Köln. Sie ist ein Aufregerthema: Die Ökostrom-Förderung ruft immer wieder Kritiker auf den Plan. Weil die Umlage für erneuerbare Energien den Strom verteuert, belastet sie die deutschen Industriebetriebe im internationalen Wettbewerb.
Zudem attackieren Wirtschaftswissenschaftler das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) als sozial ungerecht. Das Ärgernis: Während das ärmste Zehntel der Haushalte 1,4 Prozent seines Einkommens über die Stromrechnung fürs EEG zahlt, sind es beim reichsten Zehntel nur 0,3 Prozent.
Die Umlage ist Umverteilung von unten nach oben
Thilo Schaefer vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) weist auf ein weiteres Problem hin: „Die Spitzenverdiener profitieren oft auch von der Ökostrom-Förderung, etwa weil sie eine Solaranlage betreiben.“ Denn 10 Prozent der reichsten Haushalte haben Solarzellen auf dem Dach. Sobald die Sonnenstrom ins Netz einspeisen, fließt die Förderung.

Bei den ärmsten Haushalten dagegen profitiert nur jeder 250ste von Fördergeldern zum Beispiel für eine Solaranlage. So etwas können sich die meisten von ihnen schließlich nicht leisten. „Das ist Umverteilung von unten nach oben“, kritisiert Ökonom und Energie-Experte Schaefer in einer Studie. Mit der EEG-Umlage wird die Erzeugung von Strom aus Wind, Sonne und Biomasse gefördert. Weil die Grünstrom-Produktion wächst, nimmt in der Regel auch die Umlage zu.
Drei-Personen-Haushalt zahlt 255 Euro im Jahr für EEG-Umlage
In diesem Jahr ist das zwar nicht der Fall. Grund dafür ist ein paradoxer Effekt: An der Strombörse hatte sich die Energie 2018 verteuert. Weil also die Erzeuger mehr einnehmen, fällt die Subvention für Ökostrom niedriger aus. Ungerecht aber bleibt das System. Aktuell sind 6,41 Cent Umlage je Kilowattstunde fällig. Ein Drei-Personen-Haushalt mit 4.000 Kilowattstunden Verbrauch zahlt dafür 255 Euro im Jahr – unabhängig vom Einkommen.
IW-Experte Schaefer nennt einen Ausweg: Die Fördermittel sollten nicht mehr über die Stromrechnung finanziert werden, sondern aus Steuern. Konkret: „Würde man die EEG-Umlage als Aufschlag auf die Einkommensteuer erheben, würden die Haushalte nach ihrer Leistungsfähigkeit zur Energiewende beitragen.“
Ein Wechsel des Stromanbieters spart oft viel Geld
Starke Schultern würden dann mehr wuppen, so der Ökonom. Mit der Forderung nach so einer Reform steht er nicht allein da. Auch der Chemieindustrie-Verband VCI etwa plädiert dafür, zumindest einen Teil der Kosten der Energiewende über Steuern zu finanzieren, um Verbraucher und Wirtschaft zu entlasten. Denn viele Betriebe müssen schon heute mit den europaweit höchsten Stromkosten im Wettbewerb bestehen.
Für mittelständische Betriebe immerhin bahnt sich da womöglich Abhilfe an. Wirtschaftsminister Peter Altmaier will auf einem Strompreis-Gipfel noch in diesem Monat nach Lösungen suchen.
Übrigens: Viele Verbraucher, die sich über teuren Strom ärgern, können selbst etwas dagegen tun. Wer noch einen Grundversorgungsvertrag hat, kann laut Vergleichsportal Verivox durch den Wechsel zu einem günstigeren Anbieter 240 bis 310 Euro im Jahr sparen.