Hildesheim. Beim Blick auf die Dächer der Stadt outet Michael Teyfel sofort seine Begeisterung: „Wow. Hier die Michaeliskirche, dort der Dom. Zwei Bauten des Weltkulturerbes in einer Stadt, das ist schon außergewöhnlich!“ Dabei kannte der 27-jährige Ingenieur der Elektrotechnik - gerade ist er im Haus der Wirtschaft zu Besuch - die Domstadt im Herzen Niedersachsens noch nicht, als er vor zweieinhalb Jahren beim Unternehmen Advanced Driver Information Technology (ADIT) anfing.

Heute ist Teyfel so etwas wie ein Werbebotschafter Hildesheims. „Die Stadt bietet unglaublich viel zum Leben, bezahlbare Wohnungen und einen hohen Freizeitwert“, erzählt er.

Von der TU Hamburg in die Domstadt

Deshalb hat der Ingenieur nicht lange überlegt, als man ihn fragte, ob er bei einer Werbeaktion vom Verband Unternehmer Hildesheim mitmachen will. Ihr Ziel ist es, auswärtige Fachkräfte auf die Region aufmerksam zu machen. Denn wie in manchen anderen Regionen auch suchen die Betriebe Hildesheims händeringend qualifizierte Mitarbeiter.

Teyfel selbst hörte erstmals während seiner Masterarbeit an der Technischen Uni Hamburg vom Standort Bosch Car Multimedia in Hildesheim. „Ich hatte Bosch in Stuttgart verortet und wusste gar nicht, dass der Konzern auch in Hildesheim aktiv ist.“ Doch dann ging alles relativ schnell. Teyfel bewarb sich bei der Recruitingstelle des Bosch-Konzerns, und rasch war ihm klar, dass die Aufgabe in Hildesheim ihn reizte.

Heute ist die Firma ADIT sein Arbeitgeber. Sie ist ein Gemeinschafts-Unternehmen von Bosch und Denso in Japan. Die beiden Zulieferriesen verbindet eine langjährige Partnerschaft. Bereits 1953 kooperierten sie bei der Fertigung elektrischer Autoteile wie Lichtmaschinen und Anlasser. 50 Jahre später gründeten sie die ADIT, die im japanischen Kariya und in Hildesheim Plattformen für Infotainment-Systeme von Autos entwickelt. 170 Mitarbeiter beschäftigt die gemeinsame Tochter weltweit, davon 55 hier in Niedersachsen.

„Wir entwickeln Software für Autohersteller“

„Unsere Welt ist digital. Wir entwickeln Software für so gut wie alle Autohersteller“, erklärt Teyfel seine Aufgabe bei dem Unternehmen. „Wie wird das Wetter? Wie hat mein Verein gespielt? Wo finde ich den nächsten freien Parkplatz? Das fragen sich die Autofahrer. Die Antwort weiß das Internet.“

Was das Internet im Auto genau leistet, ist von Marke zu Marke unterschiedlich. Alle Hersteller haben da eigene Systeme. Die Entwickler von ADIT bieten dafür die Basis-Software, auf die die Hersteller auf ihrem Weg zum „rollenden Wohnzimmer“ aufbauen.

Michael Teyfel findet den Job hochspannend. Aufgewachsen ist der junge Mann in einem kleinen Dorf bei Lübeck. Die Nähe zur Ostsee und zum großen Hamburg – „mehr brauchten wir in unserer Jugend nicht“.

Kollegen sind in Frankreich, Italien, Rumänien oder Mexiko zu Hause

Heute zählt für ihn die Möglichkeit, an andere Standorte des Unternehmens zu reisen. „Ich war in Japan und Indien, komme aber immer wieder gern nach Hildesheim zurück.“ Provinziell sieht anders aus. Im Gegenteil: Bei ADIT ist Multikulti angesagt. Aus etlichen Ländern kommen die Software-Spezialisten. Teyfels Kollegen sind in Frankreich, Italien, Rumänien oder Mexiko zu Hause. „Wir verständigen uns deshalb auf Englisch, anders geht das nicht.“

Wenn das Gespräch auf Hildesheim kommt, sei man sich einig. „Den Marktplatz zum Beispiel finden alle super, vor allem wenn Weihnachtsmarkt ist“, berichtet der Ingenieur. „Dann kommen die Kollegen aus Japan besonders gern zu Besprechungen.“ Teyfel kann sich durchaus vorstellen, länger in Hildesheim zu bleiben. Schon jetzt steht fest: Im kommenden Jahr will er in der Domstadt heiraten.

Nachgefragt

Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf?

Im Studium habe ich mich auf Mikrosysteme und Nanoelektronik spezialisiert und privat mit Programmierung beschäftigt. Die ADIT entwickelt Software sehr dicht an der Hardware, das ist eine spannende Kombination.

Was reizt Sie am meisten?

Ich schätze die Internationalität im Kontakt mit Kollegen. Zudem kann ich mir die Aufgaben selbstständig suchen, was ich außergewöhnlich finde.

Welche beruflichen Ziele haben Sie?

In Zukunft möchte ich gern Verantwortung für weitere Themen übernehmen. Mein Ziel ist es, die Menschen durch Technik zu bewegen.

Der Wirtschaftsstandort

Das Oberzentrum Hildesheim wächst.

  • 106000 Einwohner hat die niedersächsische Stadt.
  • 11500 junge Leute studieren dort an Universität sowie zwei Hochschulen.
  • 49000 Arbeitsplätze bietet die Stadt, darunter 11000 in der Industrie.

(Quelle: Statistische Daten 2017, Stadt Hildesheim)

Mittelstand und Start-ups sollen voneinander lernen: Solche wirtschaftlichen Impulse will der neue Verband Unternehmen Hildesheim geben.

Werner Fricke
Autor

Werner Fricke kennt die niedersächsische Metall- und Elektro-Industrie aus dem Effeff. Denn nach seiner Tätigkeit als Journalist in Hannover wechselte er als Leiter der Geschäftsstelle zum Arbeitgeberverband NiedersachsenMetall. So schreibt er für aktiv über norddeutsche Betriebe und deren Mitarbeiter. Als Fan von Hannover 96 erlebt er in seiner Freizeit Höhen und Tiefen.

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