Bielefeld. Wer wissen will, was sein Textilprodukt wirklich aushält, ist beim D-Lab genau richtig. In diesem Speziallabor von Delcotex, einem Hersteller technischer Textilien, durchlaufen täglich alle möglichen Stoffe diverse Härtetests. Mit einer Frage beschäftigen sich die Produktprüfer seit Ausbruch der Pandemie besonders oft: Wie reagiert ein Material, wenn es starken Desinfektionsmitteln ausgesetzt ist?

Hersteller von Polstern etwa wollen wissen, ob ihr Produkt solche Mittel gut verträgt. Das D-Lab untersucht unter anderem auch Kunstleder, wie es häufig für Liegen in Arztpraxen und Krankenhäusern genutzt wird – oder für Hartschaumsitze in Gabelstaplern. „Wir prüfen, ob es zu Farbveränderungen oder Blasenbildung kommt und ob das Material spröde oder rissig wird“, erklärt Textillaborantin Bianca Hüttemann beim aktiv-Besuch in dem Bielefelder Labor.

Tropf- und Wischtests zeigen unangenehme Nebenwirkungen

Die Laborantin testet mit zwei Methoden: einem Tropf- und einem Wischtest. Bei der Einwirkzeit und der Konzentration der Chemikalien achtet Bianca Hüttemann auf die Vorgaben des Robert-Koch-Instituts. Manche Textilien reagieren auf das verwendete Desinfektionsmittel mit unangenehmen Überraschungen: Schaumstoff quillt auf, Kunstleder zeigt Risse. Oft verschwinden diese Effekte wieder, wenn sich das Mittel verflüchtigt.

„Wir sehen uns das Ergebnis nach dem Ende der Einwirkzeit von etwa 15 Minuten an und dann noch mal 24 Stunden später“, erklärt Eric Radl, der im D-Lab für die Auftragsbearbeitung zuständig ist. Ob die „Nebenwirkung“ der Desinfektion bei zigfacher Anwendung doch von Dauer wäre, das prüfen die Bielefelder in der Regel nicht, weil die Prüfanforderungen eine verschärfte Beanspruchung der Artikel simulieren.

In der Pandemie ist die Nachfrage nach solchen Tests stark gestiegen. Und manche Frage hatte sich zuvor noch niemand gestellt. Etwa: Wie reagieren Notfallrucksäcke, deren leuchtend-reflektierende Oberfläche oft nicht waschbar ist, auf eine häufige Entkeimung?

Rezepturen haben sich durch die Pandemie verändert

Einerseits wollen die Textilhersteller ihr Produkt als Corona-sicher anbieten, andererseits ihren Käufern eine besonders hohe Beständigkeit des Materials garantieren. So beschreibt Eric Radl das Spannungsfeld. Auch das D-Lab musste sich da erst mal neu orientieren. Denn pandemiebedingt sind viele neue Produkte zur Desinfektion aufgetaucht, Namen und Rezepturen haben sich verändert. „Da bleibt also noch viel Arbeit für uns“, sagt Bianca Hüttemann.

Die gestaltet sich für die Textillaborantin oft ziemlich bunt. Etwa, wenn sie nach der Einwirkzeit mit einem Lappen über eine orangefarbene Textilprobe streicht – und das Tuch sich knallorange verfärbt. Für diesen Stoff war das Desinfektionsmittel also eindeutig zu aggressiv.

Werner Grosch
Autor

Werner Grosch war lange Jahre leitender Redakteur einer Tageszeitung mit den Schwerpunkten Politik und Wirtschaft. Für aktiv schreibt er Reportagen aus Unternehmen der Metall- und Elektrobranche und porträtiert Mitarbeiter aus diesen Branchen mit ihren ungewöhnlichen Fähigkeiten oder Hobbys. Privat und beruflich ist er am liebsten mit dem Rad unterwegs.

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