Ein Haus und das Grundstück, auf dem es steht, sind eine Einheit, sodass Immobilienbesitzer auch die Eigentümer von beidem sind. Das ist der Normalfall. „Beim Erbbaurecht ist aber genau das nicht so“, erklärt Matthias Nagel, Geschäftsführer des Deutschen Erbbaurechtsverbands in Berlin: „Hier sind Grundstückseigentümer und Hauseigentümer verschiedene Personen. Der Grundstückseigentümer gewährt dem Hauseigentümer dabei gegen Zahlung des Erbbauzinses das Recht, auf dem Grundstück zu bauen.“

Der Erbbaurechtgeber behält die Verfügungsgewalt

Für den Erbbaurechtgeber hat das wesentliche Vorteile. Das Grundstück wird genutzt und er bekommt dafür die Erträge. Gleichzeitig behält er die Verfügungsgewalt über das Grundstück, falls eines Tages eine andere Nutzung vorteilhafter ist. Zu den größten Anbietern solcher Grundstücke zählen Kirchen und Kommunen. Gerade Letztere vergeben aktuell verstärkt Erbbaurechte – auch Erbpacht genannt – zu Wohnzwecken, statt die Grundstücke zu veräußern, beobachtet Nagel. Aber auch Privatleute können anderen für ihr Land ein Erbbaurecht einräumen, wenn sie ein Grundstück nicht selbst nutzen, aber auch nicht komplett aus der Hand geben wollen.

Erbbaurecht: Für Bauherren eine günstige Alternative zum Grundstückskauf

Wenn Bauherren oder Eigenheimkäufer das Grundstück nicht kaufen müssen, sondern praktisch „mieten“, kann das den Finanzbedarf fürs eigene Traumhaus ganz erheblich reduzieren und so die Liquidität schonen. Denn statt des Kaufpreises fürs Grundstück zahlen sie lediglich den Erbbauzins, das allerdings dauerhaft.

Wie hoch dieser konkret ist, hängt vom örtlichen Bodenwert und vom Erbbaurechtgeber ab. „Kirchen nehmen oft 4 Prozent jährlich des Bodenrichtwerts, während andere Erbbaurechtgeber, darunter auch Kommunen, sich häufig schon mit rund 2 bis 3 Prozent zufriedengeben“, erklärt Experte Nagel. In der Regel bewegt sich der Erbbauzins in einer Spannweite von 2 bis 6 Prozent, wie eine Studie von Jones Lang LaSalle (JLL) aus dem Jahr 2020 ergab.

Rechenbeispiel: Wie hoch ist der Erbbauzins?

Für ein 400 Quadratmeter großes Grundstück mit einem Bodenrichtwert von 200 Euro je Quadratmeter nimmt der Erbbaurechtgeber einen Erbbauzins von 2 Prozent: Demnach wären 400 Quadratmeter mal 200 Euro mal 2 Prozent gleich 1.600 Euro pro Jahr Erbbauzins für das Erbbaurecht des Grundstücks zu zahlen. Zum Vergleich: Der Kauf des Geländes schlüge dagegen mit 80.000 Euro zu Buche. 

Der Zinssatz kann von Zeit zu Zeit angepasst werden, wenn es vertraglich so vereinbart wurde, allerdings nicht beliebig oft: Gesetzlich ist nur erlaubt, dass bei einer Wohnnutzung maximal alle drei Jahre eine Anpassung erfolgen kann. „Der Maßstab für deren Höhe ist in vielen Erbbaurechtsverträgen die vom Statistischen Bundesamt ermittelte Inflationsrate“, so Nagel. Aber auch hier wird unter Umständen gedeckelt: Steigt die Inflationsrate deutlich stärker als die Löhne – so wie derzeit –, darf die Steigerung des Verbraucherpreisindex nicht im vollen Umfang weitergegeben werden.

Das Recht kann an Erben weitergegeben werden

Die Verträge für ein Erbbaurecht gelten im Schnitt für 85 Jahre bei einer Neuvergabe; kommunale Erbbaurechtgeber bieten in der Regel Laufzeiten von 60 bis 75 Jahren an, bei Kirchen sind es oft sogar 99 Jahre. Wie es der Name verrät, kann das Erbbaurecht während dieser langen Laufzeit an die Hinterbliebenen weitervererbt werden.

Der Verkauf ist ebenfalls möglich, wenn man früher aus dem Vertrag aussteigen will: „Dies geht genauso wie bei anderen Objekten auch“, erläutert Nagel. Oft gibt es hier aber Zustimmungsvorbehalte, das heißt, der Erbbaurechtgeber muss über den geplanten Eigentümerwechsel informiert werden und diesem zustimmen. Er hat aber in der Praxis nur wenige Möglichkeiten, sich gegen einen potenziellen Käufer auszusprechen, weiß der Experte. Dieser tritt dann statt des Verkäufers in den Vertrag ein und übernimmt ihn mit allen Konditionen sowie der noch übrigen Restlaufzeit. Eine Möglichkeit zur regulären Kündigung des Erbbaurechtsvertrags haben beide Parteien dagegen nicht.

Was passiert am Ende der Laufzeit

Endet der Vertrag und soll nicht verlängert werden, dann muss der Erbbaurechtgeber den Erbbaurechtnehmer finanziell für das Gebäude entschädigen, sagt Experte Nagel: „Üblich sind hier zwei Drittel bis zu 100 Prozent des Gebäudewerts.“ Wie hoch die Summe konkret ist, steht im Vertrag.

Um nicht von dessen Auslaufen überrascht zu werden, sollten sich die Vertragspartner schon frühzeitig über eine Verlängerung verständigen, empfiehlt Nagel: „Das kann auch schon 20 bis 30 Jahre im Voraus sein. Einen Anspruch auf Verlängerung gibt es aber nicht, wenn eine der Parteien den Vertrag nicht weiterführen möchte.“

Kosten beim Abschluss eines Erbbaurechts

Wer sich für eine Immobilie mit Erbbaurecht interessiert, findet entsprechende Angebote etwa in den üblichen Immobilienbörsen im Internet. Beim Kauf eines Erbbaurechts fallen wie bei anderen Käufen die üblichen Nebenkosten an, also die Grunderwerbsteuer, eventuell Maklerkosten sowie die Gebühren für den Notar, der den Kauf beurkunden muss: „Das Erbbaurecht wird in einem speziellen Erbbau-Grundbuchblatt beim Amtsgericht eingetragen, der Grundstückseigentümer steht zusätzlich weiterhin auch im regulären Grundbuch“, erklärt Nagel.

Ein Erbbaurecht kann ein Darlehen teurer machen

Muss für die Finanzierung des Erbbaurechts ein Darlehen aufgenommen werden, ist dies ebenfalls möglich. Hierfür müssen allerdings meist etwas höhere Zinsen als sonst üblich gezahlt werden, da das Bankdarlehen bei einer eventuellen Zwangsversteigerung im Regelfall erst nach den Zinsansprüchen des Erbbaurechtgebers bedient werden würde. „Für die Eintragung einer Grundschuld ist in der Regel außerdem die Zustimmung es Erbbaurechtgebers nötig.“

Wird es konkret, empfiehlt Nagel Interessenten nicht nur, den Erbbaurechtsvertrag genau zu prüfen. So können im Vertrag etwa Zustimmungsvorbehalte für Umbauten sowie Einschränkungen für die finanziellen Belastungen durch Darlehen geregelt sein. Auf jeden Fall sollte man sich auch rechtzeitig vor dem Kauf mit dem Erbbaurechtgeber persönlich in Verbindung setzen, um zum Beispiel mögliche Restriktionen abzuklären, die eine große Renovierung des Objekts schwieriger machen oder sogar verhindern könnten.

Ganz besonders sollten die Käufer auch auf die Restlaufzeit des Vertrags achten, denn bei der Verlängerung könnten sich die Konditionen ändern – hier sollte die Kalkulation gegebenenfalls noch etwas finanziellen Spielraum bieten, wenn der Vertrag nicht mehr lange läuft und bei einer Verlängerung teurer werden könnte.

Waltraud Pochert
Autorin

Waltraud Pochert hat bei aktiv vor allem Verbraucherthemen aus dem Bereich der privaten Finanzen sowie Recht und Steuern im Blick. Nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre in Köln startete sie ihre berufliche Laufbahn bei einem großen Wirtschaftsmagazin, bevor sie als freie Journalistin tätig wurde. In ihrer Freizeit ist sie gern sportlich unterwegs, vor allem mit dem Fahrrad.

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