Marklkofen. 900.000 Filter an Spitzentagen: Im weltweit größten Filterwerk von Mann+Hummel in Marklkofen herrscht ein schneller Takt. Die 3.000 Mitarbeitenden bedienen vor allem das Ersatzteilgeschäft mit Filtern für Fahrzeuge. 50 Produktionsbänder laufen dazu rund um die Uhr im Drei-Schicht-System. Betriebsbeginn: Sonntagabend, 23:00 Uhr.

Ein strikter Ablauf, der wenig Raum für flexibles Arbeiten lässt, mag man denken. Doch weit gefehlt. Das Unternehmen bietet seinen Beschäftigten allein am Standort in Niederbayern etwa 300 Arbeitszeitmodelle an.

Ein Pilotprojekt splittet sogar einzelne Schichten

„Die Vielfalt kommt allein schon durch den Mix an Schichten“, sagt Johannes Protzmann, stellvertretender Personalleiter im Werk. Sicher, die Planung sei aufwendig. Doch die Vorteile überwiegen aus seiner Sicht. „Flexibilität macht uns als Arbeitgeber attraktiv.“

Montage, Verpackung, Kontrolle, drei bis zehn Arbeitsplätze braucht es pro Band. Springer, Maschinenfahrer und Einsteller müssen parat sein. Wie ein Puzzle muss sich alles zusammenfügen. Doch der Betrieb jongliert, macht vieles möglich. „Von der Ein- bis zur Vier-Tage-Woche bieten wir alles.“

Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten, Wochentage zu kombinieren. Beliebt ist die Vier-Tage-Woche mit einem arbeitsfreien Tag. Wechselweise kann man auch in einer Woche zwei, in er nächsten drei Tage arbeiten. Ein weiteres Pilotprojekt bildet Tandems, um sogar Früh- oder Spätschicht noch aufzusplitten, falls ein Mitarbeitender den Wunsch nach weniger Stunden hat. Allerdings müssen dann beide zur selben Zeit Urlaub nehmen. Und wird einer krank, muss der andere notfalls komplett übernehmen.

Die Teilzeitarbeit mit festem Samstag ist beliebt

Doch bisher ging das immer auf. „Auf der einen Seite gibt es immer Mitarbeitende, die aufstocken wollen“, so Protzmann, „und andere, die – aus verschiedensten Gründen – kürzertreten wollen.“

Beliebt ist auch die Teilzeitarbeit mit festem Samstag als Arbeitstag. Das Werk hat damit gute Erfahrungen gemacht. „Der Samstag ist gerade für junge Mütter ideal, weil da die Papas zu Hause sind und sich um die Kinder kümmern.“

Selbst Nachtarbeit en bloc ist für viele attraktiv. Der Einsatz dauert jeweils drei bis sechs Monate. So kann man planen. „Das kommt vor allem Mitarbeitenden mit älteren Angehörigen entgegen.“ Wer nachts arbeitet, ist tagsüber daheim und kann sich so ein paar Stunden pflegebedürftigen Familienmitgliedern widmen.

Die zahlreichen Arbeitszeitmodelle stehen jedem offen, werden jedoch vermehrt von Frauen gewählt. Sie stellen etwa zwei Drittel der Belegschaft im Werk. Der Grund: Die filigranen Tätigkeiten in der Filterproduktion sind einfach nix für große Männerhände.

Flexibilität hilft dem Betrieb – bei Auftragsspitzen

Beruf und Privates zusammenbringen ist das eine. Doch Flexibilität hilft letztlich auch dem Unternehmen. Für Auftragsspitzen lässt sich die Stundenzahl aufstocken. In ruhigeren Phasen könne sich manche oder mancher dagegen gut vorstellen, kürzerzutreten. Ab einem gewissen Alter hätten viele Mitarbeitende diesen Wunsch. Auch das sei in Ordnung, mache alle Seiten zufrieden – und das zahlt letztlich auch auf das Wohl des Betriebs ein.

Unternehmen brauchen ein flexibles Regelwerk

  1. Über Arbeitszeit wird derzeit viel diskutiert. Aus Sicht der bayerischen Metall- und Elektro-Arbeitgeberverbände braucht es da mehr Flexibilität, nicht weniger.
  2. Die tägliche Höchstarbeitszeit ist nach deutschem Arbeitszeitgesetz beschränkt auf zehn Stunden. Die EU-Regel verlangt nur eine wochenweise Betrachtung mit im Schnitt höchstens 48 Wochenstunden.
  3. Wird die Arbeitszeit für eine Vier-Tage-Woche nicht nur anders verteilt, sondern auch weniger gearbeitet, ist das Teilzeit und erfordert eine Absenkung des Entgelts. Alles andere kommt einer Erhöhung des Stundenlohns gleich und treibt die Arbeitskosten in die Höhe.
  4. In der Fertigung wird bereits flexibel gearbeitet – mit Flexi-Konten und Freischicht-Modellen, in denen in einzelnen Wochen kürzer oder länger gearbeitet wird.
  5. Bei Gleitzeit und Vertrauensarbeitszeit können Beschäftigte bereits weitgehend selbst über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit entscheiden.
  6. Die Tarifverträge in Bayerns M+E-Industrie bieten ein ganzes Bündel an Möglichkeiten zur flexiblen Arbeitszeitgestaltung.
  7. Am Ende muss der Arbeitgeber entscheiden, wie viel Flexibilität mit den betrieblichen Notwendigkeiten vereinbar ist.
Friederike Storz
aktiv-Redakteurin

Friederike Storz berichtet für aktiv aus München über Unternehmen der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie. Die ausgebildete Redakteurin hat nach dem Volontariat Wirtschaftsgeografie studiert und kam vom „Berliner Tagesspiegel“ und „Handelsblatt“ zu aktiv. Sie begeistert sich für Natur und Technik, Nachhaltigkeit sowie gesellschaftspolitische Themen. Privat liebt sie Veggie-Küche und Outdoor-Abenteuer in Bergstiefeln, Kletterschuhen oder auf Tourenski.

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