Berlin. Auf vielen Flughäfen kann man sich prima verlaufen. Auch Shopping-Malls sind oft derart groß, dass man das gesuchte Geschäft nur schwer findet. Wäre doch praktisch, wenn einem das Smartphone an solchen Orten den Weg zum Ziel weisen könnte …

Kann es aber nicht. Zumindest nicht mit den üblichen Navi-Apps. Denn: „Um genau zu sein, braucht die Satellitenortung per GPS freie Bahn“, sagt Ilja Radusch, Bereichsleiter Smart Mobility am Fraunhofer-Institut Fokus in Berlin. Damit eine App den Signalweg vom Weltraum zum Smartphone vermessen kann, darf kein Hindernis die Funkwellen stören. „In Gebäuden wird das Signal von Wänden reflektiert: Das macht die GPS-Ortung ungenau.“ Eine Indoor-Navigation, die uns das Leben leichter machen könnte, benötigt deshalb andere Technologien.

Am Flughafen Zürich ist schon eine im Einsatz: Über die Google-Maps-Erweiterung „Indoor Live View“ können Passagiere hier Ziele wie ihr Gate über die Handykamera finden. Die App vergleicht dafür das Kamerabild mit archivierten Aufnahmen, erkennt so den Standort und berechnet die schnellste Route zum Ziel. Mithilfe von Augmented Reality (AR) wird diese Route dann auf dem Handy-Bildschirm angezeigt. Zürich ist weltweit der erste Airport, der das Tool nutzt. Zwei Jahre hat die Vorbereitung gedauert, alle Räume mussten dafür mit speziellen Kameras fotografiert werden.

Auch Kliniken wie das Uniklinikum Frankfurt, Einzelhändler wie die Obi-Baumärkte oder die britische Kette Marks & Spencer und Bahnhöfe wie die japanische Tokyo Station experimentieren mit Indoor-Navigation – mit unterschiedlichsten Technologien:

Navigation über Funk

Klassische Lösungen basieren auf Bluetooth- Beacons, WLAN- oder Ultrabreitband- Netzen. „Solche Funksysteme funktionieren, aber die Positionierung gelingt nur auf etwa fünf Meter genau“, sagt Radusch. An Orten mit viel Publikumsverkehr stoße man zudem schnell an Grenzen: „Menschen bestehen zu 80 Prozent aus Wasser, das verzerrt die Funkwellen.“

Optische Ortung

Andere Lösungen verwenden deshalb die Smartphone-Kamera. Auch das Fraunhofer-Institut Fokus hat eine App entwickelt, die die Kamera zur Positionsbestimmung nutzt. „Im Unterschied zu Google navigieren wir aber nicht über Umrisse, sondern mit digitalen Schildern, die wir virtuell im Gebäude aufgehängt haben“, erklärt Radusch.

Morsen mit Licht

Auch Deckenlampen lassen sich zur Navigation nutzen! Dabei „morsen“ LEDs durch An- und Ausschalten Signale – und das so schnell, dass das Auge dies gar nicht wahrnimmt. Im Smartphone werden die Signale in elektronische Impulse umgewandelt, über die eine App den Standort bestimmen kann. Diese Methode von Hersteller Signify wurde bereits in einer hessischen Mediamarkt-Filiale und in einem Düsseldorfer Edeka getestet.

Erdmagnetismus als Wegweiser

Start-ups wie Indoor Atlas aus Finnland oder Oriient aus Israel nutzen das Magnetfeld der Erde zur Navigation. Möglich wird das durch den in vielen Smartphones verbauten Kompass.

Noch sind die meisten Anwendungen nur in Pilotprojekten im Einsatz. Was an der aufwendigen Implementierung liegt, so Radusch: „Die Technologien sind da! Aber um Ziele ansteuerbar zu machen, müssten Händler ihre Regale digitalisieren, Rathäuser ihre Raumpläne.“ All das werde kommen – davon ist der Experte überzeugt.

Michael Aust
aktiv-Redakteur

Michael Aust berichtet bei aktiv als Reporter aus Betrieben und schreibt über Wirtschafts- und Verbraucherthemen. Nach seinem Germanistikstudium absolvierte er die Deutsche Journalistenschule, bevor er als Redakteur für den „Kölner Stadt-Anzeiger“ und Mitarbeiter-Magazine diverser Unternehmen arbeitete. Privat spielt er Piano in einer Jazz-Band. 

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