Mit rund 50 Mitarbeitern produziert die Rudolf Alber GmbH & Co. KG Bandmesser und -sägen für Kunden in aller Welt – fast unangefochten mit nur einem ernst zu nehmenden Konkurrenten, der in der gleichen Qualitätsliga spielt. Mit den Messern werden Leder und Schaumstoffe geschnitten, zum Beispiel für die Innenausstattung von Autos, die Sägen gehen an die Holz-Industrie. Über Erfolge und Herausforderungen sprach aktiv mit Florian Alber.

Wie schafft man es eigentlich zum Weltmarktführer?

Dafür muss man mutig sein und an seine Idee glauben, darf nicht so schnell aufgeben, egal wie sich die Trends so entwickeln. Meine Vorgänger haben den technischen Fortschritt immer genutzt, um das Unternehmen voranzubringen. Sie sind auch frühzeitig mit unseren Produkten auf den Weltmarkt gegangen, sind den Märkten quasi hinterhergereist. Und ein bisschen Glück braucht man natürlich auch. Wir haben das Glück, uns in einem Nischenmarkt zu bewegen.

Rudolf Alber ist seit vier Generationen familiengeführt – mit Erfolg. Wie geht das? Was machen Familienbetriebe anders als andere?

Familienunternehmer haben grundsätzlich eine andere Prägung: Sie wollen den Betrieb an die nächste Generation weitergeben. Deshalb setzen sie mehr auf Verlässlichkeit und auf Konstanz als auf kurzfristige Erträge. Wir müssen nicht auf Teufel komm raus noch fünf Euro mehr verdienen. Die Motivation ist eher, das zu bewahren, was die Vorgänger aufgebaut haben.

„Familienunternehmer setzen mehr auf Verlässlichkeit und Konstanz als auf kurzfristige Erträge"

Wenn man einen Familienbetrieb übernimmt, tritt man in große Fußstapfen. Steht man da nicht unter hohem Druck?

Von der Familie her spüre ich diesen Druck gar nicht so, aber natürlich fühlt man sich verantwortlich und möchte nicht derjenige sein, der eine so lange Tradition nicht mehr weiterführt. Als Ausgleich mache ich Sport und lasse mich von meiner Familie und meinen zwei Kindern ablenken. Und meine Arbeit macht mir Spaß, in der Firma kann ich mich entfalten. Schon als Kind habe ich den Maschinenduft eingesogen. Deshalb verkaufe ich sie auch nicht, obwohl ich aufgrund des vielen Geldes im Markt laufend Angebote von Investmentgesellschaften bekomme.

Baden-Württemberg ist eine Hidden-Champion-Hochburg. Haben Sie dafür eine Erklärung?

Mein Großvater, der das Unternehmen sehr geprägt hat, hatte einen besonderen Tüftlergeist. Dieser Geist ist wohl speziell in Baden-Württemberg tief verankert. Ich bin viel in ganz Deutschland unterwegs, und gerade hier im Süden begegnen mir besonders oft solche Charaktere, die versuchen, für alles eine technische Lösung zu finden. Eine Rolle spielt sicher auch die Sparsamkeit, die manchen Betrieben vor allem in der Anfangszeit geholfen hat, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und Kapitalreserven im Unternehmen zu halten. Damit konnten sie auf Krisen reagieren.

Und wie erleben Sie die Dauerkrise, aus der wir seit zwei Jahren gar nicht mehr herauskommen?

„Der hohe Stahlpreis ist für uns eine große Gefahr"

In der Corona-Krise waren für uns die unterbrochenen Lieferketten ein Problem. Unsere Lieferanten waren überfordert, weil es zu Panikkäufen kam. Dadurch gingen die Lieferzeiten und die Preise nach oben. Das hat sich leider immer noch nicht beruhigt. Und die Auswirkungen des Krieges werden erst noch auf uns zukommen. Die Energiekostenaufschläge spüren wir schon deutlich. Hinzu kommt: In den Stählen, die wir beziehen, ist auch russisches Nickel, und unsere Zulieferer benötigen viel Gas. Da bringen die Sanktionen eine große Unsicherheit. Und der hohe Stahlpreis ist für uns schon jetzt eine große Gefahr.

Schon vor Corona ist es – laut einem Länderindex – in Deutschland für Familienunternehmen immer schwieriger geworden. Empfinden Sie das auch so?

Durchaus. Mit persönlich macht vor allem das Bildungssystem Sorgen. Die Qualität der Absolventen ist nicht immer die, die wir gern hätten. Wie ganz Deutschland leidet auch Baden-Württemberg stark unter dem Arbeitskräftemangel. Wir als Mittelständler müssen auf diesem Feld mit großen Unternehmen konkurrieren. Und die hohen Arbeitskosten machen es auch im internationalen Wettbewerb nicht einfach. Andere Punkte sind die hohen Energiekosten und die überbordende Bürokratie, durch behördliche Auflagen, aber auch beim Arbeits- oder Tarifrecht.

Käme denn Abwanderung oder Verlagerung von Unternehmensbereichen ins Ausland für Sie infrage?

Das ist tatsächlich immer wieder ein Thema – wobei sich die Themen ändern, wo der Schuh am meisten drückt. In meiner Anfangszeit waren es die Arbeitskosten. Also die Frage: Können wir woanders günstiger produzieren? In den letzten Jahren ging es auch darum, ob wir mittelfristig die nötigen Arbeitskräfte gewinnen können. Mit Blick auf die Zukunft stellt sich verstärkt die Frage: Müssen wir näher zu den Kunden im Ausland, weil die Logistikkosten durch die Decke gehen?

Eine hohe Exportquote kann also auch eine Achillesferse sein?

Dass wir 80 bis 90 Prozent unserer Produkte im Ausland absetzen, freut uns natürlich. Aber durch die Corona-Krise und den Krieg haben wir unmittelbar erfahren, dass die Lieferketten auch zum Kunden hin nicht immer reibungslos funktionieren. Daher war es gut, dass wir schon vor Jahren angefangen haben, die Inlandsquote zu steigern, um ein breiteres Fundament zu haben.

Ganz langfristig gesehen: Können kleine Familienbetriebe denn überhaupt eine Chance haben gegenüber der oft viel größeren globalen Konkurrenz?

Eine Chance gibt es prinzipiell immer. Aber mir stellt sich die Frage: Wollen Politik und Gesellschaft das überhaupt? Wird unser traditionelles Unternehmertum in Deutschland überhaupt noch geschätzt?! Das medial gezeichnete Image ist nicht unbedingt positiv. In vielen Krimis ist der Bösewicht ein Unternehmer. Wie kann ich da die Perspektive, den Betrieb mal zu übernehmen, für meine Kinder attraktiv halten? Das ist für mich nicht nur eine persönliche, sondern auch eine gesellschaftliche Frage.

Ursula Wirtz
aktiv-Redakteurin

Als Mitglied der Stuttgarter aktiv-Redaktion berichtet Ursula Wirtz aus den Metall- und Elektrounternehmen in Baden-Württemberg sowie über Konjunktur- und Ratgeberthemen. Sie studierte Romanistik und Wirtschaftswissenschaften. Später stieg sie bei einem Fachzeitschriftenverlag für Haustechnik und Metall am Bau in den Journalismus ein. Neben dem Wirtschaftswachstum beobachtet sie am liebsten das Pflanzenwachstum in ihrem Garten.

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