Asbach-Bäumenheim. Corona hat vieles gelähmt, anderes dafür beschleunigt und sogar ein Stück leichter gemacht. Beispielsweise den Service von Maschinen- und Anlagenbauer Grenzebach in Schwaben. Statt am Telefon oder vor Ort betreut das Unternehmen seine Kunden weltweit jetzt digital. Das hätte in dem Familienbetrieb vor einem Jahr noch keiner wirklich geglaubt.

In Rekordzeit haben die Mitarbeiter ein Programm für den Support entwickelt. Serviceleiter Florian Nagler hat die Einführung der „Collaboration-App“ begleitet. Er musste dabei zum Glück nicht bei null anfangen. Das Unternehmen hatte vorgearbeitet. „Wir haben bereits vor Längerem begonnen, digital aus der Ferne mit dem Kunden zu interagieren“, so der Fachmann.

Die Verfügbarkeit von Experten für Einsätze vor Ort war bereits vor der Pandemie eine Herausforderung. „Im Lockdown haben wir uns schnell davon verabschiedet, dass solche Reisen weiter uneingeschränkt möglich sind.“ Stattdessen ergänzte man die App um einen Video-Call mit Live-Text. Maschinenteile lassen sich hervorheben, der Kunde sieht schnell, wo es fehlt, und bekommt vom Fachmann aus der Ferne gezielte Hinweise zur Lösung des Problems.

Fernwartung auch für automatische Lösungen in der Intralogoistik

Das gilt zum Beispiel für die autonomen Transportsysteme, die Grenzebach herstellt. Die selbstfahrenden Roboter automatisieren in vielen Unternehmen den innerbetrieblichen Warentransport. „Trat da eine Störung auf, rief der Kunde bisher unsere Hotline an“, so Nagler. Konnte das Problem nicht telefonisch gelöst werden, wurde ein Techniker losgeschickt. Die Fahrtzeit entfällt nun dank der App. So kann der Hersteller seine Service-Verpflichtungen einhalten, ohne dass Mitarbeiter reisen müssen.

Daten und Fehlermeldungen einer Anlage zu überblicken, ging mittels Fernwartung bisher schon gut. „Um jedoch zu sehen, was wirklich passiert ist, haben wir die Kunden oft zusätzlich um Fotos gebeten“, so Nagler. Die Bilder kamen meist per E-Mail, die Fehlerquelle war darauf aber nicht immer zu erkennen. Die App mit ihren Live-Hinweisen kriegt das schneller hin. „Wir können nun flexibler Experten dazuschalten“, so Nagler. „Sie müssen nur noch die Zeit für die digitale Beratung einplanen statt zusätzlicher An- und Abreisezeit.“

Mit etwas Hilfe vom lokalen Personal hat Grenzebach auf diese Weise sogar eine Inbetriebnahme einer großen Anlage in den USA sowie einen Fabrikstart in China durchgeführt – ohne Experten aus Deutschland einzufliegen.

Fehlerbehebung am Rechner statt Reise zum Kunden

Das digitale Tool hilft nicht zuletzt, Terminzusagen bei Großaufträgen im Anlagenbau einzuhalten, etwa in der Flachglas-Produktion. Schon lange im Voraus steht dort der Termin fest, an dem ein Schmelzofen angeheizt werden soll. Das lässt sich schwer verschieben.

Für die Monteure, die bislang im Blaumann mit ihrem Werkzeug rausgefahren sind, ist der Umschwung ins Digitale teilweise eine große Umstellung. Doch die Mitarbeiter wurden geschult. Sie geben ihre Anweisungen am PC – teils sogar mit Datenbrille.

Wird das fortan immer so sein? Serviceleiter Nagler glaubt nicht, dass der Support jemals komplett elektronisch ablaufen wird. „Viele wünschen sich auch künftig einen Besuch unserer Techniker“, sagt er. Dennoch: Digitale Tools werden wichtiger. „Wir sind damit flexibler. Das hilft in Krisenzeiten.“

Friederike Storz
aktiv-Redakteurin

Friederike Storz berichtet für aktiv aus München über Unternehmen der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie. Die ausgebildete Redakteurin hat nach dem Volontariat Wirtschaftsgeografie studiert und kam vom „Berliner Tagesspiegel“ und „Handelsblatt“ zu aktiv. Sie begeistert sich für Natur und Technik, Nachhaltigkeit sowie gesellschaftspolitische Themen. Privat liebt sie Veggie-Küche und Outdoor-Abenteuer in Bergstiefeln, Kletterschuhen oder auf Tourenski.

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