München. Raus aus dem Bett, rein in die Hose. Dann ein beherzter Griff an die kupferne Rutschstange – und ab geht’s, fast sechs Meter steil nach unten. „Ist schneller als Treppenlaufen“, sagt Thomas Riedmair, „und weniger gefährlich.“ Der 61-jährige Dachauer ist stellvertretender Wachhabender und Einsatzleiter bei der Werkfeuerwehr des Triebwerkherstellers MTU und MAN. Er macht den Job seit fast 30 Jahren, übergibt demnächst an seinen jüngeren Kollegen Jörg Leinfelder (32).

Ein 1,5 Millionen Quadratmeter großes Gelände hat die Feuerwehr im Blick

Ein 1,5 Millionen Quadratmeter großes Gelände hat die Werkfeuerwehr im Blick. MTU teilt sich die Feuerwache samt elf Mann Besatzung mit dem Nutzfahrzeughersteller MAN. Der Nachbar produziert schwere Lkws, Achsen und Getriebe. Wird die Wehr zu einem Einsatz „drüben“ gerufen, rauscht sie rasch durch das rote Schiebetor im Zaun. Das Team kennt sich aus, findet den Weg zwischen Hallen, Lagern, Bürogebäuden.

Innerhalb von vier Minuten erreichen die Feuerwehrleute jede Stelle. Die Männer müssen auf alles vorbereitet sein. In beiden Betrieben arbeiten insgesamt rund 11.000 Beschäftigte. „Das ist wie eine kleine Stadt“, so Riedmair, „da kann alles Mögliche passieren.“

Denn die Feuerwehr rückt nicht nur aus, wenn es brennt. Hydrauliklecks bei Gabelstaplern etwa kommen häufig vor. Dann gilt es, rasch das auslaufende Öl zu binden. Oder ein Wasserrohrbruch in einem der Gebäude: Die Helfer legen es trocken. Auch kleinere Brände an heiß gelaufenen Maschinen löschen sie schnell. „Da raucht es mehr, als dass es brennt.“ Wichtig ist deshalb der große Lüfter. Der bringt frische Luft in die Hallen, die Produktion kann weitergehen.

Die Ausrüstung passt zu den Bedürfnissen im Werk. Ein Universal-Hilfeleistungswagen, ein spezielles Umweltschutzmodul sowie ein Tanklöschfahrzeug stehen abfahrbereit in der großen Garage. Bis zu 3.000 Liter Löschwasser passen da in den Tank, mehr als üblich. Das hilft, die Zeit zu überbrücken, bis die Wasserversorgung per Hydranten aufgebaut ist. Häufig löscht die Wehr auch mit CO2, etwa wenn es in einem Schaltkasten brennt. „Da reicht es, die Sauerstoffzufuhr zu kappen“, so Riedmair. „Wasser richtet an der Elektrik zu viel Schaden an.“

Zwei Rettungswagen stehen für medizinische Notfälle bereit

Zusätzlich stehen zwei Rettungswagen für medizinische Notfälle bereit. Riedmair ist obendrein ausgebildeter Rettungsassistent. Wie auch sein Nachfolger Leinfelder. Beide haben schon viele Mitarbeiter betreut: „Vom eingeklemmten Finger bis zur Platzwunde oder Schlaganfall war alles dabei.“

Ein besonderes Auge hat die Feuerwehr auf kritische Stellen im Werk. Eine mögliche Gefahrenquelle sind die in der Produktion benötigten Chemikalien, etwa in der Galvanik. Vor mehr als 20 Jahren gab es da mal einen Brand, weil irrtümlich zwei stark miteinander reagierende Mittel zusammengekommen sind. „Das war an Weihnachten“, Riedmair erinnert sich genau. Bei dem Einsatz kam die Münchner Berufsfeuerwehr mit 100 Mann zu Hilfe. „Das war für uns alleine nicht zu bewältigen.“ Oft ist es jedoch umgekehrt. Die Werkfeuerwehr ist organisatorisch der Berufsfeuerwehr München unterstellt, bestreitet auch Einsätze für die Kollegen draußen. Weil sie nahe an der viel befahrenen A8 liegt, verarztet sie dort beispielsweise Verletzte nach Unfällen.

Drinnen im Werk leisten Riedmair und Kollegen einiges dafür, dass alles möglichst sicher ist. Zum Brandschutzkonzept gehört der flächendeckende Einsatz von Feuermeldern, zusätzlich sind Gasdetektoren installiert. In der Härterei, wo gasbetriebene Öfen laufen, sind besonders viele solcher Warngeräte eingebaut. Zudem schult die Werkfeuerwehr Beschäftigte beider Unternehmen in Sachen Arbeitsschutz.

Und auch das lässt sich nicht vermeiden: Fehlalarme! Jedes Mal rückt die Mannschaft trotzdem aus, springt in den Löschzug zur Naherkundung. „Lieber einmal mehr als einmal zu wenig“, so Riedmair, „man weiß ja nie.“

3 Fragen …

Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf?

Ich bin gelernter Funk-Elektroniker, war schon in der Jugend ehrenamtlich im Rettungsdienst und bei der freiwilligen Feuerwehr. Wie meine beiden Buben.

Was reizt Sie am meisten?

Man muss immer bereit sein, zu helfen. Und körperlich fit sein! Meine Kollegen und ich gehen zweimal pro Woche ins Fitnessstudio.

Worauf kommt es an?

Die verschiedenen Aufgaben und Einsätze bei der Werkfeuerwehr. Ich teile die Mannschaft ein, wickle die Einsätze ab und sorge dafür, dass der Laden läuft.

Brandschutz: Verbände beraten

Kooperation: Die bayerischen Metall- und Elektroarbeitgeberverbände bayme und vbm sowie der Werkfeuerwehrverband beraten gemeinsam in Brandschutzfragen, etwa bei Neuplanungen und Nutzungsänderungen. Besonders kleine und mittlere Mitgliedsunternehmen sind angesprochen. Eine erste kostenfreie Beratung ist jeweils montags von 13 bis 15 Uhr beim Werkfeuerwehrverband möglich.

Friederike Storz
aktiv-Redakteurin

Friederike Storz berichtet für aktiv aus München über Unternehmen der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie. Die ausgebildete Redakteurin hat nach dem Volontariat Wirtschaftsgeografie studiert und kam vom „Berliner Tagesspiegel“ und „Handelsblatt“ zu aktiv. Sie begeistert sich für Natur und Technik, Nachhaltigkeit sowie gesellschaftspolitische Themen. Privat liebt sie Veggie-Küche und Outdoor-Abenteuer in Bergstiefeln, Kletterschuhen oder auf Tourenski.

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