Schweinfurt. Saubere Energie aus dem Meer: Die liefern sogenannte Gezeitenströmungsanlagen. Am Meeresgrund verankert, gewinnen sie auf hoher See mit der Gezeitenströmung Strom – dank der Kraft von Ebbe und Flut.

In solchen Anlagen steckt auch Technik des schwedischen Industrieunternehmens SKF, das im unterfränkischen Schweinfurt einen großen Standort mit mehr als 4.000 Mitarbeitern betreibt. Hochbelastbare Drehkranzlager, automatische Schmiersysteme, Gleitlager und weitere Komponenten gehen an den schottischen Hersteller Orbital Marine Power. Seit dem ersten Orbital-Gezeitenkraftwerk 2011 arbeiten die beiden Unternehmen zusammen.

Elektrische Energie für mehr als 1.700 Haushalte aus Nordsee und Atlantik

Für das jüngste Projekt von Orbital, die neu entwickelte Gezeitenturbine „O2“, geht SKF noch einen Schritt weiter. Statt ausschließlich hochseetaugliche Komponenten beizusteuern, liefert das schwedische Unternehmen den kompletten Antriebsstrang. Rotor und Getriebelager kommen aus Schweinfurt.

„O2“ ist ein 74 Meter langer Schwimmkörper, der auf beiden Seiten eine Ein-Megawatt-Turbine trägt. Die dort installierten Rotoren weisen einen Durchmesser von 20 Metern auf. Die gesamte Rotorfläche von mehr als 600 Quadratmetern ist die größte, die bislang an einem einzelnen Schwimmkörper installiert wurde. Damit kann das Kraftwerk genügend elektrische Energie für mehr als 1.700 Haushalte aus Nordsee und Atlantik erzeugen.

„In den schwimmenden Gezeitenturbinen steckt ganz sicher großes Potenzial“, prognostiziert Michael Baumann, Business Development Manager im Bereich Marine and Ocean Energy bei SKF. Zwei Vorteile, die sie ökonomisch attraktiv machen: „Sie weisen vergleichsweise niedrige Installations- und Betriebskosten auf“, erklärt er.

Die Rotorblätter selbst lassen sich um 360 Grad drehen. Ihre ebenso sichere wie dynamische Steuerung maximiert den Wirkungsgrad des Kraftwerks – gleichgültig, in welche Richtung das Wasser gerade fließt. Der Schwimmkörper muss so nicht immer wieder neu nach den Gezeitenströmungen ausgerichtet werden.

Know-how aus anderen Geschäftsbereichen hilft bei der Entwicklung

Bei SKF hofft man darauf, dass man von der eigenen neue Rolle im Geschäft mit Gezeitenenergie profitieren wird. „Mit dem Schritt vom Teile- zum Komplettlieferanten eines voll integrierten Antriebsstrangs stärken wir unsere Position auf diesem Sektor“, sagt Thomas Fröst, President Industrial Technologies von SKF.

Das Unternehmen ist in diesem Segment ohnehin schon gut positioniert. Denn SKF kann für Gezeitenstrom-Anwendungen auf Know-how zurückgreifen, das auch in anderen Geschäftsbereichen wichtig ist. So haben insbesondere Windturbinen und elektrische Pod-Antriebe für die Schifffahrt ähnliche Anforderungen.

Michael Stark
aktiv-Redakteur

Michael Stark schreibt aus der Münchner aktiv-Redaktion vor allem über Betriebe und Themen der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie. Darüber hinaus beschäftigt sich der Volkswirt immer wieder mit wirtschafts- und sozialpolitischen Fragen. Das journalistische Handwerk lernte der gebürtige Hesse als Volontär bei der Mediengruppe Münchner Merkur/tz. An Wochenenden trifft man den Wahl-Landshuter regelmäßig im Eisstadion.

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