München. In einem zumindest herrscht Einigkeit zwischen dem bayerischen Metall- und Elektro-Arbeitgeberverband vbm und der IG Metall: Beide Seiten erkennen die extrem kritische und historisch ungewöhnliche Situation aufgrund der Corona-Pandemie an. Dass sie die bayerische Metall- und Elektro-Industrie (M+E) besonders hart getroffen hat, bestreitet niemand. Das bekräftigten beide Tarifparteien erneut bei ihrer zweiten Verhandlungsrunde Ende Januar.

Allerdings: Die Lösung, wie die Betriebe aus dieser Krise herauskommen und wie sich diese im neuen Tarifvertrag niederschlagen muss, darüber „bestehen noch große Differenzen“, fasst Angelique Renkhoff-Mücke zusammen. Die Verhandlungsführerin des Arbeitgeberverbands vbm sieht noch einen langen Weg vor sich, bis ein für beide Seiten akzeptabler Kompromiss stehen wird.

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Arbeitsgruppe soll Kompromiss für den Tarifvertrag ausloten

Die Tarifparteien haben daher eine Arbeitsgruppe mit betrieblichen Vertretern ins Leben gerufen. Sie soll einen möglichen Kompromiss ausloten. Ausdrücklich gewünscht von Arbeitgeberseite ist eine „clevere, kluge Lösung“. In einer historisch ungewöhnlichen Situation müsse es möglich sein, abseits der gewohnten Pfade zu denken. „Wir müssen schnell einen fairen Abschluss erreichen“, fordert Renkhoff-Mücke. „Unser Ziel ist ein tragfähiges Ergebnis innerhalb der Friedenspflicht.“

Welche Punkte dabei besonders wichtig sind, aber noch größeren Diskussionsbedarf haben, hat aktiv zusammengefasst.

Beschäftigungssicherung: Sie ist klares Ziel für beide Seiten. Dies ist aus Sicht der Arbeitgeber aber nur realistisch, wenn es den Betrieben wirtschaftlich gut geht. Mehr als die Hälfte der M+E-Betriebe werden allerdings bis Ende 2021 nicht einmal das Vorkrisenniveau wieder erreichen. Sie brauchen alle verfügbaren finanziellen Mittel, um die Flaute zu überstehen – und darüber hinaus die Herausforderungen des Strukturwandels sowie der Transformation in der Automobil-Industrie anzugehen. Das Geld dafür muss aber erst erwirtschaftet werden. Mehr als die Hälfte der M+E-Unternehmen gehen von einer kritischen Ertragslage aus, jedes dritte macht Verlust, so eine aktuelle Umfrage des vbm. Für 2021 gibt es daher keinen Verteilungsspielraum – auch nicht versteckt, indem man im Falle von Arbeitszeitabsenkung höhere Stundenlöhne zahlt.

Differenzierte Lösungen: Die Herausforderungen der M+E-Branche sind insgesamt groß: Rezession, Nachfragerückgang aufgrund von Corona, Bewältigung des Strukturwandels, Digitalisierung, alternative Antriebsstränge in der Automobilherstellung. Allerdings sind die Betriebe davon unterschiedlich stark betroffen und auch auf dem Weg des Wandels unterschiedlich weit.

Diese Heterogenität muss der Tarifvertrag abbilden. Dafür eignen sich etwa flexible Elemente, auf die sich die Parteien schon im Tarifvertrag einigen. So könnten, wenn im Betrieb klar definierte geschäftliche Kennzahlen über- oder unterschritten werden, automatisch vorher vereinbarte Schritte greifen – ohne mühsame Nachverhandlungen. Das könnten punktuell Abweichungen (nach oben und nach unten) etwa beim Urlaubs- oder Weihnachtsgeld sein. Das würde aus Sicht der Arbeitgeber helfen, dass der Flächentarif für möglichst viele Unternehmen interessant bleibt.

Gestaltung der betrieblichen Zukunft: Welchen Weg ein Unternehmen strategisch einschlägt, welche Produkte es beispielsweise wo und wie produziert, ist eine unternehmerische Entscheidung. Das Risiko dieser unternehmerischen Entscheidungen und deren Folgen liegt klar bei den Eignern, ganz besonders im Mittelstand.

Noch mehr Mitbestimmung ist aus Sicht der Arbeitgeber rechtlich bedenklich und inhaltlich fragwürdig. Das aktuelle Niveau reicht aus. Es ist schwer nachzuvollziehen, warum Arbeitnehmervertreter auch bei kleinen und mittleren Betrieben bei strategischen Entscheidungen mitreden sollen. Denn sie haften schließlich auch nicht dafür.

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Alix Sauer
Leiterin aktiv-Redaktion Bayern

Alix Sauer hat als Leiterin der aktiv-Redaktion München ihr Ohr an den Herausforderungen der bayerischen Wirtschaft, insbesondere der Metall- und Elektro-Industrie. Die Politologin und Kommunikationsmanagerin volontierte bei der Zeitungsgruppe Münsterland. Auf Agenturseite unterstützte sie Unternehmenskunden bei Publikationen für Energie-, Technologie- und Mitarbeiterthemen, bevor sie zu aktiv wechselte. Beim Kochen und Gärtnern schöpft sie privat Energie.

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