Darmstadt. Seit 1987 begleitet die Firma Mechatronic Kunden aus der Medizintechnik auf dem Weg von der ersten Idee bis zur Serienfertigung ihrer Produkte. Durch das feine Zusammenspiel von Software, Elektronik, Sensorik und Mechanik entstehen medizintechnische Geräte, die im Einzelfall Leben retten können. aktiv sprach mit CEO Holger Frank über neue Ideen für die Medizintechnik, die in Diagnostik und Behandlung zum Einsatz kommen.
Warum ist die Dienstleistung von Mechatronic so nützlich?
Die Medizintechnik-Unternehmen sind ein wichtiger Treiber des medizinischen Fortschritts. Gute Ideen und technisches Wissen sind die Basis, aber bis zum marktfähigen Produkt ist so viel mehr zu tun, bis hin zu umfangreichen Genehmigungsverfahren und gegebenenfalls sogar klinischen Studien. Für all das sind wir mit unseren gut 70 Beschäftigten der richtige Partner für kleinere wie auch große Unternehmen.
Sind Sie damit auch erfolgreich?
Eindeutig ja. Unsere Kunden haben für alle Projekte die Zulassung am Markt erhalten. Am Ende unserer Arbeit zählt das CE-Zeichen. Es steht für die Einhaltung aller geltenden Anforderungen, die die Europäische Gemeinschaft an den Hersteller eines Produkts stellt. Die Messlatte dafür liegt immens hoch, weil diese Produkte direkt mit dem Menschen und seiner Gesundheit zu tun haben. Gefährdungen jeglicher Art müssen ausgeschlossen werden. Entsprechend viele Tests müssen durchgeführt werden und die Dokumentation aller Arbeitsschritte muss lückenlos sein. Gerade wurde das EU-Recht noch einmal verschärft: eine Folge des Brustimplantate-Skandals in Frankreich vor einigen Jahren.
Können Sie uns einige Ihrer Innovationen erklären?
Gerne. Wir haben gerade für den Kunden CardiLink eine Überwachungsanlage für Defibrillatoren entwickelt. Sie führt Selbsttests durch und meldet das Ergebnis an eine Cloud. Stimmt etwas nicht, wird ein Techniker gerufen. Für Miracor haben wir ein Gerät auf den Weg gebracht, das einen wesentlichen Fortschritt in der Behandlung von Herzinfarktpatienten bringt. Und für die Anwendung in klinischen Studien haben wir für ERT ein Spirometer entwickelt, mit dem Patienten zu Hause ihre Lungenfunktion selbst regelmäßig kontrollieren können: Über eine Cloudfunktion stehen diese Daten dann für Auswertungen zur Verfügung. Besonders stolz bin ich aber auf eine weltweit noch einzigartige Anlage zur Behandlung von Augentumoren, die wir im Auftrag der Siemens-Tochter Varian entwickelt haben und die jetzt in einer Klinik in Delft (Niederlande) im Einsatz ist.
Was ist denn das Besondere an dem letztgenannten Projekt?
Da zerstören Protonenstrahlen die winzigen Tumore im Auge, ohne das umliegende Gewebe zu schädigen. Gefährliche Operationen lassen sich so umgehen. Als die Klinik in Delft uns informiert hat, dass der erste Patient tatsächlich erfolgreich behandelt werden konnte, war das für alle unsere Mitarbeiter ein ganz besonderer Moment.
Produzieren Sie auch Geräte?
Ja. Wir verstehen uns als Full-Service-Manufaktur. Wir fertigen an unserem Produktionsstandort in Höhn im Westerwald elektronische und elektromechanische Geräte für Diagnose und Therapie.
Wie hilft Ihnen die Digitalisierung?
Wir nutzen 3-D-Druck, um Bauteile für Prototypen herzustellen. Für Kleinserien könnte dieses Verfahren in den nächsten Jahren schnell relevant werden. Im Zuge der Zusammenarbeit mit CardiLink haben wir Defibrillatoren digitalisiert. Das ist überlebensnotwendig – denn Studien haben gezeigt, dass fast 30 Prozent der Geräte wegen schlechter Wartung nicht funktionieren. Als beispielsweise der Däne Christian Eriksen in einem Spiel der Fußball-Europameisterschaft einen Herzstillstand erlitt, hat die ganze Welt gesehen, wie wichtig es ist, dass Defibrillatoren funktionstüchtig sind. Daneben wird die künstliche Intelligenz, kurz KI, eine immer größere Rolle spielen. Wir werden in der Zukunft weniger schmerzhafte Untersuchungen, dafür aber deutlich präzisere Diagnosen bekommen.
Was bringt die Zukunft der Medizintechnik noch?
Das Labor kommt zum Patienten, so wie wir es bereits seit vielen Jahrzehnten von den Blutzucker-Messgeräten kennen. Point-of-care ist das große Schlagwort der Diagnostik. Die bestehenden Lösungen, die beispielsweise in Smartwatches umgesetzt sind, stellen erst den Anfang dar! Wir werden unsere Gesundheit mehr und mehr selbst überwachen können.
Lieben Sie Ihre Arbeit?
Sehr sogar! Auch, weil die Kollegen mich mit ihrem Können bei der Umsetzung von Ideen immer wieder zum Staunen bringen.
Zur Person
Holger Frank
- Geboren 1964 in Bad Kreuznach
- Studium der Diplom-Informatikan der TH (heute TU) Darmstadt
- Ab 1990 Management-Positionen unter anderem bei Essity, Mannheim, und Werner & Mertz, Mainz
- 2003 Geschäftsführer von Sanner, Bensheim, ab 2007 Sanner-Gruppe
- Seit 2017 Geschäftsführer von Mechatronic, Darmstadt – gemeinsam mit Firmengründer Reiner Witt
Maja Becker-Mohr ist für aktiv in den Unternehmen der hessischen Metall-, Elektro- und IT-Industrie sowie der papier- und kunststoffverarbeitenden Industrie unterwegs. Die Diplom-Meteorologin entdeckte ihr Herz für Wirtschaftsthemen als Redakteurin bei den VDI-Nachrichten in Düsseldorf, was sich bei ihr als Kommunikationschefin beim Arbeitgeberverband Hessenchemie noch vertiefte. In der Freizeit streift sie am liebsten durch Wald, Feld und Flur.
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