Köln. Er hat zwei kleine Söhne – und gehört einer Väter-Generation an, die sich im Gegensatz zu früher gern in die Familie einbringen möchte. Trotzdem macht Dominik Naumann (36) im Job einen entspannten Eindruck. Möglich macht das ein Arbeitgeber, der seinen Mitarbeitern viel Freiräume gibt. „Wenn es mal brennt“, sagt der Vertriebsmitarbeiter der Metall- und Elektro-Firma Schniewindt im südwestfälischen Neuenrade, „zeigt sich der Betrieb ganz flexibel.“

Klaas, sein Kleinster, habe häufig mit den Bronchien zu tun: „Da muss ich mit ihm öfter zum Arzt und kann dafür mal freinehmen. Das ist wichtig, denn auch meine Frau ist berufstätig.“ Und freitags könne er schon um zwölf aus der Firma, um Klaas von der Tagesmutter abzuholen. „Familienfreundlichkeit ist bei uns gelebte Unternehmenskultur“, betont Naumann.

Betriebe wie Schniewindt haben die Zeichen der Zeit erkannt. Angesichts des Fachkräftemangels lassen sich die Unternehmen einiges einfallen, um junge Mitarbeiter zu rekrutieren. Oder ihre Leute an Bord zu halten.

Gesundheitscheck in der Firma – wie praktisch!

Ob flexible Arbeitszeiten, Homeoffice, Elternzeit oder Betriebskita: Bislang wurden familienfreundliche Angebote in aller Regel von Frauen genutzt. Doch das ändert sich gravierend: Immer mehr Männer wollen miterleben, wie die Kinder aufwachsen.

„Junge Väter sind heute eher geneigt, den Arbeitgeber zu wechseln, wenn es mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht klappt“, warnt David Juncke, Mitautor einer neuen Väterstudie der Beratungsfirma Prognos, im aktiv-Interview. Firmen, die das nicht auf dem Zettel haben, werden im Ringen um Personal den Kürzeren ziehen.

Mal eben zum Gesundheitscheck, ohne Rumsitzen im Wartezimmer? Das Unternehmen Risse + Wilke in Iserlohn konnte seinen Mitarbeitern diesen Service kürzlich bieten. Zwei Gesundheitstage mit dem vollen Vorsorgeprogramm direkt im Betrieb: Großes Blutbild, Organultraschall, Herz-Stress-Analyse, gesunde Snacks – die Termine waren ausgebucht.

120 von 350 Mitarbeitern hätten teilgenommen, zieht Sina Schäfer, Sekretärin des Betriebsrats bei dem Stahlproduzenten in Iserlohn, Bilanz: „Auch viele Männer waren dabei. Normalerweise gehen die ja nicht gern zum Arzt“, weiß Schäfer, eine der Organisatoren der Gesundheitstage, die auch 2023 stattfinden werden.

Die kamen auch bei Sergio Herrero Jimenez (41) gut an. Der Industriemechaniker unterzieht sich jedes Mal einem Rückencheck. „Außerdem möchte ich immer gern ein großes Blutbild“, sagt er. Die Checks im Betrieb seien praktisch:„Normalerweise muss mich meine Frau schon zum Arzt schicken, wenn es bei mir irgendwo zwickt.“ Und jetzt können die Mitarbeiter über ihren Arbeitgeber auch günstig E-Bikes leasen – und so was für Umwelt und Fitness tun: „Ein tolles Angebot“, findet Sergio Herrero Jimenez.

Betriebseigene Mucki-Bude wird rege genutzt

Auch beim Unternehmen Schmidt + Clemens im rheinischen Lindlar hat man die Gesundheit im Blick. Die Muckibude des Weltmarktführers bei Rohrsystemen für die Petrochemie wird rege genutzt. Etwa von Louis Leimbach (19), angehender Elektroniker für Betriebstechnik. Der Azubi trainiert dreimal die Woche jeweils anderthalb Stunden an den Kraftmaschinen. „Nach der Arbeit einfach hochgehen, umziehen, los geht’s. Das Angebot ist einfach top“, sagt Leimbach. Ohne dieses kostenlose Angebot müsste er fünf Kilometer zum nächsten Studio fahren. Auch sein Vater, Ausbildungsleiter im Unternehmen, nutze das Angebot gern.

Im Drahtwerk Elisental in Neuenrade steht den Beschäftigten ebenfalls ein Fitnessstudio zur Verfügung. Das kann – genauso wie das Fahrradleasing oder die regelmäßige Gesundheitsvorsorge – auch von Partnern und Kindern genutzt werden. Die ganze Familie profitiert. Und geht es den Eltern gut, haben alle was davon – den Arbeitgeber eingeschlossen. Gesunde und zufriedene Mitarbeiter sind motivierter.

Ein Beispiel ist Torsten Schneider (45), in der Firma Leiter Business Development. „Der Vater von zwei Kindern arbeitet öfter mal im Homeoffice: „Eine feine Sache, die uns viel Flexibilität bietet und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf vereinfacht, was letztlich zu weniger Ausfallzeiten der Beschäftigten führt.“ Über Videomeetings tauscht sich Schneider mit Kollegen und Kunden aus: „Früher fuhr ich 40.000 bis 50.000 Kilometer im Jahr, jetzt komme ich auf die Hälfte.“

Zur Kita sind es nur ein paar Schritte

Angelika Schulte, Chefin von KB Schmiedtechnik in Hagen, hat vor zehn Jahren mit der Eröffnung einer Kindertagesstätte und einer Physiotherapiepraxis auf dem Betriebsgelände Maßstäbe gesetzt. Die kurzen Wege zur Kita, die Plätze für die „Firmenkinder“ vorhält, und zahlreiche Gesundheitsangebote sind ein echter Pluspunkt.

Nun kann nicht jedes Unternehmen eine Kita gründen. Die Beispiele aus der Metall- und Elektro-Industrie zeigen aber dennoch, wie tief das Thema Familienfreundlichkeit schon in vielen Firmen verankert ist – und dass diese zunehmend auch auf die Wünsche der Väter eingehen. Wie bei Dominik Naumann, den entspannten Vater zwei kleiner Söhne.

Hildegard Goor-Schotten
Autorin

Die studierte Politikwissenschaftlerin und Journalistin ist für aktiv vor allem im Märkischen Kreis, Hagen und dem Ennepe-Ruhr-Kreis unterwegs und berichtet von da aus den Betrieben und über deren Mitarbeiter. Nach Studium und Volontariat hat sie außerdem bei verschiedenen Tageszeitungen gearbeitet und ist seit vielen Jahren als freie Journalistin in der Region bestens vernetzt. Privat ackert und entspannt sie am liebsten in ihrem großen Garten

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