Köln/Solingen. „Außergewöhnlich“ der Service, die Qualität „zu 100 Prozent garantiert“ – das verheißt die chinesische Ningbo ACME Industrial Automation ihren Kunden. Tatsächlich außergewöhnlich ist der von dieser Firma verübte Ideenklau, das Produkt offensichtlich zu 100 Prozent abgekupfert …

… und für diese dreiste Fälschung eines Schrägsitzventils aus Deutschland gab es nun den 1. Platz beim Schmäh-Preis „Plagiarius“. Der wird jedes Jahr vergeben, er soll immer wieder klarmachen, dass der Diebstahl geistigen Eigentums kein Kavaliersdelikt ist!

Wer Plagiate erwirbt, bringt sich damit oft ganz persönlich in Gefahr

Bei den Originalherstellern führt Produktpiraterie zu Umsatzeinbußen, womöglich gar zum Verlust von Arbeitsplätzen. Die Betriebe sehen sich zudem unberechtigten Haftungsrisiken ausgesetzt. Und sie erleiden unfaire Reputationseinbußen – die gerade in Zeiten von Social Media gravierend sein können, wie der Verein Aktion Plagiarius betont.

Für die Verbraucher wiederum können Plagiate sogar lebensgefährlich sein, Produkte mit mangelhafter Elektronik zum Beispiel. Oder nachgebaute Felgen, die unter Belastung bald zerbechen. Auch Pseudo-Sonnenbrillen mit mangelhaftem UV-Schutz können die Käufer böse schädigen, ebenso gepanschte Medikamente, Fake-Parfüms, die Allergien auslösen – und so fort.

4,5 Prozent des Umsatzes – so viel kostet Produktpiraterie die deutschen Maschinenbauer!

Im deutschen Maschinen- und Anlagenbau sind sieben von zehn Unternehmen vom Produktklau betroffen, ihr durchschnittlicher Schaden: 4,5 Prozent vom Umsatz. Das zeigt eine Studie des Branchenverbands VDMA. „Verstärkt werden Imitationen des äußeren Erscheinungsbildes oder ganzer Marken zum Problem“, heißt es da, „um über optische Nachahmung am guten Image eines Unternehmens teilzuhaben.“

Vom Zoll beschlagnahmte gefälschte Markenartikel kommen sehr oft aus China

Besonders häufig sitzen die Fälscher in China. Von dort kommt mehr als die Hälfte aller vom deutschen Zoll beschlagnahmten gefälschten Markenartikel (nimmt man Hongkong dazu, erhöht sich die Quote auf fast zwei Drittel). Und da geht es eben nicht nur um Klamotten oder andere Waren für private Käufer: „Der Maschinen- und Fahrzeugbau sowie die Elektro-Industrie sehen China als mit großem Abstand relevantestes Ursprungsland für Schutzrechtsverletzungen“, betont Oliver Koppel vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln.

„Es gibt zwar auch ein ärgerlich hohes Maß von deutschen Nachahmern“, so der Ökonom, „hier sind unsere Behörden gefordert. Das relevante Ausmaß von Produkt- und Markenpiraterie findet aber jenseits der Grenzen statt.“ Und dieses Ausmaß ist erheblich. Auf Basis einer IW-Unternehmensumfrage hat Koppel hochgerechnet, welcher Schaden unserer Volkswirtschaft durch Plagiate entsteht: mehr als 50 Milliarden Euro – pro Jahr!

Wie können sich Betriebe noch besser schützen? „Gegen ,Reverse Engineering‘, das ist die simple Methode aufschrauben – angucken – nachbauen, gibt es inzwischen schon sehr raffinierte Maßnahmen“, erklärt Koppel, „Platinen zum Beispiel, die sich gegebenenfalls selbst zerstören.“ Die Kennzeichnung von Originalteilen etwa durch im Inneren versteckte Funkchips helfe beim Aufdecken von Fälschungen. Extrem wichtig sei der Schutz der Steuerungssoftware – wie natürlich der IT generell (hier gibt es zehn praktische Tipps zum Schutz vor Cyber-Gangstern, die auch im Privatleben sehr nützlich sind).

Plagiarius-Museum in Solingen zeigt Produktfälschungen aus aller Welt

Viele Plagiate werden per Internet vertrieben, so Koppel weiter. Der Gesetzgeber sollte den Verkaufsplattformen daher sogenannte Markenschutzprogramme vorschreiben. Höhere Strafen für Produktpiraten seien ebenfalls wünschenswert.

Deutschland kann außerdem politischen Druck machen, China wird sich aber nicht groß drängen lassen“, meint der Ökonom. Immerhin: „Das chinesische Patentsystem wird immer besser.“ Denn China setze vermehrt auf eigene Forschung – ein wichtiger Anreiz dafür sei aber gerade der bessere Schutz intellektueller Eigentumsrechte.

Vorerst dürften aber noch viele weitere Schmäh-Preise an Firmen aus dem Reich der Mitte gehen...

Besonders dreiste Fälschungen aus aller Welt kann übrigens jeder bestaunen: im Plagiarius-Museum in Solingen.