Berlin. Die Mieten steigen und steigen, vor allem in den Großstädten. Bezahlbare Wohnungen: Fehlanzeige. Wenn überhaupt etwas Günstiges angeboten wird, dann oft nur für Interessenten mit Wohnberechtigungsschein (WBS), auch §-5-Schein genannt. Doch wer bekommt den WBS – und wie kommt man da ran?

Was sind Sozialwohnungen?

Laut Wohnungsbaugesetz kann der Staat den Bau von Mietshäusern fördern, damit auch sozial schwache Bevölkerungsgruppen eine bezahlbare Bleibe finden. Diese Wohnungen werden als Sozialwohnungen bezeichnet.

Im Gegenzug für diese Geldspritzen darf der Vermieter für Sozialwohnungen nur eine relativ geringe Miete verlangen, die deutlich unter dem marktüblichen Niveau liegt. Experten sprechen hier von einer Mietpreisbindung. Außerdem darf der Vermieter nur an Personen mit einem WBS vermieten. Hält er sich nicht an diese gesetzlichen Spielregeln, kann ihn das bis zu 50.000 Euro Geldbuße kosten.

Was sagt ein Wohnberechtigungsschein überhaupt aus?

Wenn der Vermieter nur an Personen mit geringem Einkommen vermieten darf, muss das natürlich irgendwo geprüft werden. Dafür ist nicht der Vermieter selbst verantwortlich, sondern die örtlich zuständige Behörde, beispielsweise das Wohnungsamt oder das Bezirksamt. Der WBS ist quasi die amtliche Bestätigung, dass alle Voraussetzungen für den Bezug einer Sozialwohnung erfüllt sind.

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Welche Einkommensgrenzen gelten?

Das zentrale Kriterium für einen WBS ist das Haushaltseinkommen. Die genauen Einkommensgrenzen sind allerdings sehr unterschiedlich, da jedes Bundesland die entsprechenden Werte selbst festlegen kann.

Die genaue Berechnung ist kompliziert, da sie von der Anzahl der Personen im Haushalt abhängt und das Amt außerdem verschiedene Freibeträge berücksichtigen muss. Man muss also individuell prüfen lassen, ob man einen Anspruch auf einen WBS hat oder nicht.

Manche Gemeinden, beispielsweise Berlin, haben Rechner ins Internet gestellt, mit denen man unverbindlich ausrechnen kann, ob man den Schein voraussichtlich bekommt.

Die Einkommensgrenzen gelten für den sogenannten Typ-A-Wohnberechtigungsschein. Wer mehr verdient, kann unter Umständen noch den Typ-B-Schein bekommen. Damit darf man nur noch in bestimmte, in der Regel aber teurere Sozialwohnungen einziehen.

Was ist ein Dringlichkeitsschein (WBS mit besonderem Wohnbedarf)?

Manche Menschen sind ganz besonders auf eine günstige Wohnung angewiesen, beispielsweise Alleinerziehende, Schwangere oder Menschen mit Behinderung. In solchen Fällen kann man einen Dringlichkeitsschein bekommen, auch Wohnberechtigungsschein mit besonderem Wohnbedarf genannt.

Manche Sozialwohnungen bekommt man grundsätzlich nur mit einem solchen Dringlichkeitsschein. Auch wenn die Behörde selbst Wohnungen vermittelt, geht sie bei der Auswahl der Bewerber nach der Dringlichkeit.

Wo stellt man wie einen Antrag auf einen Wohnberechtigungsschein?

Über die Voraussetzungen informiert die zuständige Behörde des jeweiligen Wohnorts, wo man auch den Antrag stellen kann, beispielsweise das Wohnungsamt oder das Bezirksamt. Dort erfährt man auch, welche Unterlagen man einreichen muss. Je nach Einzelfall sind das beispielsweise Einkommensnachweis, Geburtsurkunden, Heiratsurkunde, Mutterpass und so weiter.

Inzwischen haben die meisten Gemeinden entsprechende Informationen und auch die Antragsformulare ins Internet eingestellt. Man findet sie über eine Internetrecherche mit dem Suchwort „Wohnberechtigungsschein“ sowie dem Namen des eigenen Wohnorts. Bei sehr kleinen Orten nimmt man den Namen der nächstgrößeren Gemeinde, die auch sonst für die Belange der Bürger zuständig ist.

Wie viel kostet der Wohnberechtigungsschein?

Das ist von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich, meist liegen die Gebühren zwischen 0 und 20 Euro.

Wie lange gilt der Wohnberechtigungsschein?

In der Regel gilt der Wohnberechtigungsschein für ein Jahr. Grundsätzlich gilt er bundesweit. Es macht aber Sinn, den WBS-Antrag dort zu stellen, wo man auch wohnen möchte. Ansonsten kann es eventuell zu Problemen kommen, da die Bundesländer unterschiedliche Einkommensgrenzen festgelegt haben.

Kommt man auch ohne Wohnberechtigungsschein in eine Sozialwohnung?

In der Regel ist das nicht möglich. Es gibt laut Gesetz aber Ausnahmen, beispielsweise wenn die Gemeinde ein Interesse daran hat, bestimmte Stadtteile sozial zu durchmischen. Dann können manchmal auch Besserverdienende ohne Wohnberechtigungsschein in Sozialwohnungen einziehen. Dies entscheidet aber die Behörde, nicht der Vermieter.

Wie groß darf die Sozialwohnung sein?

Das hängt von der Anzahl der Personen ab, die im Haushalt leben. Bei Singles gelten in der Regel bis zu 50 Quadratmeter als angemessen, bei Mehrpersonenhaushalten gilt die Faustregel: Pro Person ein Wohnraum oder – je nach Bundesland – etwa 10 bis 15 Quadratmeter mehr. Eine vierköpfige Familie hätte also Anspruch auf eine Vierzimmerwohnung oder rund 85 bis 95 Quadratmeter. Küche, Bad und Flur gelten nicht als Zimmer.

Wie findet man eine Sozialwohnung?

Manche Sozialwohnungen darf der Vermieter nur an Personen vermieten, die ihm die Gemeinde direkt vermittelt hat. Meist benennt die Behörde dann mehrere Berechtigte zur Auswahl, unter denen der Vermieter wählen kann. Es gibt aber auch Sozialwohnungen, bei denen das Amt kein Mitspracherecht hat. Der Vermieter kann in diesen Fällen frei entscheiden, an welchen WBS-Inhaber er vermietet.

Manche Gemeinden haben eine eigene Wohnraumvermittlung oder ein Internetportal, in dem man gezielt nach Sozialwohnungen suchen kann. Viele Sozialwohnungen gehören auch örtlichen Wohnungsbaugenossenschaften, hier kann man direkt nachfragen. Ansonsten werden Sozialwohnungen wie reguläre Wohnungen in den üblichen Immobilienportalen im Internet sowie in der Tagespresse angeboten.

Die Vergabe der Wohnung funktioniert wie sonst auch: Man bewirbt sich bei einer Besichtigung um die Wohnung und der Vermieter entscheidet, an wen er vermietet.

Wie lange bleibt die Miete so günstig?

Einmal Sozialwohnung, immer Sozialwohnung – das stimmt leider nicht. Die Vorgaben für den Vermieter gelten nur eine bestimmte Zeit, oft sind das mehrere Jahrzehnte. Ist die Mietpreisbindung ausgelaufen, gelten die bisherigen Beschränkungen nicht mehr, es ist also kein WBS mehr nötig. Die ehemalige Sozialwohnung wird dann wie eine ganz normale Wohnung auf dem freien Markt behandelt, entsprechende Mieterhöhungen inbegriffen.

Wie lange die Mietpreisbindung bei einer bestimmten Wohnung noch läuft, erfährt man bei der zuständigen Behörde. Auf diese Information hat man laut Gesetz einen Rechtsanspruch.

Muss man aus der Sozialwohnung ausziehen, wenn das Einkommen steigt?

Mieter dürfen weiter in der Sozialwohnung wohnen bleiben, auch wenn ihr Einkommen nach einiger Zeit die vorgegebenen Grenzwerte übersteigt. In manchen Bundesländern wird aber eine sogenannte Fehlbelegungsabgabe erhoben. In diesem Fall müssen Betroffene einen Aufschlag auf die Miete bezahlen, weil sie eine Sozialwohnung besetzen, die ihnen eigentlich nicht mehr zusteht.

Silke Becker
Autorin

Silke Becker studierte Soziologie, BWL, Pädagogik und Philosophie. Seit ihrem Abschluss arbeitet sie als Redakteurin und freie Journalistin. Außerdem hat sie mehrere Bücher veröffentlicht. Am liebsten beschäftigt sie sich mit den Themen Geld, Recht, Immobilien, Rente und Pflege.

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