Breuberg/Odenwald. Wo sein Berichtsheft von der Ausbildung damals abgeblieben ist, weiß Ottmar Beck bis heute nicht. Als Kaufmannslehrling hat er es sauber geführt, stets alles genau eingetragen. Doch als er es für die Anmeldung zur Abschlussprüfung vorlegen sollte, war es weg. Bis heute ist „es nie wieder aufgetaucht“, erzählt er.

Das sei schon ein großer Schreck gewesen damals. Dennoch wurde Beck zur Prüfung zugelassen, bestand und unterschrieb bei Veith-Pirelli, heute Pirelli Deutschland, einen Arbeitsvertrag.

Angefangen hat er dort als Jugendlicher 1968, vor genau 50 Jahren. Deshalb wurde der rüstige Senior kürzlich vom Reifenhersteller geehrt, zusammen mit 49 Kollegen, die schon 25 und 40 Jahre beim größten Arbeitgeber im Odenwald beschäftigt sind. Das passierte bei der „Anniversary Night“, der Jubilarnacht von Pirelli, auf einer Event-Location bei Pirelli.

Die Feuertaufe bestand er schon als Lehrling

„Mit Ihren Leistungen haben Sie sich um das Unternehmen sehr verdient gemacht“, lobte Michael Wendt, Vorsitzender der Geschäftsführung von Pirelli Deutschland, die Jubilare. „Ihre Loyalität und der damit verbundene Einsatz sind herausragend.“ Anschließend wurden Aperitifs gereicht und feines Essen aufgetischt. Eine Band spielte, ein Feuerkünstler spuckte Flammen, fröhliche Gesprächsrunden bildeten sich. „Pirelli halt“, kommentiert Jubilar Beck trocken. Dabei schwingt eine Menge Stolz auf den Arbeitgeber mit.

50 Jahre in einer Firma – wird das nicht irgendwann langweilig? „Keineswegs, ich habe heute noch genauso viel Spaß wie anfangs“, kontert Beck. Personell ist er dem Finanzbereich zugeordnet, sein Metier ist aber der Vertrieb. Der 65-Jährige speichert die Konditionen der Reifenhändler und veranlasst die Erstellung von Bonusgutschriften. Die Feuertaufe bestand er schon als Lehrling. Als im Vertrieb der Fahrradreifen alle Kollegen ausfielen, schmiss er den Laden einen Monat allein.

Ständige Veränderung hält Freude am Job wach

„Du bist ständig mit Leuten im Gespräch, musst dich auf sie einstellen, ein Gespür für sie entwickeln. Und du hast große finanzielle Verantwortung“, beschreibt er, was ihm an der Arbeit Spaß macht. Unterdessen kamen und gingen die Abrechnungssysteme: Karteikarten, Tischrechner, Lochkarten, Computer, Software.

Die ständige Veränderung „hält den Kopf fit und die Freude am Job wach“, sagt Beck. Er habe stets Glück mit Kollegen und Vorgesetzten gehabt. Und: „Ich kann nix anderes als Büro“, sagt er grinsend. „Wenn ich einen Hammer bloß angucke, fließt schon Blut.“

Trotz Rente arbeitet er noch ein paar Wochen

Ein wenig traurig ist der Jubilar an seinem Festtag dennoch. Seine Frau starb vor acht Jahren. „Das hat mich fast aus der Bahn geworfen“, bekennt der heimatverbundene Odenwälder. Aufgefangen haben ihn die Kollegen. Und das Sorgen um die drei Kinder.

Zwar wartet bereits die Rente, doch Beck hängt ein paar Wochen dran. Er wird gebraucht. Danach hofft er auf mehr Zeit für den Fußball. Seit der B-Jugend spielt er schon, mittlerweile bei den alten Herren.

„In der Truppe machen wir öfters Ausflüge“, berichtet Beck, der im Verein nur „Jacky“ genannt wird. Zum Brüllen komisch sind seine Erlebnisberichte auf der Web-Seite des SC Hassenroth. Wer weiß, vielleicht bahnt sich hier für Jacky eine weitere Karriere an.

Persönlich

Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf?

Ich wollte eine Büroarbeit. Pirelli war gleich um die Ecke, das Unternehmen hatte einen prima Ruf. Schon als Lehrling habe ich im Vertrieb „Blut geleckt“.

Was reizt Sie am meisten?

Die große finanzielle Verantwortung, der Umgang mit unterschiedlichsten Menschen, die Arbeit im Team.

Worauf kommt es an?

Auf Freude an der Arbeit. Letztlich verbringt man genauso viel Zeit im Job wie mit der Familie. Beides klappt nur mit Liebe.