Rietheim-Weilheim. Die Flutkatastrophe hat gerade wieder allen vor Augen geführt, wie wichtig ehrenamtliche Helfer sind: Sehr viele waren sofort zur Stelle, pumpten Keller aus und schaufelten Schlamm. Auch wenn es nachts irgendwo brennt, stehen Freiwillige innerhalb von Minuten mit dem Löschschlauch da. Wenn es eingeklemmte Unfallopfer gibt, sind sie mit der Rettungsschere am Start. Was sind das für Leute, die im Notfall für andere da sind?

Die meisten sind im Alltag ganz normale Kollegen! Wie zum Beispiel Steffen Kroll. Im Gespräch mit aktiv erklärt er, warum er sich den Zusatz-Stress antut.

Der Industriekaufmann arbeitet in der Prozessentwicklung

Der 28-Jährige arbeitet bei Werma Signaltechnik in Rietheim-Weilheim. Und zwar in der Organisations- und Prozessentwicklung: Sein Job ist es also, in der Produktion Verbesserungsmöglichkeiten zu finden und umzusetzen. „Man hat da wahnsinnig viel Abwechslung“, sagt er. Selbst wenn man denkt, alles läuft super – „man findet trotzdem immer noch etwas, was man optimieren kann“. Werma ist Spezialist für optische und akustische Signalgeräte, die in der Industrie Prozesse sicher und effizient machen. Kroll hat hier mit einer Ausbildung zum Industriekaufmann angefangen und dabei die Liebe zur Prozessentwicklung entdeckt.

Unfälle und Brände haben keine Uhrzeit

Der Mann ist stets offen für Neues, hat Ausdauer, will Herausforderungen gemeinsam mit anderen lösen – und genau solche Eigenschaften sind auch im Ehrenamt gefragt. Seit acht Jahren engagiert sich Kroll bei der Freiwilligen Feuerwehr Aldingen, weil auch Kollegen dort sind. „Wenn es einen Einsatz gibt, sind wir weg aus dem Betrieb“, sagt er, „auch, wenn wir gerade noch in einer Besprechung waren.“ Unfälle und Brände kennen nun mal keine Uhrzeit und keinen Schichtplan: Sie passieren mal nachts um drei, wenn alle schlafen. Oder mal vormittags, wenn eigentlich gerade Teambesprechung ist.

Helfen macht Freude

Warum Kroll sich engagiert, erklärt er so: „Aus Freude am Helfen. Aus Überzeugung. Und wenn es bei mir auf dem Hof mal brennt, will ich ja auch, dass jemand kommt.“ Kroll hat nämlich noch eine anspruchsvolle Freizeitbeschäftigung, zusammen mit seinem Vater betreibt er einen Reithof mit 50 Pferden. Bei der Flutkatastrophe im Juli ließ Kroll mal wieder alles stehen und liegen: Die Behörde für Katastrophenschutz im Kreis Tuttlingen alarmierte den Hochwasserzug der Feuerwehren Spaichingen und Aldingen. Diesen dreitägigen Einsatz wird der 28-Jährige so schnell nicht vergessen. „Es war wie in einem Kriegsfilm. Straßen waren zum Teil weg. Brücken und Häuser standen nicht mehr. Die Bilder hat man wohl sein Leben lang im Kopf.“

„Das Gefühl der Zusammengehörigkeit war überwältigend!“

Die Feuerwehrleute halfen, wo Not am Mann war: „Wir haben Schlamm entfernt, Müll weggeräumt, Häuser trockengelegt, Treibgut eingesammelt“, zählt Kroll auf. „Ich habe in diesen drei Tagen so viel Dankbarkeit erfahren und ein wahnsinniges Gefühl der Zusammengehörigkeit erlebt – das war überwältigend.“ Nach seiner Rückkehr fragte er bei seinem Arbeitgeber vorsichtig an, ob Werma die Menschen vor Ort nicht auch mit einer Geldspende unterstützen könnte. „Viele haben ja ihr gesamtes Hab und Gut verloren.“ Tags darauf bekam er schon die Rückmeldung, dass ein Scheck über 5.000 Euro unterwegs ist.

Arbeitgeber Werma unterstützt das Engagement

Der Signaltechnik-Spezialist Werma unterstützt die Kultur des Ehrenamts voll und ganz. Das sei doch selbstverständlich, findet Geschäftsführer Matthias Marquardt. „Wir als Arbeitgeber bieten die Gewähr dafür, dass unsere ehrenamtlich tätigen Mitarbeiter spontan den Arbeitsplatz verlassen und zu einem Einsatz gehen können.“ Schließlich leisteten die Menschen damit nicht nur einen wichtigen Beitrag im täglichen Zusammenleben: „Sie übernehmen zugleich eine Vorbildfunktion, die auch im Arbeitsalltag sehr wichtig ist – und für unsere Unternehmenskultur.“

Barbara Auer
aktiv-Redakteurin

Barbara Auer berichtet aus der aktiv-Redaktion Stuttgart vor allem über die Metall- und Elektro-Industrie Baden-Württembergs – auch gerne mal mit der Videokamera. Nach dem Studium der Sozialwissenschaft mit Schwerpunkt Volkswirtschaftslehre volontierte sie beim „Münchner Merkur“. Wenn Barbara nicht für aktiv im Einsatz ist, streift sie am liebsten durch Wiesen und Wälder – und fotografiert und filmt dabei, von der Blume bis zur Landschaft.

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