Pflanzenmilch trifft immer öfter den Geschmack der Verbraucher. Sie wird zunehmend beliebter und läuft Kuhmilch-Produkten oft den Rang ab. Das hat viele Gründe. Warum das so ist, erklärt Silke Restemeyer, Ernährungswissenschaftlerin bei der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE).

Pflanzliche Milch-Drinks: Gesunde Alternative für Kuhmilch-Allergiker

Für einige Menschen ist die an sich gesunde Kuhmilch gar nicht so gesund. „Einige Menschen haben eine Laktoseintoleranz oder eine Kuhmilcheiweiß-Allergie“, erklärt Restemeyer. Einige pflanzliche Drinks wie Reis- und Nussdrinks seien glutenfrei, also geeignet für Zöliakie-Betroffene. Zudem enthalten sie kein Cholesterin, dafür für Menschen wertvolle ungesättigte Fettsäuren.

Vegetarier und Veganer streichen aus ethischen Gründen tierische Produkte von ihrem Ernährungsplan, setzen auf pflanzliche Alternativen. Denn sie stammen nicht nur nicht vom Tier, sondern enthalten auch keine Reste aus der Tierhaltung wie Medikamente oder Wachstumshormone.

Calcium: Wer Pflanzenmilch nutzt, sollte sich aus anderen Quellen Calcium holen

Restemeyer verweist jedoch auch auf den großen Nachteil, den alle Pflanzendrinks gemeinsam haben: Sie enthalten im Gegensatz zu Milch- und Milchprodukten fast kein Calcium. „Den Mineralstoff benötigt der menschliche Körper aber, um Knochen und Zähne stabil halten zu können“, so die Expertin.

Wenn Pflanzendrinks – etwa bei einer veganen Ernährung – Kuhmilch komplett ersetzen, sollte auf Produkte mit Calcium-Anreicherung zurückgegriffen oder der Calciumbedarf gezielt aus anderen Quellen gedeckt werden. „Einige Gemüsearten wie Brokkoli, Grünkohl und Rucola sind wichtige Calciumlieferanten, aber auch Hasel- und Paranüsse“, so Restemeyer. Auch calciumreiches Mineralwasser könne bedeutend für die Calciumversorgung sein.

Müsli aus Sojamilch: Dann bitte Haferflocken nutzen

Außerdem weisen die Pflanzendrinks mit Ausnahme von Soja einen deutlich geringeren Eiweißgehalt (Proteingehalt) auf, und die ernährungsphysiologische Qualität von Pflanzenprotein ist geringer. Ein Tipp der Expertin: „Wenn beispielsweise Sojamilch für das Müsli genutzt wird, sollte man Getreideflocken aus Hafer verwenden, da sich die verschiedenen Proteine ergänzen.“

Wie man Pflanzenmilch herstellt

Hergestellt werden die Pflanzendrinks, indem man die Ausgangsstoffe wie etwa Reis, Nüsse oder Hülsenfrüchte zu einem feinen Mehl verarbeitet. Das wird anschließend in Wasser eingeweicht, aufgekocht, filtriert – oft auch fermentiert – und keimfrei gemacht, also pasteurisiert. Im Verarbeitungsprozess verlieren die Ausgangsprodukte viele gesundheitlich wertvolle Inhaltsstoffe.

Reis- und Getreidedrinks erhalten einen Schuss Pflanzenöl, damit die Flüssigkeit emulgiert, weiß und somit der Milch ähnlicher wird. Zur Verbesserung des Geschmacks werden den Getränken oft noch Salz, Vanille und Obstsäfte zugesetzt, oder sie werden als Mixgetränke angeboten. Der Kaloriengehalt liegt im Durchschnitt leicht unter dem von Kuhmilch.

Klassiker Sojamilch: Für den Kaffee kann man sie sogar aufschäumen

Die bekannteste Pflanzenmilch kommt aus China: Sojamilch. Das seit Jahrtausenden hergestellte Getränk besitzt einen süßlich-nussigen Geschmack und einen der Kuhmilch vergleichbaren Anteil an Proteinen. Sojamilch eignet sich für den Kaffee, man kann sie sogar aufschäumen. Silke Restemeyer gibt zu bedenken: „Aromatisierte Produkte können viel Zucker enthalten.“ Soja-Allergiker müssen natürlich die Finger von diesem Drink lassen.

Reismilch: Für kleine Kinder ist sie nicht geeignet

Sie ist eher dünn, mild und hinterlässt im Mund ein schleimiges Gefühl. „Sie enthält kaum Nährstoffe, der Eiweißanteil ist gering, dafür ist sie frei von Gluten und Lactose sowie allergenarm“, so die Ernährungsexpertin Restemeyer. Reismilch ist eher für die Herstellung von Eis und zum Kochen geeignet. Für kleine Kinder sei sie nicht zu empfehlen, denn Reis speichert das giftige Halbmetall Arsen. Überschrittene Grenzwerte wurden in Reismilch bislang allerdings noch nicht gefunden.

Hafermilch: Tabu für Zöliakie-Betroffene

Hafermilch wird von Herstellern für Vegetarier und Schwangere empfohlen. Der Drink schmeckt süßlich und nach Hafer, der Eiweiß- und Fettgehalt ist gering. Allerdings enthält Haferdrink auch Gluten und ist somit für an Zöliakie erkrankte Personen tabu – wie übrigens die meisten Arten von Getreidemilch, die man zum Beispiel auch aus Dinkel, Einkorn oder Roggen herstellt.

Glutenfreie Hirsemilch

Hirsemilch hingegen ist glutenfrei, hat einen schwach süßlichen Geschmack. Exoten auf dem Markt sind derzeit – noch – Buchweizenmilch, Hanfmilch, Lupinenmilch oder Drinks aus Quinoa, Cashewnüssen, Leinsamen, Walnüssen. Über gesundheitsbedingte Einschränkungen für Verbraucher ist aufgrund fehlender Studien wenig Substanzielles bekannt.

Süße Alternativen und im Kommen: Mandelmilch und Nussdrinks

Mandelmilch ist von der Konsistenz her eher dickflüssig, besitzt aber einen leicht süßlichen Geschmack. Sie ist gut für die Backstube geeignet, aber auch als Drink beliebt. „Mandel- und andere Nussdrinks haben einen höheren Fettgehalt als Soja- oder Getreidedrinks, wobei es sich vor allem um ungesättigte Fettsäuren handelt“, berichtet Restemeyer. Mandeln enthalten zwar viele wertvolle Nährstoffe, diese verschwinden aber fast alle bei der Herstellung von Mandelmilch.

Milchersatz für alle Lebenslagen

Zusammenfassend lässt sich sagen: Pflanzenmilch auf Grundlage von Hülsenfrüchten wie Soja und Erbsen oder Getreide, Mandeln und Nüssen dienen nicht nur der Verfeinerung von Kaffee. Im Gegenteil, Pflanzenmilchsorten entwickeln sich mehr und mehr zum Milchersatz. Sie bilden die Basis für Müsli oder werden zum Backen oder Eismachen verwendet. Man verarbeitet sie auch in pflanzlichen Quarks, zu Joghurts und Käse. Was der Milchkenner noch wissen sollte: In der Alltagssprache werden diese Getränke fast immer als Milch bezeichnet; etwa Sojamilch, Hafermilch oder Mandelmilch.

Sie dürfen – mit der Ausnahme von Kokosmilch – aber offiziell nicht als Milch bezeichnet werden. Eine europäische Verordnung schreibt vor, dass „Milch“ nur für Erzeugnisse benutzt werden darf, die durch Melken gewonnen werden. Dennoch sind sie mittlerweile bei Verbrauchern sehr beliebt.

Weltweiter Wachstumsmarkt Pflanzenmilch

Laut Marktforschungsinstitut „Innova“ sind 2018 weltweit 16,3 Milliarden US-Dollar mit Pflanzenmilch-Produkten umgesetzt worden. 2010 waren es noch 7,4 Milliarden. Für das Jahr 2024 prognostiziert das Institut „Research and Markets“ einen weltweiten Umsatzsprung auf etwa 38 Milliarden US-Dollar. Wachsende Nachfrage ist auch in Deutschland zu verzeichnen.

Kleinerer ökologischer Fußabdruck

Aber wieso eigentlich wird Milch immer öfter ersetzt? Zum einen wegen des ökologischen Fußabdrucks. Laut dem Pflanzenmilch-Report 2019, einer Publikation der Ernährungsorganisation ProVeg, zieht die Erzeugung von Pflanzenmilch im Vergleich zur Kuhmilch weniger Landverbrauch, weniger Wassernutzung sowie weniger CO2-Ausstoß nach sich.

Gut für die Umwelt: Natürliche Ressourcen werden geschont

Werden laut der Publikation, die etliche wissenschaftliche Studien analysiert und auswertet, zur Herstellung eines Liters Kuhmilch durchschnittlich 628 Liter Wasser benötigt, kommt die Produktion von Mandelmilch (371), Reismilch (270), Hafermilch (48) und Sojamilch (28) mit deutlich weniger aus.

Der Landverbrauch ist im Durchschnitt bei Pflanzendrinks zehnmal geringer, und auch der Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid je Liter Produkt ist im Vergleich besser: Mandelmilch hat mit 0,7 Kilogramm CO2 pro erzeugtem Liter Pflanzendrink die geringsten Treibhausgasemissionen, gefolgt von Hafermilch mit 0,9 Kilogramm CO2 und Sojamilch mit 1 Kilogramm CO2. Kuhmilch weist einen Wert von 3,3 Kilogramm CO2 auf.

Wer es genau wissen will: Auf Herkunftskennzeichnung achten

Natürlich werden auch für die Milchersatz-Produkte Wälder gerodet, Plantagen angelegt, Kunstdünger verwendet und Pflanzenschutz- und Insektenvertilgungsmittel eingesetzt. Viele Hersteller nutzen aber Soja, Mandeln, Hafer und Co. aus nachhaltiger Produktion statt aus riesigen Monokulturen. Insofern lohnt es sich, auf die Herkunftskennzeichnung zu achten.