Rinteln. In diesem Betrieb ist Präzision gefordert. Auf Bruchteile von Millimetern müssen die Maße der sogenannten Tiefziehteile stimmen, die die Firma Hubert Stüken produziert. Industriemechaniker Andreas Möller checkt das gerade bei einer neuen Charge nach. Der 29-Jährige hat gut zu tun – trotz Corona. Die Pandemie bedeutet für seine Arbeit vor allem: Schutzmaßnahmen, die er und seine Kollegen einhalten müssen. Die sind zum Teil sehr streng, so Möller. „Weil sie aber von der Geschäftsführung vorgelebt werden, trägt sie jeder im Betrieb mit.“ Das sei auch nötig, das Thema Corona werde schließlich allen noch lange zu schaffen machen.

So sehen das auch der Betriebsratsvorsitzende Peter Mrasek und Hubert Schmidt, der Sprecher der Geschäftsführung. Nahezu täglich treffen sie sich derzeit im Krisenstab aus Geschäftsführung, Personal-, Vertriebs- und Fertigungsleitung. Und sprechen zum Beispiel über die Umsetzung von Hygienekonzepten und die Stimmung in der Kundschaft.

Kurzarbeit gab es nur auf dem Tiefpunkt der Krise

Stüken, das ist ein Familienunternehmen mit weltweit mehr als 1.300 Mitarbeitern an vier Produktionsstandorten in Rinteln, Tschechien, den USA und China. Die Firma beliefert verschiedene Industriebranchen mit hochpräzisen Tiefziehteilen in gigantisch hohen Stückzahlen sowie mit Baugruppen aus Metall. „Unsere größte Abnehmerbranche ist die Auto-Industrie“, erklärt Schmidt. „Die Krise trifft also auch uns sehr hart.“ Weil aber die Kunden aus der Installationsbranche (für den Gebäudebau), aus der Medizintechnik oder auch aus der Elektromobilität weiterhin konstante Mengen abnehmen, stand für Stüken eine vollständige Schließung der Fabriken nicht zur Diskussion.

Stattdessen reagierte das Unternehmen zunächst vor allem mit dem Abbau von Arbeitszeitkonten oder von Resturlaub auf die Krise. Außerdem half eine tarifliche Regelung, im Einvernehmen mit dem Betriebsrat wurde das tarifliche Zusatzgeld in freie Tage umgewandelt. Auf dem Tiefpunkt der Krise gab es an zwei Tagen pro Woche Kurzarbeit. Die Nachfrage steigt jedoch bereits wieder an.

      Klare Kommunikation hilft in solchen Zeiten besonders

      Geschäftsführer Schmidt und Betriebsrat Mrasek sind sich einig, nicht vorschnell reagieren zu wollen. Man fahre letztlich auf Sicht. „Wir wollen die Entwicklung bei unserer Kundschaft abwarten“, so Schmidt, „trotz der Krise haben wir zuletzt einige Zeitarbeiter in befristete Arbeitsverhältnisse übernommen.“

      Strategie und Umsetzung werden im Krisenstab besprochen und dann kommuniziert, Geschäftsführung und Betriebsrat ziehen dabei an einem Strang. „Wenn der Karren im Dreck steckt, ist es wichtig, in eine gemeinsame Richtung zu ziehen“, sagt Betriebsrat Mrasek. Deshalb gebe es bei Stüken derzeit keine zwei Meinungen.

      „Diese klare Kommunikation hilft in der jetzigen Phase besonders“, findet Industriemechaniker Möller. Ähnlich urteilt Regina Barnewold (60), die schon seit 40 Jahren bei Stüken arbeitet.

      An den neuen Arbeitsalltag hat sich auch die Auszubildende Eleonora Tschernyschew (18) recht schnell gewöhnt: Digital lernen? „Ganz okay!“ Ein Teil der Klasse in der Berufsschule vor Ort, der andere Teil per Video dabei? „Das ist für uns kein Problem.“

      Corona-Schutz bei Hubert Stüken

      • Desinfektionsmittel gibt es an vielen Stellen im Betrieb. Abstandhalten und Schutzmasken sind vorgeschrieben.
      • Das Unternehmen hat zudem Gesichtsvisiere und Schutzmasken beschafft.
      • Am Empfang und in Besprechungsräumen wurden Schutzscheiben aufgestellt. Die Tische in der Kantine stehen jetzt weit auseinander und dürfen nur einzeln genutzt werden; Selbstbedienung gibt es aktuell nicht.
      • Die Arbeit von Schichten und Funktionsbereichen wurde so umorganisiert, dass es keinen oder nur möglichst wenig direkten Kontakt miteinander gibt.
      • Mitarbeiter der Verwaltung können im Homeoffice arbeiten, Besprechungen finden als Videokonferenzen statt.

      Autozulieferer

      Ein wichtiger Teil unserer Industrie

      • 695 Betriebe stellen hierzulande Teile und Zubehör für Kraftfahrzeuge her.
      • 80 Milliarden Euro Umsatz machen diese Firmen.
      • 310.000 Menschen sind dort beschäftigt.
      Werner Fricke
      Autor

      Werner Fricke kennt die niedersächsische Metall- und Elektro-Industrie aus dem Effeff. Denn nach seiner Tätigkeit als Journalist in Hannover wechselte er als Leiter der Geschäftsstelle zum Arbeitgeberverband NiedersachsenMetall. So schreibt er für aktiv über norddeutsche Betriebe und deren Mitarbeiter. Als Fan von Hannover 96 erlebt er in seiner Freizeit Höhen und Tiefen.

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