Köln. Der „demografische Wandel“ war schon seit Langem angekündigt. Nun ist er da. Während die Zahl der deutschen Rentner in den nächsten Jahren massiv wachsen wird, dürfte die Zahl der erwerbsfähigen Menschen im Lande sinken.

Um den Fachkräftemangel abzumildern und damit auch die sozialen Sicherungssysteme vor schmerzhaften Einschnitten zu bewahren, raten Experten zu mehr Zuwanderung. Doch zuletzt gingen die Zahlen kontinuierlich zurück, auch im Corona-Jahr 2020.

Andere Möglichkeiten sind ziemlich ausgeschöpft

Wie dringend das Thema ist, zeigt eine aktuelle Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Demnach dürfte ohne Migration schon bis 2024 das Arbeitskräftepotenzial (erwerbsfähige Personen im Alter von 20 bis 64 Jahren) in nahezu allen Regionen Deutschlands sinken. „Eine Stabilisierung des Arbeitskräftepotenzials erscheint ohne Zuwanderung kaum möglich“, schreiben die Autoren der Studie.

Inländisches Potenzial besser auszuschöpfen, geht nur noch begrenzt. So lag etwa die Erwerbstätigenquote in Deutschland im vergangenen Jahr schon bei 80,1 Prozent. Laut Statistikbehörde Eurostat ist das die nach Schweden zweithöchste Quote in der EU! Die Erwerbsbeteiligung von Frauen liegt mit 76,9 Prozent kaum noch hinter der von Männern mit 83,2 Prozent. Da ist also nicht mehr viel Luft nach oben. „Die Steigerung der Erwerbstätigenquoten breiter Bevölkerungsteile in den vergangenen drei Jahrzehnten hat die Auswirkungen des demografischen Wandels auf den Arbeitsmarkt bisher stark verringert“, schreiben die IW-Experten. „Dieser Effekt wird in Zukunft in deutlich geringerem Maße zum Tragen kommen.“

Es gilt also, qualifizierte Menschen aus aller Welt zu uns zu lotsen. Daher gilt seit 2020 das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz, das vor allem den Zuzug von Nicht-Akademikern erleichtern soll. An sich eine gute Sache, so Wido Geis-Thöne, Migrationsexperte im IW. Aber: Die Verfahrensabläufe seien noch nicht optimal – insbesondere, wenn es um die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse geht.

Dass 2020 die Zuwanderung insbesondere aus nichteuropäischen Staaten erneut zurückging, macht Geis-Thöne an Corona fest: „Arbeitgeber waren verunsichert, Konsulate hatten geschlossen, Flugverbindungen wurden gestrichen.“

Deutschland könne es mittelfristig aber gelingen, wieder mehr Zuwanderer ins Land zu locken, schätzt er: „Wir sind wirtschaftsstark und daher attraktiv – und wir haben weltweit ein gutes Image.“

Michael Stark
aktiv-Redakteur

Michael Stark schreibt aus der Münchner aktiv-Redaktion vor allem über Betriebe und Themen der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie. Darüber hinaus beschäftigt sich der Volkswirt immer wieder mit wirtschafts- und sozialpolitischen Fragen. Das journalistische Handwerk lernte der gebürtige Hesse als Volontär bei der Mediengruppe Münchner Merkur/tz. An Wochenenden trifft man den Wahl-Landshuter regelmäßig im Eisstadion.

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