Lüneburg. Gefühlvoll drückt Peter Ziems die 180 rotierenden Diamantscheiben in den Naturkautschuk. Er fühlt und hört, ob der Druck passt. Wenn die Zähne eines „Hercules Sägemann“ in einem Abstand von 0,3 Millimetern gefräst werden, ist Gefühl gefragt.

Seit 41 Jahren arbeitet der Facharbeiter bei der New-York Hamburger Gummi-Waaren Compagnie in Lüneburg. Hier fertigt das Traditionsunternehmen unter dem Namen Hercules Sägemann Kämme aus Naturkautschuk. Liest man auf einem tiefschwarz glänzenden Kamm den goldenen Schriftzug Hercules Sägemann, dann hält man garantiert einen der edlen Ebonit-Kämme in der Hand.

Seit 1856 stellt das Unternehmen Meisterstücke der Frisierkunst her – früher in Hamburg, heute in Lüneburg. Der Kamm gilt seit Jahrhunderten als Symbol der Schönheit und als Meisterstück der Frisierkunst. „Er gewinnt wieder an Bedeutung, wie vielleicht in den 60er und 70er Jahren“, sagt Vorstand Bernd Menzel.

Die Rezeptur entwickelt sich ständig weiter

Vor allem für Friseure ist der Hercules Sägemann das wichtigste Werkzeug, mit dem sie den gesamten Arbeitstag verbringen. „Es entsteht eine Beziehung zu unserer Marke für ein ganzes Berufsleben“, so Menzel.

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Um das zu erreichen, muss ein Kamm besonders sorgfältig bearbeitet sein. „Er darf nicht ziepen, das Haar nicht kaputtmachen, und umgekehrt muss er sehr gut in der Hand liegen. Er darf also keine scharfen Kanten haben.“

Nicht zu vergleichen mit der massenhaften Billigkonkurrenz aus Asien. 35 vorwiegend manuelle Arbeitsschritte sind erforderlich, vom klebrigen gelbgrünen Naturkautschuk mit verschiedenen Komponenten bis zum glänzenden schwarzen Werkzeug zur Körperpflege. Zwar entwickelt sich die Rezeptur ständig weiter. An der traditionellen Herstellung hat sich in den vergangenen Jahrzehnten allerdings wenig verändert.

Das Markenzeichen ist aus echtem Blattgold

Bei New-York Hamburger wird zum Teil noch mit Pressen gearbeitet, die 130 Jahre alt sind. „So eine Presse drückt mit 600 Tonnen, um den Rohling eines Kamms entstehen zu lassen“, so Menzel.

Als einer der letzten Arbeitsschritte folgt das Markenzeichen aus echtem Blattgold. „Das steht für unsere außergewöhnliche Qualität“, so der Vorstand. Bis zu 7.000 Stück produziert das Unternehmen pro Tag, handgesägt, handgeschliffen, von Hand poliert – Tendenz steigend.

Diese traditionelle Handwerkskunst verträgt sich übrigens gut mit dem Umweltschutz. Die genutzten Folien werden zu fast 100 Prozent recycelt und die Frässtäube gesammelt und wiederverwendet. Daraus entstehen Mundstücke für Klarinetten – auch das sind Produkte der New-York Hamburger.

    Das Traditionsunternehmen

    Die New-York Hamburger Gummi-Waaren ist auch ein Zulieferer für Industrie-Komponenten.

    • 100 verschiedene Kämme kommen aus Lüneburg.
    • 150 Mitarbeiter sind an drei Standorten beschäftigt.
    • 30.000 Quadratmeter umfasst das Firmengelände.
    Werner Fricke
    Autor

    Werner Fricke kennt die niedersächsische Metall- und Elektro-Industrie aus dem Effeff. Denn nach seiner Tätigkeit als Journalist in Hannover wechselte er als Leiter der Geschäftsstelle zum Arbeitgeberverband NiedersachsenMetall. So schreibt er für aktiv über norddeutsche Betriebe und deren Mitarbeiter. Als Fan von Hannover 96 erlebt er in seiner Freizeit Höhen und Tiefen.

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