Düsseldorf. Die Bundesregierung will die Wasserstoff-Technologie mit 9 Milliarden Euro fördern, schon heute werden von dem Gas in Deutschland 5,2 Milliarden Kubikmeter pro Jahr hergestellt. Doch für den Energieträger der Zukunft braucht es geeignete Metalle für Tanks und geplante Pipelines in gewaltigen Mengen. aktiv sprach mit Professor Dierk Raabe, der am Max-Planck-Institut für Eisenforschung in Düsseldorf nach neuen metallischen Werkstoffen sucht.
Herr Professor Raabe, Wasserstoff wird ja schon heute viel genutzt. Welche Materialien kommen da zum Einsatz?
Es kommt auf die Anwendung an. Behälter an Wasserstoff-Tankstellen sind bislang aus Edelstahl, die Tanks von Brennstoffzellenfahrzeugen aus Gewichtsgründen aus glasfaserverstärktem Kunststoff. Die Wasserstoffbehälter müssen hohe Drücke aushalten, bis zu 900 Bar. Vor allem der Kunststoff ist teuer. Deshalb entwickeln wir neue, preiswertere Stähle. Eine Wasserstoff-Pipeline kann man dagegen mit bis zu 100 Bar betreiben. Auch dafür braucht man Spezialstahl, in riesigen Mengen. Weil Wasserstoff das Material angreift und extrem flüchtig ist.
Deshalb kann es aus Behältern rasch entweichen?
Ja. Aus diesem Grund müssten Wände aus normalem Stahl so dick sein wie bei einer Ritterburg. Oder das Kristallgitter des Metalls ist so zu modifizieren, dass es weniger durchlässig ist. Aluminium hat zwar die geeignete Struktur, aber keine so hohe Festigkeit, um hohen Drücken standzuhalten. Möglich sind auch Oxide oder Beschichtungen, die eine Barriere bilden. Sie müssen jedoch mit dem Material darunter kompatibel sein. Metall zieht sich nämlich bei Druck- und Temperaturschwankungen zusammen oder dehnt sich aus. Die Schutzschicht kann abplatzen und das Gas austreten. Keine Frage: Der Wasserstoff fordert uns heraus.
Die Regierung plant eine Wasserstoff-Wirtschaft – schafft das neue Probleme?
Ja. Es gibt nämlich kaum geeignete Stähle in großen Mengen zu günstigen Preisen. Solche Werkstoffe wurden bisher ja vom Markt kaum gefordert. Doch es gibt Ansätze, wie man Materialien designen kann, damit Wasserstoff sie nicht zerstört. Unser Institut ist seit vielen Jahren an vorderster Front tätig.
Wie prüfen Sie neu entwickelte Materialien, ob sie auch nicht durch Wasserstoff verspröden?
Wasserstoff ist das kleinste Atom, das es gibt, und er verflüchtigt sich sehr schnell aus einer Probe. Deshalb entwickeln wir am Institut neue Messtechniken, um die Ursachen für die Versprödung aufzudecken – und resistentere Materialien zu entwickeln.