Die IG Metall wittert Gefahr. „Unter dem Deckmäntelchen der Digitalisierung“, vermutet die Vizechefin der Gewerkschaft, versuchten die Arbeitgeber „alle lang gehegten Deregulierungswünsche durchzuboxen“. Die Beschäftigten aber wollten „ein Wörtchen mitreden und nicht alles vom Arbeitgeber diktiert bekommen“.

Einmal davon abgesehen, dass das mit dem „Durchboxen“ und „Diktieren“ noch nie so richtig geklappt hat, fragt man sich, worauf diese Meinung beruht. Das renommierte Emnid-Institut hat für uns die Beschäftigten direkt gefragt. Ergebnis: Für fast drei Viertel der Beschäftigten in der M+E-Industrie ist ihre Arbeitszeit gut planbar. Kurzfristige Änderungen sind selten und werden größtenteils im Einvernehmen mit dem Arbeitnehmer geklärt.

Nur einer von zehn Beschäftigten muss nach Feierabend erreichbar sein. Von diesen wird ein nur ganz geringer Teil mehr als einmal pro Monat kontaktiert – übrigens öfter von Kollegen als vom Chef. Und die Mehrheit der Betroffenen empfindet das auch nicht als Belastung.

Eine ergänzende Befragung durch das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) belegt aus Sicht der Betriebe auch einigen Reformbedarf. Die Presse machte daraus teilweise irreführende Überschriften: „Mehr als zehn Stunden arbeiten am Tag“, so hieß es, fordere die Wirtschaft. Es geht jedoch nicht um mehr Arbeit, sondern um mehr Flexibilität – natürlich in den Grenzen, die allen EU-Ländern vorgegeben sind: Wenn an einem Tag das Zehn-Stunden-Limit überschritten wird, ist dies an einem anderen Tag auszugleichen.

Und so wie ein Mitarbeiter kurz die Arbeit unterbrechen kann, um auf einen dringenden privaten Anruf zu antworten, sollte er auch am Feierabend noch eine dienstliche Mail beantworten dürfen, ohne dass die gesetzliche Ruhezeit von elf Stunden neu einsetzt.

Diese Flexibilität nutzt den Arbeitnehmern, die sich um Kind und Kita kümmern möchten; und sie nutzt den Arbeitgebern, die immer schneller auf die Wünsche ihrer Kunden reagieren müssen. Ohne zufriedene Kunden gibt es weder starke Unternehmen noch zufriedene Mitarbeiter. Daran sollten all jene denken, die jetzt über Arbeitszeiten diskutieren.