Besonders der Winter macht es Arbeitnehmern manchmal schwer, pünktlich am Arbeitsplatz zu sein. Wie das arbeitsrechtlich gewertet wird, hängt von den Umständen ab. Grundsätzlich gilt: Zur Pünktlichkeit ist jeder Mitarbeiter laut seinem Arbeitsvertrag verpflichtet, sagt die Kölner Juristin und Arbeitsrechtlerin Nathalie Oberthür.

Welche Regeln gelten grundsätzlich für Arbeitnehmer?

Angestellte müssen sich an vereinbarte Arbeitszeiten halten und pünktlich erscheinen. Das ist eine Pflicht, die sich aus dem Arbeitsvertrag ergibt. „Wer zu spät kommt, verstößt damit gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten“, erklärt Nathalie Oberthür. Das heißt, der Angestellte muss dafür sorgen, zur richtigen Zeit auf der Arbeit zu sein. Dazu gehört es zum Beispiel auch, einen ausreichend großen Puffer in den Arbeitsweg einbauen, um Staus oder Probleme mit Bus und Bahn ausgleichen zu können. Dies gilt ebenfalls, wenn im öffentlichen Personennahverkehr ein Streik angekündigt ist.

In welchen Fällen muss der Arbeitnehmer für seine Unpünktlichkeit geradestehen?

Zwar kann der Arbeitnehmer nicht immer unmittelbar selbst etwas für sein verspätetes Erscheinen am Arbeitsplatz, wie es etwa der Fall wäre, wenn er einfach verschläft. Doch auch wenn sein Zuspätkommen sich aus den äußeren Umständen ergibt, muss er es sich häufig zuschreiben lassen. Beispiel: Wenn aufgrund von winterlichen Straßenverhältnissen die Bahn ausfällt oder es auf der Autobahn nur im Schneckentempo vorwärtsgeht, kann er sich nicht damit entschuldigen.

Denn das betrifft nicht nur ihn, sondern zahlreiche weitere Menschen, die ebenfalls auf dem Weg zur Arbeit sind. „Vom Arbeitnehmer wird erwartet, dass er sich auf diese Situation einstellt und entsprechend eher auf den Weg macht, denn er trägt das sogenannte Wegerisiko“, sagt Anwältin Oberthür.

Wann ist ein Arbeitnehmer „schuldlos“ an einer Verspätung?

Anders sieht es hingegen aus, wenn er aus einem Anlass verspätet ist, der nur ihn selbst betrifft, also aus einem persönlichen Grund. Das wäre beispielsweise dann der Fall, wenn das Kind morgens krank ist und er erst mit ihm zum Arzt gehen oder eine Kinderbetreuung organisieren muss, bevor er kommen kann. Dann liegt sein Zuspätkommen in seiner Person begründet, so Oberthür, und gilt sozusagen als „unverschuldet“.

Für alle Anlässe des Verspätetseins gilt gleichermaßen: Wenn für den Mitarbeiter absehbar ist, dass er nicht pünktlich seinen Arbeitsplatz erreicht, sollte er im Unternehmen Bescheid geben – und nach Mitteln und Wegen suchen, die es ihm erlauben, so bald wie möglich dort aufzutauchen.

Muss der Mitarbeiter die durch die Verspätung entgangene Arbeitszeit nacharbeiten?

Nein, sagt Arbeitsrechtlerin Oberthür: „Der Arbeitgeber kann nicht verlangen, dass der Angestellte die Zeit hintendranhängt und länger bleibt.“ Je nach den persönlichen Lebensumständen wird das auch nicht möglich sein, zum Beispiel wenn der Mitarbeiter sein Kind aus der Kita abholen muss. In der Praxis kann aber oft zumindest da, wo es keine festen Arbeitszeiten gibt, die versäumte Zeit im Rahmen der Gleitzeit ausgeglichen werden.

Darf der Arbeitgeber das Gehalt wegen der Unpünktlichkeit kürzen?

Ja, das darf er, wenn der Mitarbeiter nicht aus einem persönlichen, sondern aus einem objektiven Grund wie Stau, ausgefallenem Zug oder Ähnlichem unpünktlich war. Oberthür: „Arbeitet der Angestellte aufgrund der Verspätung weniger als vereinbart, geht für diese Zeit der Vergütungsanspruch verloren.“ Hingegen bleibt der Anspruch auf Vergütung erhalten, „wenn der Mitarbeiter aus einem persönlichen Grund zu spät ist, wie eben einem Krankheitsfall in der Familie“.

Darf das Unternehmen Mitarbeiter, die zu spät kommen, abmahnen oder ihnen sogar die Kündigung aussprechen?

Wer mal ein paar Minuten später kommt, wird kaum abgemahnt werden, wer aber immer wieder Probleme mit der Pünktlichkeit hat, muss nicht nur mit Gehaltskürzungen rechnen. „In solchen Fällen kann der Arbeitgeber seinen Angestellten abmahnen und letztlich sogar verhaltensbedingt kündigen“, so Anwältin Oberthür. Grund: Ein solches Verhalten stört erheblich den ordentlichen Betriebsablauf und könnte womöglich Kollegen zur Nachahmung anstiften.

Waltraud Pochert
Autorin

Waltraud Pochert hat bei aktiv vor allem Verbraucherthemen aus dem Bereich der privaten Finanzen sowie Recht und Steuern im Blick. Nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre in Köln startete sie ihre berufliche Laufbahn bei einem großen Wirtschaftsmagazin, bevor sie als freie Journalistin tätig wurde. In ihrer Freizeit ist sie gern sportlich unterwegs, vor allem mit dem Fahrrad.

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