Altena. Aboubacar Camara steht an der Drehbank, voll konzentriert auf das eingespannte Teil vor ihm. Von nichts lässt er sich stören. Mit einer Ausnahme. Sollte der Pieper an seinem Gürtel sich melden, wird er sofort reagieren, schauen, wo es brennt, ob er gebraucht wird. Aboubacar Camara ist angehender Werkzeugmechaniker bei der Firma Möhling und freiwilliger Feuerwehrmann in Altena. Beides aus vollster Überzeugung und mit ganzem Herzen.
Mit seiner ruhigen Art und seinem Ehrgeiz hat sich Aboubacar Camara Respekt verschafft
„Es macht Spaß hier. Ich kann so viel lernen, es wird nie langweilig“, sagt der 33-Jährige über seine Ausbildung. „Als Feuerwehrmann kann ich der Stadt etwas zurückgeben“, erzählt er von seinem Ehrenamt. Mit seiner ruhigen, freundlichen Art und seinem Ehrgeiz hat er sich hier wie da viel Respekt verschafft und Freunde gefunden.
2013 kam Aboubacar Camara aus Guinea nach Deutschland. Eine Zukunft hatte der studierte Jurist dort aus politischen Gründen nicht gesehen. Die hatte er als Anwalt hier auch nicht, war ihm schnell klar. „Aber nur schlafen und essen, nichts tun? Das kann ich nicht“, sagt er. Er verbrachte viele Stunden in der Stadtbücherei, um Deutsch zu lernen und wandte sich schließlich an die Agentur für Arbeit. Über eine Qualifizierungsmaßnahme bei der Kreishandwerkerschaft kam er für ein Praktikum zur Firma Möhling – und blieb. Ausbildungsleiter Thomas Sparenberg hatte schnell erkannt, dass dem jungen Mann die Arbeit mit Metall liegt.
Mitglied im 40-köpfigen Werkzeugbau-Team der Firma in Altena
Mittlerweile ist der Guineer im dritten Ausbildungsjahr und fester Teil des 40-köpfigen Werkzeugbau-Teams. Es ist eine zentrale Abteilung bei Möhling. Das Familienunternehmen stellt Verbindungselemente für unterschiedlichste Produkte vom Fenster bis zum Autositz her – rund 2.500 Artikel, alle kundenspezifisch. „Für die Anlagen brauchen wir bis zu 200 neue Werkzeuge im Jahr, dazu kommen Reparaturen“, so Chefin Britta Hölper.
Ein Werkzeug besteht aus bis zu 250 Einzelteilen, die millimetergenau gefertigt werden müssen. „Anfangs war es schon schwierig, die Konstruktionszeichnungen zu analysieren“, erzählt Camara, „jetzt schaff ich das.“
Drehen, fräsen, der Umgang mit CNC-Maschine und Messgerät: „Es ist viel zu tun.“ Mathe war kein Problem, die Sprache schon. „Ohne die geht gar nichts“, betont der Azubi, der von Anfang drauf aus war, nur deutsch zu sprechen.
Geholfen haben dabei – wie auch bei Wohnungssuche und -einrichtung - die Kollegen. Und einer von ihnen, Achim Bröcker, war es auch, der Camara zur Feuerwehr mitgenommen hat. Seine Ausrüstung trägt er mit Stolz, gerade ist er zum Oberfeuerwehrmann befördert worden und macht jetzt einen Atemschutzlehrgang. Für Einsätze und Bereitschaftsdienste steht er parat: „Nur wenn ich in der Schule bin, dann geht es nicht.“
„Möhling ist für mich wie eine Familie“
Meldet sich der Pieper während der Arbeit, lässt er alles stehen und liegen. Gemeinsam mit den Feuerwehrkollegen aus der Firma geht es zur Wache. Für Chefin Hölper ist das kein Thema: „Mein Urgroßvater war Gründungsmitglied der Feuerwehr in Dahle. Es ist eine gute und wichtige Sache.“
Aboubacar Camara hat es beim Ankommen in Altena geholfen. „Und wir wollen ihn auf jeden Fall behalten“, sagt Hölper, die sich mit Thomas Sparenberg um die rechtlichen Fragen kümmert. Auch Camara möchte bleiben, selbst wenn seine Frau zurzeit nur alle paar Monate zu Besuch kommt: „Möhling ist wie eine Familie.“
Persönlich
Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf?
Ich habe ein Praktikum bei Möhling gemacht. Da habe ich gemerkt, dass das was für mich ist.
Was reizt Sie am meisten?
Es ist sehr abwechslungsreich. Ich arbeite an den verschiedensten Maschinen. Das gefällt mir.
Worauf kommt es an?
Es ist wichtig, eine Ausbildung als Grundlage zu haben. Und dass man Lust hat, zu arbeiten.
Die studierte Politikwissenschaftlerin und Journalistin ist für aktiv vor allem im Märkischen Kreis, in Hagen und im Ennepe-Ruhr-Kreis unterwegs und berichtet von da aus den Betrieben und über deren Mitarbeiter. Nach Studium und Volontariat hat sie bei verschiedenen Tageszeitungen gearbeitet und ist seit vielen Jahren als freie Journalistin in der Region bestens vernetzt. Privat ackert und entspannt sie am liebsten in ihrem großen Garten.
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