Anklam. Die erste Ernte von Pusteblumen ist eingefahren. Begehrt sind sie, weil die Wurzeln des Russischen Löwenzahns einen höheren Kautschukgehalt als viele andere Pflanzen haben. Den will der Hersteller Continental in ein paar Jahren im Industrie-Maßstab in der Reifenproduktion einsetzen.

Die letzten Hürden auf dem Weg dahin soll ein nagelneues Forschungszentrum in Anklam (Mecklenburg-Vorpommern) beseitigen, wo Landwirte letztes Jahr wieder Felder mit Pusteblumen anbauten. 35 Millionen Euro investiert der Konzern dort, ein Drittel schießt das Land zu. Bisherige Versuche zeigen, dass sich der Löwenzahn-Kautschuk bestens für Pneus eignet. Conti hat bereits Musterreifen aus dem nachwachsenden Rohstoff gefertigt.

In Mecklenburg-Vorpommern wird auf 30 Hektar Fläche angebaut

Das Ziel jetzt: Herausfinden, unter welchen Bedingungen der Russische Löwenzahn am besten gedeiht, wann er konstant viel Rohstoff liefert und wie man diesen am effektivsten aus der Wurzel gewinnt. „Eine spannende Aufgabe“, erklärt Carsten Venz. Der Chemiker leitet das neue Labor, das „Taraxagum Lab“, mit seinen 5 Mitarbeitern. Mittelfristig sollen es 20 sein. Schon zum Herbst sucht Venz erfahrene Laboranten.

„Der Löwenzahn soll als Alternative zum Kautschukbaum in den fernen Tropen dienen, um unseren Bedarf auf nachhaltige und verlässliche Weise zu ergänzen“, erklärt der Forscher. Zum Beispiel wird der Anbau hierzulande lange Transportwege ersparen. Das summiert sich: 10 bis 30 Prozent Naturkautschuk stecken in Pkw-Reifen, in einem Lkw-Reifen sogar noch mehr.

Wegen des heißen Sommers fiel die Ernte geringer aus

Dafür wird nun auf circa 30 Hektar Fläche der Löwenzahn angebaut. „Durch das heiße und trockene Sommerwetter im letzten Jahr ist die Ernte geringer ausgefallen als gedacht“, berichtet Venz. „Aber wir haben daraus eine Menge für die optimale Kultivierung der Pflanze gelernt.“

Zudem wollen die Forscher herausfinden, wie sie auch das letzte Tröpfchen Kautschuk aus den Wurzeln holen können. Bisher werden die in einem Wasserbad zerquetscht, der Kautschuk mit einem thermomechanischen Verfahren gelöst und anschließend getrocknet.

Anbau lohnt ab einer Tonne Kautschuk pro Hektar

Die aktuelle Maschine dafür sei schon besser als ihre Vorgängerin. „Wir arbeiten daran, noch besser zu werden“, sagt Laborleiter Venz. Mehr will er zur Technik nicht verraten. Etliche Wettbewerber tüfteln an ähnlichen Projekten. „Der Anbau lohnt, wenn pro Hektar eine Tonne Kautschuk gewonnen wird“, weiß Venz. Dafür müssen auch die Maschinen der Landwirte besser werden. Noch fahren sie mit dem Kartoffelroder aufs Feld.

Werner Fricke
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Werner Fricke kennt die niedersächsische Metall- und Elektro-Industrie aus dem Effeff. Denn nach seiner Tätigkeit als Journalist in Hannover wechselte er als Leiter der Geschäftsstelle zum Arbeitgeberverband NiedersachsenMetall. So schreibt er für aktiv über norddeutsche Betriebe und deren Mitarbeiter. Als Fan von Hannover 96 erlebt er in seiner Freizeit Höhen und Tiefen.

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