Neukirchen-Vluyn. „Infektionsrisiko? Bei uns ist das minimal. Wir lüften maschinell“, begrüßt Udo Jung seine Besucher. Er ist Geschäftsführer bei Trox im niederrheinischen Neukirchen-Vluyn, dem weltweiten Marktführer für Klima- und Lüftungstechnik. Und hat in seinem vollen Kalender für aktiv zwei Stunden freigeschaufelt, weil ihm ein Thema unter den Nägeln brennt: Wie kommen wir mit Corona gesund durch die dunkle Jahreszeit – ohne immer wieder Restaurants, Hotels, kulturelle Einrichtungen und auch Schulen schließen zu müssen?

Und er hat eine Lösung für saubere Luft in geschlossenen Räumen: Luftreiniger mit hochwirksamen Filtern, die im Klassenraum oder Restaurant die komplette Luft binnen kürzester Zeit zu fast 100 Prozent von Viren befreien.

Trox ist in seiner Branche Weltmarktführer – Austausch mit Virologen

Jung: „In dieser Jahreszeit müssen wir die Bedingungen, die wir in Frühjahr und Sommer im Freien hatten, in die Räume holen.“ Dabei seien die Luftreiniger, die ohne Frischluftzufuhr arbeiteten, die Lösung für den Augenblick. Das sähen auch viele Virologen so, mit denen sich das Unternehmen regelmäßig austausche. Langfristig aber müsse die öffentliche Hand in eine maschinelle Be- und Entlüftungstechnik etwa in Schulen investieren, wie dies schon heute in Skandinavien der Fall sei.

Die Luftreinigungsleistung eines Geräts liegt bei 1.600 Kubikmetern pro Stunde. Da in einem 100 Quadratmeter großen Klassenzimmer rund 300 Kubikmeter Luft sind, wird diese fünfmal die Stunde erneuert. Das Gerät saugt verbrauchte Luft unten an und gibt saubere an der Decke ab.

Technik gegen Viren wie Covid-19 ist auch in OPs im Einsatz

Die Technik filtert mikroskopisch kleine Partikel, die Aerosole, die der Schwerkraft trotzen und von Viren gerne als Taxi benutzt werden, in geschlossenen Räumen heraus – und macht so die Krankheitserreger unschädlich. Der auch in Operationssälen eingesetzte Filter fängt 99,995 Prozent aller Viren ab.

In nur zwei Monaten brachte das Unternehmen das Gerät, das wie eine aufeinandergestapelte Gefrier-Kühlschrank-Kombination aussieht, zur Marktreife. Dabei konnte man sich auf die jahrzehntelange Erfahrung bei der Luftaufbereitung und -filterung in Operationssälen und Reinraum-Produktionsanlagen verlassen, denn die Kernkompetenzen des Herstellers liegen auch in der Filtertechnik. Die einzelnen Komponenten wie Ventilatoren, patentierte Schalldämpfer, Vor- und Hepa-Filter lagen daher quasi im Regal.

Die Nachfrage ist immens, das Angebot reicht längst nicht

Der Luftreiniger kann ohne Fachpersonal aufgestellt werden und arbeitet wartungsfrei. Er meldet sich alle zwei Jahre, wenn der Druckverlust zu hoch wird und der Hepa-Filter getauscht werden muss. Bleibt die Frage, warum nicht längst in jedem Restaurant und in jeder Schulklasse so ein Gerät steht. An den Kosten jedenfalls sollte es nicht scheitern. Rund 3.500 Euro sind für eine Anlage pro Klassenraum fällig. Dass da bislang kaum etwas passiert ist, liegt auch an einem entscheidenden Umstand: Der Markt ist leer gefegt. Jung: „Wir können in den Werken Neukirchen-Vluyn und bei Trox X-Fans in Bad Hersfeld insgesamt 100 Geräte pro Woche bauen.“ Dazu komme die Fertigung in den Tochtergesellschaften in China, Brasilien, Spanien, der Schweiz und in Großbritannien.

„Deutschland wäre gut beraten, Schulen und Kitas zügig nachzurüsten“

Aber das reicht längst nicht, so Jung: „Wir hatten in den ersten drei Wochen nach Produkteinführung im Spätsommer bereits 7.000 Anfragen. Jetzt wollte alleine eine Stadt aus Süddeutschland 3.500 Geräte.“ Anderen Herstellern gehe es ähnlich.

Er denkt an die Zukunft: „Deutschland wäre gut beraten, die maschinelle Be- und Entlüftung von Gebäuden gesetzlich festzuschreiben.“ Und zügig Schulen und Kitas nachzurüsten. Denn darin seien sich nicht nur alle Virologen einig: „Das nächste Virus kommt bestimmt.“

Das Unternehmen

  • Trox ist stiftungsgeführt. Deshalb fließt ein Teil der Gewinne in Wissenschaft und Forschung im Bereich der Klima- und Lüftungstechnik, zudem an soziale und kulturelle Aktivitäten an den Standorten der Firma. Interessant: Die Gehälter aller leitenden Angestellten sind gedeckelt.
  • Die Firma hat weltweit 32 Tochtergesellschaften und 19 Produktionsstandorte. Rund 4.000 Mitarbeiter erwirtschafteten 2019 mehr als 530 Millionen Euro Umsatz.
  • Die Technik findet man in Hotels, Flughäfen, Messehallen und Shopping Malls genauso wie in Kliniken, Reinräumen, in der Pharma-, Chemie- und Auto-Industrie auf der ganzen Welt.