Marbach. Maximal eine Person pro zehn Quadratmeter Ladenfläche – das galt monatelang während der Pandemie. Manche Supermärkte regelten das über die Anzahl der Einkaufswagen, andere ließen einen Türsteher die Kunden zählen. Für ihr Corona-Testzentrum wollte die Marbacher Schiller-Apotheke eine digitale Lösung – und bekam sie von drei Azubis der Hainbuch GmbH: Kevin Jung, Simon Lücke (beide Mechatroniker im zweiten Lehrjahr) und Christoph Gohr (Elektroniker im dritten Lehrjahr). Sie entwickelten die Corona-Ampel „Coropel3000“, eine digitale Einlasskontrolle mit Lichtschranke. Wie es dazu kam und wie sie diese Aufgabe bewältigten, erfuhr aktiv beim Besuch im Betrieb.

„Habt ihr Bock auf ein kleines Projekt?“, hatte der Testzentrum-Verantwortliche auf dem Azubi-Instagram-Kanal des Marbacher Spanntechnik-Herstellers gefragt. Er kannte die Firma und wusste, dass sie sich gern sozial engagiert. Die Antwort war denn auch prompt „Ja“ – noch bevor klar war, worum es überhaupt ging.

Eigenverantwortliche Arbeit von der Budgetkalkulation bis zur Montage

Und so funktioniert die Corona-Ampel: Sie besteht aus zwei Sensoren, einem Mini-Schaltschrank und einem Monitor. Die Sensoren registrieren die Besucher. Eine Software zählt sie, und sobald die Höchstzahl erreicht ist, springt auf dem Monitor das Bild um von „Go – Bitte eintreten“ in Grün auf „Stop – Bitte warten“ in Rot. „Wir haben alles von Anfang bis Ende eigenständig geplant und umgesetzt“, berichtet Jung stolz. Das bedeutete: eine Materialliste schreiben, das Budget kalkulieren und einen Arbeitsplan erstellen. Die einzelnen Arbeitsschritte mussten zum Teil auch mit anderen Abteilungen koordiniert werden, von denen sie Unterstützung brauchten. Mithilfe ihres Ausbilders Sebastian Ivenz bestellten sie die Bauteile. Außerdem musste die Software programmiert, alles richtig verkabelt und schließlich vor Ort montiert und ausgerichtet werden.

Sie haben sich in SAP und Programmierung eingearbeitet

„Wir haben eine Menge gelernt, das weit über unseren eigentlichen Ausbildungsplan hinausgeht“, freut sich Lücke. In erster Linie Projektmanagement, aber auch den Umgang mit SAP, um die Bestellungen zu erledigen. Oder Programmieren. Gohr erzählt: „Das hatten wir zwar in Grundlagen in der Berufsschule, aber für das Projekt mussten wir uns in eine neue Programmiersprache einarbeiten.“

Die Einlasskontrolle war bis weit ins Frühjahr 2022 im Einsatz und erlebte sogar einen Umzug in größere Räume für mehr Besucher. Nach dem Umzug kamen die Jungs noch einmal, um die Ampel wieder korrekt auszurichten. Dann konnten die Mitarbeiter des Testzentrums die Zahl der zulässigen Personen von 15 auf 20 erhöhen.

Coropel3000 ist sehr nutzerfreundlich gestaltet

„Wir haben das System bewusst sehr nutzerfreundlich gestaltet. Der Grenzwert, bei dem von Grün auf Rot geschaltet wird, lässt sich ganz einfach eingeben, also auch ändern“, sagt Jung.

Das Testzentrum ist immer noch geöffnet, inzwischen ohne Einlassbeschränkungen. Aber wer weiß – vielleicht wird das Kontrollsystem im Herbst wieder gebraucht. Falls ja, steht es immer noch dort bereit, denn die Apotheke hat das ganze Arrangement gekauft. Bezahlen musste sie übrigens nur die Materialkosten, die Arbeitszeit der Azubis gab Hainbuch gratis obendrauf. Die drei Tüftler sind sich einig: „So ein Projekt würden wir jederzeit wieder übernehmen.“

Prämiert als Nachwuchstalente

Für ihre Corona-Ampel „Coropel3000“ wurden Kevin Jung, Simon Lücke und Christoph Gohr im Wettbewerb „Industrie 4.0 Talente 2022“ ausgezeichnet.

Mit dieser Auszeichnung ehrt die Allianz Industrie 4.0 Baden-Württemberg Azubis, die ein herausragendes Digitalisierungsprojekt umgesetzt haben. Die aktuelle Bewerbungsrunde läuft noch bis 31. Dezember. Mehr dazu unter i40-bw.de/industrie-4-0-talente.

Ursula Wirtz
aktiv-Redakteurin

Als Mitglied der Stuttgarter aktiv-Redaktion berichtet Ursula Wirtz aus den Metall- und Elektrounternehmen in Baden-Württemberg sowie über Konjunktur- und Ratgeberthemen. Sie studierte Romanistik und Wirtschaftswissenschaften. Später stieg sie bei einem Fachzeitschriftenverlag für Haustechnik und Metall am Bau in den Journalismus ein. Neben dem Wirtschaftswachstum beobachtet sie am liebsten das Pflanzenwachstum in ihrem Garten.

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