Köln. Das Corona-Virus hat der Welt und ihrer Wirtschaft mächtig zu schaffen gemacht. Vieles hat sich während der jahrelangen Pandemie verändert, manches davon wohl auf Dauer. Was allerdings unverändert geblieben ist: Die Arbeitskosten der deutschen Metall- und Elektro-Industrie sind sehr hoch – viel höher als die entsprechenden Ausgaben der Betriebe in den meisten anderen Industriestaaten.
Nimmt man nur die Länder, die mindestens zehn Millionen Einwohner haben, liegt Deutschland sogar auf dem letzten, weil teuersten Platz in einer neuen Auswertung. 46,36 Euro kostet jede Stunde am Hochlohn-Standort D. Das ist zum Beispiel mehr als dreimal so viel (!) wie in Tschechien, das ja direkt an Bayern grenzt.
Die Arbeitskosten in China sind inzwischen schon etwas höher als die in Polen
„2021 war Deutschland unverändert der zweitteuerste Metall- und Elektro-Standort in der gesamten EU. Nur in Dänemark ist die Arbeit noch teurer“, erklärt Christoph Schröder vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. Der Ökonom hat die Daten zusammengetragen und ausgewertet. Betriebe jenseits der EU müssten nur in der Schweiz und in Norwegen noch mehr für jede Arbeitsstunde ausgeben als die Firmen hierzulande, sagt Schröder weiter.
Wobei die erwähnten 46,36 Euro nicht etwa der durchschnittliche Stundenlohn unserer Metaller sind. In Schröders Berechnung fließen zum Beispiel auch die Bezahlung arbeitsfreier Zeiten wie Urlaub und Krankheit mit ein sowie die Sozialbeiträge des Betriebs oder die Ausgaben für die betriebliche Altersvorsorge.
Da der IW-Ökonom die entsprechenden Daten aus rund 30 Staaten regelmäßig auswertet, Änderungen der Wechselkurse inklusive, fallen ihm Veränderungen rasch auf. „Die Stunde Arbeit in China ist inzwischen schon teurer als die in Polen“, gibt er zu bedenken, „das war 2019 noch anders.“
Aktuell macht der starke Dollar die Arbeit in den USA relativ teurer
Auch im laufenden Jahr dürfte sich Deutschlands aus Sicht von Investoren nachteilige Positionierung nicht groß ändern. Was aber ziemlich sicher ist: „Die USA werden durch den starken Dollar bei der Höhe der Arbeitskosten zu Deutschland aufschließen und daher an Wettbewerbsfähigkeit verlieren“, sagt der Experte. „Japans Position dagegen dürfte sich dagegen wechselkursbedingt etwas verbessern.“
Und wie war das mit der Faustregel, man müsse in Deutschland dann eben so viel besser sein, wie man teuer ist? Schön wär’s, macht Schröder klar: „Die hierzulande nur noch knapp überdurchschnittlich hohe Produktivität reicht bei Weitem nicht aus, um den Nachteil der hohen Arbeitskosten zu kompensieren.“
Thomas Hofinger schreibt über Wirtschafts-, Sozial- und Tarifpolitik – und betreut die Ratgeber rund ums Geld. Nach einer Banklehre sowie dem Studium der VWL und der Geschichte machte er sein Volontariat bei einer großen Tageszeitung. Es folgten einige Berufsjahre als Redakteur und eine lange Elternzeit. 2006 heuerte Hofinger bei Deutschlands größter Wirtschaftszeitung aktiv an. In seiner Freizeit spielt er Schach und liest, gerne auch Comics.
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