Aßlar. Pfeiffer Vacuum in Aßlar ist mit rund 4.000 Beschäftigten einer der weltweit führenden Anbieter von Vakuum- und Lecksuch-Lösungen. aktiv sprach mit der Vorstandsvorsitzenden Dr. Britta Giesen über aktuelle Herausforderungen für das börsennotierte Unternehmen.

Frau Giesen, was müsste Frau tun, um wie Sie Vorstandsvorsitzende eines international tätigen Unternehmens zu werden?

Sie sollte sich für Naturwissenschaften und Technik begeistern, eine gute Ausbildung anstreben und sich auch ein dickes Fell zulegen. Denn Frauen müssen genau wie Männer um ihr Weiterkommen kämpfen. Ich wurde 1966 geboren. Damals konnte ein Mann den Arbeitsvertrag seiner Frau ohne deren Wissen kündigen. Seitdem hat sich viel geändert, aber wir Frauen könnten schon viel weiter sein.

Was tun Sie denn bei Pfeiffer Vacuum, um aus dem Rollenmodell herauszukommen?

Frauen haben in unserer Branche leider noch nicht die gleichen Chancen wie Männer, aber sie drängen auch weniger zielsicher nach oben. Weiter kommt, wer was kann, sich engagiert und auch sagt, dass er weiterkommen möchte. Oft sind Frauen da zurückhaltender als Männer. Also halten wir die Augen auf und sprechen gezielt auch Frauen an, wenn wir Potenzial erkennen. Und wir geben Vorbilder. Ein Drittel unseres Managementteams und des Aufsichtsrats sind Frauen. Wir haben in vielen Bereichen weibliche Führungskräfte. Um schon Mädchen und Jungen für Naturwissenschaften und Technik zu begeistern, fördern wir Aktionen wie das Plus-MINT-Programm des Vereins zur MINT-Talentförderung, und wir halten Talenten Türen auf, nicht zuletzt durch die enge Kooperation mit Hochschulen.

Mehr zum Thema

Begeisterte Unternehmerin: Désirée Derin-Holzapfel vor einer Maschine, die Folien für Swimmingpools bedruckt.
Chefin-Interview mit Désirée Derin-Holzapfel

friedola 1888: Von der Folie bis zur Yogamatte

mehr

Was ist das Besondere an Pfeiffer Vacuum?

Es ist ein globales Hightech-Unternehmen, und wir sind als Anbieter von Lösungen zur Erzeugung von Vakuum in spannenden Branchen unterwegs. Vakuumtechnik wird für die Herstellung unzähliger Produkte unseres täglichen Lebens benötigt, von Halbleitern bis zur Beschichtung von Bauteilen für Fahrzeuge, Maschinen oder auch Brillengläsern. Wir beliefern ein Unternehmen, das Steuerungstechnik für Satelliten herstellt, und ermöglichen die Technologien der Zukunft – ob es um alternative Energiequellen, Elektromobilität oder medizinische Innovationen geht.

Wie stehen Sie zur Herausforderung Klimawandel?

Wir wollen bis 2030 mit unseren Aktivitäten weltweit klimaneutral sein, an allen unseren Standorten. Dafür arbeiten wir an einem komplexen Fahrplan und haben fünf Stellen geschaffen, die sich ausschließlich mit dem Erreichen der sogenannten ESG-Ziele beschäftigen. Wir investieren zum Beispiel in allen Werken: in Photovoltaik, E-Ladesäulen, Wärmerückgewinnung in der Produktion und mehr. Unabhängig davon liefern wir in Zukunftstechnologien, die helfen werden, den Klimawandel zu bewältigen. Deshalb sehen wir uns als Enabler, also als ein Unternehmen, das neue Technologien und Produkte erst möglich macht.

Sie investieren gerade mehr als 50 Millionen Euro an ihrem Firmensitz in Aßlar bei Wetzlar. Warum?

Die Investition ist Teil unserer Wachstums- und Nachhaltigkeitsstrategie. Wir wollen die Umsatzmarke von 1 Milliarde Euro für den Pfeiffer-Vacuum-Konzern knacken. Seit 2018 haben wir die Anzahl der produzierten Pumpen knapp verdoppelt, bis 2028 wollen wir sie verdreifacht haben. Dafür brauchen wir optimierte Prozesse in hochmodernen Gebäuden. Die Challenge ist, immer auf der Höhe der Zeit zu bleiben, wenn man die Position als Technologie- und Weltmarktführer behalten will.

Wenn Sie einen Wunsch frei hätten bei einer guten Fee …

… dann würde ich mir wünschen, dass die Menschheit ihre Verantwortung für das Klima erkennt und wirklich jeder danach handelt.

Zur Person

Britta Giesen engagiert sich: Fürs Unternehmen – und im Kampf gegen den Klimawandel.
Dr. Britta Giesen Vorstandsvorsitzende Pfeiffer Vacuum Bild: aktiv/Gerd Scheffler
  • Geboren 1966 in Essen, zwei Kinder.
  • Studium: Maschinenbau sowie Luft- und Raumfahrt-Technik, TU Darmstadt und Cornell University (USA)
  • 1994 Promotion in Operations Research an der TU Darmstadt.
  • Leitende Positionen in der Industrie, darunter KSB und ThyssenKrupp.
  • 2020 Einstieg bei Pfeiffer Vacuum als Mitglied des Vorstands, seit 2021 Vorstandsvorsitzende.
Maja Becker-Mohr
Autorin

Maja Becker-Mohr ist für aktiv in den Unternehmen der hessischen Metall-, Elektro- und IT-Industrie sowie der papier- und kunststoffverarbeitenden Industrie unterwegs. Die Diplom-Meteorologin entdeckte ihr Herz für Wirtschaftsthemen als Redakteurin bei den VDI-Nachrichten in Düsseldorf, was sich bei ihr als Kommunikationschefin beim Arbeitgeberverband Hessenchemie noch vertiefte. In der Freizeit streift sie am liebsten durch Wald, Feld und Flur.

Alle Beiträge der Autorin