Schon als Jugendlicher wollte Ralf Wagner gern im Vorstand eines großen Unternehmens arbeiten. Oft las er die Lebensläufe von Gründern bekannter Tech-Konzerne in den USA. „Von diesen Gründungsgeschichten war ich schon immer sehr beeindruckt“, sagt der 35-Jährige heute. Inzwischen hat er mit drei Mitgründern ein eigenes, mehrfach ausgezeichnetes Start-up aufgebaut: die E-Lyte Innovations GmbH. Und noch in diesem Jahr will er zusammen mit dem Schmierstoffhersteller Fuchs Lubricants Germany den großen Durchbruch in der Elektrolyt-Produktion schaffen.

Tatsächlich gilt das Start-up als Hoffnungsträger in der Batterieentwicklung. Die von E-Lyte produzierten Elektrolyte helfen dabei, Batterien unter anderem deutlich leistungsfähiger und sicherer zu machen. Ob Elektroauto, Herzschrittmacher, Drohne oder Smartphone – für jedes Produkt entwickelt E-Lyte maßgeschneiderte Elektrolyte. Es handelt sich dabei um eine salzhaltige, farblose Flüssigkeit, die ähnlich aussieht wie Wasser und dafür sorgt, dass Ionen durch die Batterie geleitet werden können. Im vergangenen Jahr übernahm Fuchs Lubricants Germany 28 Prozent der Anteile an dem Start-up. Am Fuchs-Standort in Kaiserslautern steht nun die Pilotanlage, die aktuell schon über eine Tonne Elektrolyt pro Tag produziert. Anfang nächsten Jahres soll die Großproduktion auf mehr als 4.000 Tonnen Elektrolyte pro Jahr erweitert werden.

Promotion in Wirtschaftschemie in Münster

Ralf Wagner hat strategisch auf diesen Erfolg hingearbeitet. Nach seinem Masterstudium der Wirtschaftschemie an der Universität Münster promovierte er im Bereich Elektrolyte. In dieser Zeit merkte er, wie wertvoll sein Wissen ist und dass viele Zellhersteller und andere Unternehmen davon profitieren könnten. Im März 2019 erhielten die späteren E-Lyte-Gründer eine Forschungstransfer-Förderung, mit deren Hilfe sie kurz darauf ihre Firma starteten. Heute, dreieinhalb Jahre später, zählt E-Lyte 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Schon bald sollen es rund 50 werden, teils in der Betriebsstätte in Münster, teils am neuen Hauptsitz in Kaiserslautern. Wagner selbst ist im Oktober aus Norddeutschland in die Pfalz gezogen, um den Aufbau des Standorts hier voranzutreiben.

Die Pilotanlage ist streng abgesichert. Beim Weg durch die Werkhallen erklärt Wagner, der wie alle im Gebäude eine Schutzbrille trägt, dass keine Fotos gemacht werden dürfen. Das dient der Geheimhaltung: Wie die Anlage genau konzipiert ist, soll nicht nach außen dringen. Mitarbeiter und Besucher müssen ihre Handys in kleinen Schließfächern ablegen, auch zum Explosionsschutz.

Er selbst komme nicht oft in die Produktionshalle, sagt Wagner. Meist sitzt er im Büro im Nebengebäude, schreibt E-Mails, nimmt an Meetings teil, liest Verträge und kümmert sich um die Neukundenakquise. „Man freut sich jedes Mal aufs Neue, wenn man einen neuen Großauftrag bekommt“, sagt Wagner. Die Kunden kommen aus ganz unterschiedlichen Branchen, vom Automotive-Bereich bis zur Medizintechnik. Wagner arbeitet meist 16 Stunden und mehr am Tag, kommt morgens um 6:45 Uhr ins Büro und klappt den Laptop erst gegen Mitternacht zu.

Ausgezeichnet mit Gründerpreis

Besonders treibt ihn der Fachkräftemangel um. Von Bürokräften bis zu Batterie-Spezialisten – Personal sei äußerst schwer zu finden. Als Start-up ziehe man oft den Kürzeren gegenüber den Konzernen in der Region, die höhere Gehälter zahlen. Punkten kann Wagner allerdings mit einem wichtigen Vorteil: „Arbeitnehmende können bei uns schnell aufsteigen und bekommen Einsicht in alle Bereiche eines Unternehmens“, sagt er. Zudem gebe es flache Hierarchien, schnelle Entscheidungen und eine Kommunikation mit allen Mitarbeitenden auf Augenhöhe.Auch die Politik findet das Geschäftsmodell von E-Lyte vielversprechend. So zeichnete die Landesregierung Nordrhein-Westfalen das Unternehmen kürzlich mit dem zweiten Platz beim Gründerpreis NRW 2022 aus. E-Lyte habe ein Alleinstellungsmerkmal, sagt Wagner. Denn die Konkurrenz komme vor allem aus Asien und produziere Standardrezepte für den Massenmarkt. E-Lyte hingegen biete individuelle Lösungen.

Angesichts des Arbeitspensums bleibt Wagner für Hobbys wenig Zeit. Die freien Stunden verbringt er meist mit der Familie. „Meine Tochter ist 14 Monate alt, da ist viel los zu Hause“, sagt er. Wenn wieder etwas mehr Freiraum da sein sollte, möchte er die Gegend um Kaiserslautern erkunden, man könne hier gut wandern gehen. Auch Reisen zur Familie seiner Frau nach Spanien sind geplant. Und irgendwann möchte er auch wieder ins Fitnessstudio gehen, so wie in der alten Heimat Itzehoe. Noch habe er keins gefunden, sagt er. Aber das Jahr hat ja gerade erst angefangen.

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