nicht gleich resignieren, sondern es immer wieder neu versuchen.
Auf die Gesundheit achten ist doch nur was für Ältere …
Im Gegenteil, man sollte schon als junger Mensch damit beginnen. Denn die Bereitschaft, den Lebensstil zu ändern, nimmt im Laufe des Lebens ab. Mit 30 merkt man es zwar noch nicht, doch mit 60 Jahren zeigt sich, wer auf seinen Körper geachtet hat.
Vorsorge und Gesundheitscheck im Betrieb: Bringt das wirklich was?
Ja, gut ist etwa, den Blutdruck zu messen und den Impfschutz mal wieder aufzufrischen. Die Betriebsärzte leisten hier einen großen Beitrag zur Volksgesundheit. Sie erreichen Menschen, die sonst nicht zum Arzt gehen.
Rückentraining oder Entspannung, wer braucht was?
Beides gehört zusammen! Schließlich ist ja bekannt, dass Schmerzen oft psychische Ursachen haben. Es muss auch nicht immer Gymnastik sein. Bei Rückenbeschwerden helfen auch Radfahren, Schwimmen, Laufen oder einfach Spazierengehen.
Weshalb ist Sport unterm Strich immer noch das Beste, um gesund zu bleiben?
Bewegung kann gar nicht überschätzt werden. Klar, sie hält fit und macht schlank. Und mit einer Runde Joggen kriegt man schnell den Kopf wieder frei. Das kann sogar bei leichten Depressionen helfen.
Alix Sauer hat als Leiterin der aktiv-Redaktion München ihr Ohr an den Herausforderungen der bayerischen Wirtschaft, insbesondere der Metall- und Elektro-Industrie. Die Politologin und Kommunikationsmanagerin volontierte bei der Zeitungsgruppe Münsterland. Auf Agenturseite unterstützte sie Unternehmenskunden bei Publikationen für Energie-, Technologie- und Mitarbeiterthemen, bevor sie zu aktiv wechselte. Beim Kochen und Gärtnern schöpft sie privat Energie.
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