Recklinghausen. Die Luft flimmert vor Hitze: Eine 180 Millimeter dicke Stahlplatte wird ordentlich aufgeheizt. Daraus biegen und schweißen die Männer bei Eisenbau Krämer (EBK) Rohre für die Fundamente von Offshore-Plattformen. „Es werden mehr als 20 solcher Rohre installiert, um die Ölplattform in 100 Meter Tiefe zu verankern“, erklärt Vertriebsmanager Wolfgang Schlemper: „Darauf lastet ein enormer Druck.“

Eisenbau Krämer ist Spezialist für längsnahtgeschweißte Rohre

Das Familienunternehmen EBK mit 400 Beschäftigten und Sitz in Kreuztal (Siegerland) ist Spezialist für längsnahtgeschweißte Stahlrohre. Der Standort Recklinghausen macht die ganz großen: Hier entstehen Tragelemente für Stadien, Brücken, Windparks, Hafenanlagen und vieles mehr.

Auch der Maschinenbau braucht die dicken Dinger, zum Beispiel als Zylinder, Walzen und Trommeln. Schlemper führt zu der riesigen Bohrmaschine, die einen Trockenzylinder bearbeitet. „Der wird in einer Papierfabrik die Feuchtigkeit aus dem Zellulosebrei herauspressen“, sagt der Vertriebsleiter für die Sparte Maschinenbau.

Als gelernter Zerspanungsmechaniker kennt Schlemper die Technik aus dem Effeff. Seinen Beruf lernte er bei einem Walzenhersteller im Siegerland, wo schon sein Vater und sein Großvater gearbeitet haben. „Als Siegerländer geht man automatisch in Richtung Stahl und Industrie“, sagt er.

In Siegen ließ sich Schlemper dann zum Techniker weiterbilden, machte sein Fachabitur auf der Abendschule, setzte noch eine Qualifizierung zum Datenbank-Informatiker drauf und erwarb zusätzlich den Ausbilderschein. Seit zehn Jahren arbeitet er nun bei EBK und hat den Wechsel aus der Produktion zum Vertrieb nie bereut: „Mir gefällt der Umgang mit Menschen, die Verbindung zwischen Technik und Verkauf.“

Für das exportorientierte Familienunternehmen erschließt Wolfgang Schlemper neue Märkte

Für den exportorientierten mittelständischen Rohrproduzenten erschließt Schlemper neue Märkte. „Bisher verkaufen wir vornehmlich nach Europa, jetzt haben wir auch Kunden in Kanada und Brasilien“: Gerade steht eine Online-Konferenz mit dem lateinamerikanischen Land an.

Immer wieder Neues wagen: Schlemper ist ein Beispiel dafür, dass man mit dieser Einstellung vorankommt. Er liebt extreme Herausforderungen, im Beruf wie in der Freizeit. Als Ausgleich zu seinem Job fährt der Manager Rad – nicht bloß ein paar Runden nach Feierabend. Sondern 1.000 Kilometer pro Monat.

Angefangen hat das Sportprogramm vor drei Jahren: Nachdem ein Arzt dem schmerzgeplagten Patienten eröffnet hatte, dass seine Knie nach 25 Jahren Fußball und viel sitzender Tätigkeit kaputt seien. Kaum 50 Jahre alt und schon künstliche Kniegelenke? Das kam für Schlemper nicht infrage.

Der zweite Orthopäde empfahl Radfahren, um die Knie zu stärken. Und dann kam der Zufall ins Spiel: Ein guter Kumpel hatte eine Karte frei für den Öztaler Rad-Marathon, eines der härtesten Wettrennen für Amateure in den Alpen. Fast 240 Kilometer und 5.500 Höhenmeter, an nur einem Tag!

Jede Woche 250 Kilometer auf dem Rennrad – und das bei jedem Wetter

Schlemper hatte nur fünf Monate Zeit zur Vorbereitung und verordnete sich selbst ein rigoroses Trainingsprogramm: jede Woche 250 Kilometer auf dem Rennrad, bei jedem Wetter. „Das braucht eine straffe Organisation und viel guten Willen seitens der Familie“, sagt er. Doch Frau und Sohn haben ihn immer unterstützt. Bei dem einen Rad-Marathon ist es nicht geblieben.

Die Knieschmerzen ist er inzwischen los: „Der Sport hilft mir, die körperliche Fitness zu halten, aber auch den Stress vom Beruf nicht ins Privatleben mitzunehmen.“ In der Firma findet Schlemper Gleichgesinnte unter den jüngeren Kollegen. „Wir haben hier einige Sportler, die sich zum Crossfit treffen und gemeinsam auf Veranstaltungen gehen“, erzählt er. Und ist überzeugt: „Durch Sport lassen sich die Leute anstecken. Das hält die Energie beruflich wie privat im Fluss.“

Persönlich

Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf?

Es war mir wichtig, einen technischen Beruf gelernt zu haben, bevor es in die schulische Weiterbildung ging. Es musste aber etwas mit Technik und mit Stahl zu tun haben.

Worauf kommt es an?

Auf technisches Verständnis und gute Kommunikation, Empathie und Wertschätzung Kunden und Kollegen gegenüber.

Was reizt Sie am meisten?

Der Umgang mit Technikern, das typische Machen. Es wird heutzutage oft leider sehr lange diskutiert, um ja nicht zu handeln.

Matilda Jordanova-Duda
Autorin

Matilda Jordanova-Duda schreibt für aktiv Betriebsreportagen und Mitarbeiterporträts. Ihre Lieblingsthemen sind Innovationen und die Energiewende. Sie hat Journalismus studiert und arbeitet als freie Autorin für mehrere Print- und Online-Medien, war auch schon beim Radio. Privat findet man sie beim Lesen, Stricken oder Heilkräuter-Sammeln.

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