Karlsruhe. Die Vergabe der Jahreszeugnisse steht vor der Tür. Alle, die 2021 eine Ausbildung starten möchten, sollten jetzt ihre Bewerbung abschicken. Bei einem Gespräch mit aktiv verrät Annika Neumann (28), Junior-Recruiterin bei Michelin, worauf es bei virtuellen Vorstellungsgesprächen ankommt. Der Reifenhersteller bildet zum Beispiel Mechatroniker in Karlsruhe aus.

Vorstellungsgespräche finden jetzt meist online statt. Worauf sollte man bei der Technik achten?

Man sollte sich mit einem Laptop oder Computer einwählen, nicht via Handy oder Tablet. Denn die mobilen Endgeräte haben keine Halterung, meistens wackelt deshalb das Bild. Das aber führt zu einem unruhigen Gesprächsverlauf. Sehr wichtig ist eine stabile WLAN-Verbindung, am besten von zu Hause aus. Ich empfehle immer einen Technik-Check vorab, also die Kamera und das Mikro ausprobieren. Auch das genutzte Medium, meist Teams oder Zoom, sollte man kennen: Vorab einwählen und mit Freund oder Freundin alles testen. Dann ist das Medium kein Neuland mehr, und man ist auch weniger aufgeregt.

Wo führt man das Gespräch?

Am besten in einem eigenen Zimmer im Hellen vor einer ruhigen Wand. Unruhige Hintergründe lenken von der Person ab, die sollte im Mittelpunkt stehen – nicht die Fotos an der Wand. Wir hatten mal einen Bewerber, der saß beim Gespräch im Hausflur, ständig liefen Leute vorbei. Das war für alle Beteiligten sehr anstrengend.

Krasser Fehler. Gibt es noch mehr?

Oft ist die Kamera falsch eingestellt, zum Beispiel ist der Laptop zu weit nach hinten geklappt. Dann sieht man nur die Stirn der Bewerber und Bewerberinnen. Man sollte dem Gegenüber in die Augen sehen, was am Bildschirm nicht einfach ist – man muss ja direkt in die Kamera schauen. Ich rate zu guter Kleidung, wie in einem realen Vorstellungsgespräch – also nicht im Sportpulli vor dem Bildschirm sitzen. Und man muss realisieren, dass Mikro und Kamera ständig an sind – andere sehen und hören alles. Etwa, wenn jemand vor Nervosität mit den Nägeln oder Händen auf die Tischplatte klopft. Es irritiert auch, wenn jemand beim Gespräch in der Gegend herumschaut, Kaugummi kaut oder in ein Brot beißt.

Was, wenn ich mich verspäte oder die Verbindung nicht funktioniert?

Am besten wählt man sich ein paar Minuten vorher ein. Dann hat man einen zeitlichen Puffer, falls der Laptop ein Update vornimmt. Wenn nichts funktioniert, sich das Internet nicht verbindet, der PC nicht hochfährt, ich nicht pünktlich sein kann – dann die Gesprächspartner anrufen und sagen, was Sache ist. Die Nummer steht in der Einladungsmail in der Signatur.

Dürfen die Eltern helfen?

Bei den Bewerbungsunterlagen und beim Technik-Check sehr gerne. Aber beim Online-Gespräch sollten sich die Eltern komplett raushalten und auf keinen Fall Regieanweisungen geben. Das setzt Bewerber unter Druck.

Wie bereite ich das Gespräch vor?

Junge Leute können nicht alles kennen. Aber sie sollten Motivation mitbringen und erklären, warum es gerade diese Stelle sein soll. Ich rate, sich vorab über das Unternehmen zu informieren: Warum möchte ich diese Ausbildung machen, was reizt mich daran, was kann ich Positives mitbringen?

Sabine Latorre
Leiterin aktiv-Redaktion Rhein-Main

Dr. Sabine Latorre ist spezialisiert auf Themen aus der Chemie- und Pharma-Industrie. Sie liebt es, komplizierte Zusammenhänge einfach darzustellen – so schon vor ihrer Zeit bei aktiv als Lehrerin sowie als Redakteurin für die Uniklinik Heidelberg und bei „BILD“. Nebenbei schreibt sie naturwissenschaftliche Sachbücher für Kitas und Schulen. Privat reizen sie Reisen sowie handwerkliche und sportliche Herausforderungen.

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