Mannheim. Mit einem Traktor übers Feld brettern, zeigen, was das Ding draufhat – dazu muntere Sprüche klopfen und handfest informieren: Mit solchen Kurzvideos begeistern Heiner Ehmer und Hans-Christian Quick immer mehr Fans im Internet.

Als „Tractor Brothers“ findet man sie weltweit auf der Facebook-Seite von John Deere, bei Instagram und auf Youtube – drei Staffeln gingen viral: satte sieben Millionen Mal geklickt.

„So’n Traktor ist heute ja komfortabler als ein Luxusauto“, findet Ehmer (45), der das Forum – den Ausstellungs- und Verkaufsraum des Landmaschinenherstellers in Mannheim – leitet.

Sein Mitarbeiter Quick (52), Archivar des Hauses, Werkführer und ein wandelndes Lexikon, nickt begeistert. Ihre Herzen schlagen für die starken Zugmaschinen, beide kennen und lieben sie bereits seit ihrer Kindheit. Wie aber kam es zu den Videos? Das wollte aktiv unbedingt wissen.

„Eigentlich ganz spontan“, meint Quick. Anlass war das 100-jährige Firmenjubiläum 2018: Da wurden Kunden gebeten, ihre historischen Landmaschinen mit Kultstatus zu bringen. „Dann standen die Prachtstücke hier in der Halle, und wir brannten darauf, damit zu fahren.“

Die beiden überlegten: Wie wäre es mit einer kleinen Ausfahrt? Wir drehen dabei ein Video und stellen die Traktoren vor? Gesagt, getan. Im Nu war die Geschäftsleitung überzeugt und ein Kamerateam gebucht.

Dann ging die erste Staffel los, „völlig unvorbereitet, wir hatten uns nur ein paar Stichpunkte aufgeschrieben“, erzählt Ehmer. Den Spickzettel vergaßen die Enthusiasten am Drehtag gleich mal im Büro.

Während der Fahrt wird munter erzählt, untermalt vom Dröhnen des Motors. „Was für ein schöner Klang“, schwärmt Ehmer. Selbst der Dieselgeruch des Auspuffs verzückt die Jungs: „Männerparfum“, ruft Quick und grinst.

„Der größte Erfolg der ersten Staffel war der John Deere 4955“, sagt Quick, „der hatte schon deutlich Leistung, 229 PS, mechanischen Allradantrieb, einfache Bedienung mit dem Zauberstab.“

Ohne Schnörkel sind die Videos, die Maschinen staubig, die Erzählungen spontan. Das kommt an, weiß das Duo: „Wir machen Fehler, versprechen uns, der Traktor startet nicht gleich. Na und? Dann zünden wir eben noch mal.“

Zwei Influencer halfen bei der Produktion der zweiten Staffel

Mit der großen Resonanz hat aber niemand gerechnet, auf der Facebook-Seite häufen sich die Freundschaftsanfragen. „Unsere Kunden sind ebenfalls hingerissen, schauen ins Internet und sagen, hach, das ist meine Maschine!“

Den Erfolg nehmen die Tractor Brothers gelassen, die Klickraten verfolgen sie nicht. Ehmer will sich „demnächst“ auf Instagram anmelden, Quick hat noch nicht einmal einen Fernseher zu Hause. „Ich lese lieber“, sagt er.

In der zweiten Staffel halfen zwei professionelle Influencer beim Dreh, diesmal ging es um das Thema „Command Pro“, einen Multifunktionsgriff oder auch Fahrhebel für die komfortable Bedienung der Traktoren.

„Aber diese Videos werden nicht so oft geklickt wie unsere“, sagt Quick stolz. Ehmer nickt zustimmend: „Wenn die Traktoren fahren, man das Brummen hört und wir dazu erzählen, das zieht!“

Die „Königsdisziplin“ sind die Hightech-Maschinen

In der dritten Staffel, die kürzlich online ging, stehen Hightech-Geräte im Mittelpunkt: „Unsere Königsdisziplin!“, seufzt Ehmer.

Die Filme über Zugkraftmonster, die den Boden schonen, wurden kürzlich auf der Agritechnika, der internationalen Fachausstellung für Landtechnik in Hannover, gezeigt. Quick: „Doppelbereift, damit kommst du nicht mehr einfach durch jedes Dorf.“ Dieses Video hat jetzt einen professionellen Trailer, grafische Animationen und Untertitel, die in viele Sprachen übersetzt werden.

Kommt noch mehr? Quick strahlt: „Vermutlich ja.“ Schon als Kind stand er auf der Schulbühne, Ideen für neue Folgen hat er genug: „Wir könnten Traktoren in ungewöhnlichen Umgebungen zeigen, etwa auf der Baustelle oder auf der Sandbank bei der Miesmuschel-Ernte.“

Sein Chef denkt eher an „Visionen“: Wie sieht die Fahrerkabine der Zukunft aus? „Wie helfen Landmaschinen, noch sparsamer mit den Ressourcen umzugehen? Aber es muss Spaß machen mit den Videos und darf nicht zu professionell werden!“, mahnt Ehmer. „Ich habe so einen kleinen Bauernjungen in mir, den möchte ich nicht durch Filmtrainings oder detaillierte Regieanweisungen verlieren…“

Sabine Latorre
Leiterin aktiv-Redaktion Rhein-Main

Dr. Sabine Latorre ist spezialisiert auf Themen aus der Chemie- und Pharma-Industrie. Sie liebt es, komplizierte Zusammenhänge einfach darzustellen – so schon vor ihrer Zeit bei aktiv als Lehrerin sowie als Redakteurin für die Uniklinik Heidelberg und bei „BILD“. Nebenbei schreibt sie naturwissenschaftliche Sachbücher für Kitas und Schulen. Privat reizen sie Reisen sowie handwerkliche und sportliche Herausforderungen.

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