„Zeit für mehr Solidarität“ – so lautet das vom DGB ausgegebene Motto der diesjährigen Kundgebungen zum 1. Mai. Das gefällt mir, denn der „Tag der Arbeit“ ist immer ein guter Anlass, um sich den Wert der Solidarität vor Augen zu führen.

Ich meine nicht nur die vom DGB zitierte abstrakte Solidarität „zwischen Einheimischen und Flüchtlingen, Schwachen und Starken“. Ich meine ganz konkret die Solidarität zwischen den Betrieben und Belegschaften in unserer Branche, der Metall- und Elektro-Industrie (M+E).

Auch hier müssen beide Seiten – Arbeitgeber und Arbeitnehmer – zusammenstehen. Sie müssen sich unterhaken, um in immer unruhigeren Zeiten die starke Position der Betriebe auf den Weltmärkten zu halten. Sie müssen Vorsorge treffen, damit der Industriestandort Norddeutschland nicht an Bedeutung und Beschäftigung verliert.

Die Gefahr, dass es so weit kommt, ist real, wie die Vorabzahlen der halbjährlichen Konjunkturumfrage von Nordmetall belegen: Gut ein Drittel unserer Mitgliedsunternehmen beurteilt die aktuelle Geschäftslage als unbefriedigend oder schlecht und erwartet im kommenden halben Jahr auch keine Besserung. Vier von zehn Firmen klagen über weniger Aufträge, jeder vierte Betrieb befürchtet sogar, die Mitarbeiterzahl nicht halten zu können.

Wir müssen alles daran setzen, den Verlust von Arbeitsplätzen, Aufträgen und Weltmarktanteilen zu verhindern. Ein wichtiger Beitrag dazu ist ein maßvoller Anstieg der Arbeitskosten. Dem haben die M+E-Arbeitgeber im Norden mit einem verantwortungsvollen Tarifangebot Rechnung getragen. Es geht sogar über die gewerkschaftlichen Kriterien Inflation und Produktivitätsfortschritt hinaus und beschert den Beschäftigten ein ordentliches Reallohnplus.

Wer ein solches Angebot als „Provokation“ abtut, Verhandlungen darüber verweigert und mit Warnstreiks und Arbeitskampf droht, treibt einen Keil zwischen Betriebe und Belegschaften.

Dabei wäre gerade jetzt die Solidarität, der Schulterschluss wichtiger denn je. Sonst brauchen wir uns das Mai-Motto des DGB „Viel erreicht und noch viel vor“ nicht mehr auf unsere Fahnen zu schreiben. Dann sind bald alle Erfolge verspielt.