Er ist süß, er ist lecker – aber auch gesund? Nein, das ist Zucker nicht. Aber ist die süße Sünde tatsächlich so schädlich, wie viele meinen? Fakt ist: Wir nehmen täglich viel Zucker zu uns, etwa in Getränken und Süßigkeiten. Aber sind das die einzigen Zuckerquellen? Und sind die Alternativen wirklich gesünder?

Im Folgenden erfahren Sie wichtiges Expertenwissen rund um den Zucker:

Mythos 1: Die Deutschen konsumieren immer mehr Zucker

Stimmt so nicht. „Der Zuckerverbrauch in Deutschland ist seit einigen Jahrzehnten etwa konstant: er liegt bei circa 93 Gramm pro Tag. Allerdings verzehren wir heute mehr Zucker über verarbeitete Lebensmittel“, sagt Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. „Dieser Mehrkonsum wird aber ausgeglichen, da wir im Haushalt weniger Zucker verwenden.“

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt seit 2021, die Aufnahme an freiem Zucker in sämtlichen Lebensphasen auf unter 10 Energieprozent zu reduzieren. Das entspricht nicht mehr als 50 Gramm pro Tag oder circa zehn Teelöffeln Zucker für einen durchschnittlichen Erwachsenen. Das Problem ist allerdings: Dabei werden alle Zuckerarten mit eingerechnet, also auch jener Zucker, der natürlich in Honig, Sirup, Fruchtsaftkonzentraten und Fruchtsäften vorkommt. „Das ist sehr schwer einzuhalten: Schon mit einem großen Glas Orangensaft oder einem Smoothie hat man diese Menge um mehr als die Hälfte erreicht“, sagt Expertin Gahl.

Können wir also gar nichts gegen unseren Zuckerkonsum tun? Doch! „Man sollte darauf achten, den Zucker nicht unbewusst zu sich zu nehmen“, sagt die Expertin. „Den Konsum gesüßter Getränke in Maßen halten, das Gleiche gilt auch für Fertigprodukte, die oft versteckten Zucker enthalten. Generell gilt: Besser unverarbeitete Lebensmittel konsumieren und Speisen nicht noch extra nachsüßen – dann ist man schon auf einem ganz guten Weg.“

Mythos 2: Der Mensch muss Zucker essen

Nein. „Es stimmt, dass Traubenzucker tatsächlich die Hauptenergiequelle für unser Gehirn ist. Aber: Der Körper eines Menschen kann diesen Zucker selber herstellen“, sagt Gahl. Von außen Zucker zuzuführen ist somit nicht notwendig. Nur wenn dem Körper zu wenig Kohlenhydrate oder Nahrung insgesamt zur Verfügung gestellt werden, geht die Zuckerproduktion im Körper zulasten der Muskulatur. 

Mythos 3: Alle Zuckerarten haben die gleiche Wirkung

Stimmt nicht. „Traubenzucker, Fruchtzucker oder Haushaltszucker unterscheiden sich alleine schon durch ihre chemische Struktur und in der Art, wie sie von unserem Körper verstoffwechselt werden“, erklärt die Expertin. Traubenzucker wird zum Beispiel sehr schnell aufgenommen und den Organen zugeführt. Fruchtzucker schmeckt süßer, geht schnell in die Leber und kann dort eher eine Fettleber begünstigen. Außerdem kann ein Zuviel an Fruchtzucker Darmprobleme verursachen. Haushaltszucker wird im Körper zu jeweils einem Molekül Traubenzucker und einem Molekül Fruchtzucker aufgespalten.

Und noch etwas erklärt die Expertin: Sogenannte Isomaltulose wird mithilfe von Enzymen aus Rübenzucker gewonnen und im Gegensatz zu Haushaltszucker zum Großteil erst im unteren Dünndarmbereich aufgespalten. „Das lässt den Blutzuckerspiegel weniger stark ansteigen, dadurch ist Isomaltulose für die Regulation des Zuckerstoffwechsels besser geeignet als Haushaltszucker, schmeckt aber weniger süß, sodass man unter Umständen mehr verwendet als von den anderen Zuckerarten.“ 

Mythos 4: Zuckerhaltige Lebensmittel kann ich beim ersten Blick auf die Verpackung erkennen

Falsch! Nur ein genauer Blick auf die Inhaltsstoffe und die Kenntnis der verschiedenen Zuckervarianten können einem wirklich Aufschluss darüber geben, wie viel Zucker tatsächlich in einem Produkt steckt. Steht Zucker eher am Ende der Zutatenliste, gehen Verbraucher wohlmöglich davon aus, dass das Produkt zuckerarm ist, das ist aber nicht unbedingt so.

Es gibt aber auch versteckte Süßmacher: Insgesamt 70 verschiedene Begriffe in Lebensmitteln können auf Zucker oder zuckerhaltige Inhaltsstoffe hinweisen. Zum Beispiel: Zutaten, die auf -ose enden – wie Glucose, Laktose oder Maltose. Es handelt sich dabei um Fachbegriffe von Traubenzucker, Milchzucker und Malzzucker. Zutaten mit der Bezeichnung Sirup – wie Glukose- oder Fructosesirup – deuten ebenfalls auf Zuckerhaltiges hin.

Auch (Malto-)Dextrin, Magermilchpulver, Gerstenmalzextrakt, Dicksaft, Fruchtextrakt oder -püree, Molkenerzeugnis oder -pulver, Rübenkraut und getrocknete Früchte enthalten Zucker und werden gern als Süßungsmittel eingesetzt. Und auch bei herzhaften Produkten wie Fleischsalat oder Soßenbinder lohnt ein Blick ins Zutatenverzeichnis. Auch hier wird oft Süße verwendet.

Mythos 5: Zucker muss auf den Lebensmittelverpackungen angegeben werden

Das stimmt. In der Zutatenliste müssen Hersteller tatsächlich angeben, was im Produkt enthalten ist, sortiert nach der jeweiligen Menge, immer in absteigender Reihenfolge. Verwendet man also in einem Produkt verschiedene Zucker, können die einzelnen Zucker in geringerer Menge auf die Zutatenliste und tauchen erst weiter hinten auf. Heißt: Man müsste die einzelnen Zuckerzutaten addieren, um auf den gesamten Zuckergehalt zu kommen.

In den Nährwertangaben (seit 2016 Pflicht) muss ein Hinweis auf den enthaltenen Zucker pro 100 Gramm oder 100 Milliliter stehen. „Zu diesem Zuckergehalt werden alle Einfach- und Doppelzucker gerechnet. Darunter fallen sämtliche Zuckerarten, Sirupe, Milch- und Molkenpulver sowie Honig.“ Diese Angabe gibt Verbrauchern zumindest einen Anhaltspunkt, wie viel Zucker wirklich in einem Produkt steckt. Und: Freiwillig können Hersteller den sogenannten Nutri-Score seit Herbst 2020 nutzen, der zeigt die Nährwerte eines Produktes mit einem farblichen Ampelsystem an.

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Mythos 6: Brauner Zucker ist gesünder als weißer Zucker

Falsch! „Er schmeckt durchaus aromatischer, weil bei der Herstellung Melassereste im braunen Zucker verbleiben, aber das ist auch schon alles“, sagt Gahl. „Das sorgt für diesen malzigen Geschmack, den manche Menschen eben bevorzugen. Er enthält auch Mineralstoffe, aber nur in so geringen Maßen, dass es keine positiven Auswirkungen auf unseren Körper hat. Ob nun brauner Zucker oder weißer, ist also reine Geschmackssache.“ 

Mythos 7: Honig ist gesünder als Zucker

Auch das stimmt nicht! „Vom Zuckergehalt her macht es keinen Unterschied, ob Sie zum Beispiel einen Tee mit Zucker oder mit Honig süßen“, sagt die Expertin. „Auch das ist eher eine Geschmacksfrage. Honig ist nicht gesünder als Zucker. Weil Honig klebrig ist, kann er sogar für die Zähne schlechter sein und die Bildung von Kariesbakterien fördern, weil er länger an den Zähnen haftet.“

Mythos 8: Zucker verursacht Karies

Stimmt bedingt. „Zucker ernährt tatsächlich Bakterien im Mund, die vermehrt Säure produzieren. Und diese Säure kann zur Bildung von Karies führen. „Je häufiger und je länger die Zähne in Kontakt mit Zucker kommen, desto größer die Gefahr“, sagt die Ernährungsexpertin. „Wer aber auf gute Mundhygiene achtet, kann der Kariesbildung entgegenwirken.“ Allein vom Zuckergenuss kommt Karies also nicht. Wer aber viel Zucker konsumiert, muss noch besser auf seine Zahnhygiene achten. 

Mythos 9: Frauen konsumieren mehr puren Zucker als Männer

Bisweilen gelten Frauen ja als Naschkatzen. Aber verputzen sie am Tag mehr puren, zusätzlich dem Körper zugeführten Zucker als Männer – beispielsweise durch gesüßten Kaffee oder Tee? Nein! Die Naschkater verzehren sogar mehr: nämlich 78 Gramm Zucker pro Tag, die Frauen liegen bei 61 Gramm pro Tag.

Mythos 10: Obst enthält Zucker, Gemüse nicht

Stimmt nicht. „Auch in Gemüse steckt Zucker, aber deutlich weniger als in Obst“, sagt Gahl. „In 100 Gramm Kohlrabi sind beispielsweise 4 Gramm Zucker enthalten, in 100 Gramm grüner Paprika 3 Gramm und in roter Paprika sogar 6 Gramm.“ Zum Vergleich: Äpfel enthalten 10,3 Gramm, Papayas nur 0,3 und Weintrauben satte 16 Gramm Zucker auf 100 Gramm. 

Und Vorsicht: Auch in anderen Produkten steckt Zucker, in Joghurt beispielsweise Milchzucker. Und Kohlenhydrate aus Brot und Kartoffeln werden im Körper zu Zucker umgewandelt.

Mythos 11: Zucker macht dick

Es ist nicht der Zucker alleine, sondern die hohe Energiezufuhr bei gleichzeitig wenig Bewegung. „Dick wird man von einer insgesamt zu hohen Kalorienzufuhr, sprich Überernährung“, sagt Gahl. „Die überschüssige Energie, die der Körper nicht benötigt, speichert er eben in Form von Fett ab. Studien zeigen, dass bei einer Ernährung mit begrenzter Zuckerzufuhr die Gesamtenergiezufuhr reduziert ist – und das eine Gewichtsabnahme begünstigt.“

Vor allem gesüßte Getränke und Säfte machen hier den Unterschied. Mit ihnen konsumieren wir schnell und leicht große Mengen an Zucker. Wenn wir die Energie nicht in Bewegung umsetzen, werden wird schneller dick, was letztlich das Herz-Kreislauf-System belastet und uns so krank machen kann. 

Mythos 12: Zucker verursacht die Zuckerkrankheit

Zucker ist nicht allein daran schuld, kann aber dazu beitragen, dass man die Stoffwechselerkrankung bekommt, da Übergewicht ein relevanter Faktor für Diabetes mellitus Typ-2 ist.

Zucker kann zu schnellem Übergewicht führen, ist aber kein direkter Risikofaktor. Die Dosis macht’s. Und die durch den Zucker zugeführte Energie muss eben auch verbrannt werden.

Marie Schäfers
Autorin

Marie Schäfers hat ihren Studienabschluss in Geschichte und Journalistik an der Universität Gießen gemacht. Sie volontierte bei der „Westfälischen Rundschau“ in Dortmund und ist Leitende Redakteurin der Zeitung Sonntag-EXPRESS in Köln. Für aktiv beschäftigt sie sich als freie Autorin mit den Themen Verbraucher, Geld und Job.

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