Wirtschaftssenator Frank Horch war der Stolz anzusehen, als er gemeinsam mit Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz und Brigitte Zypries, Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium, den Neubau einweihte. „Um dieses Aushängeschild für den Luftfahrtstandort werden uns Wettbewerber in aller Welt beneiden“, sagte er.

Schließlich gilt das soeben fertiggestellte Zentrum für Angewandte Luftfahrtforschung (ZAL) im Hamburger Stadtteil Finkenwerder unter Experten als weltweit modernste Forschungseinrichtung für die zivile Luftfahrt.

Das Zentrum wurde nach sieben Jahren Planungs- und Bauzeit Anfang 2016 an die Mieter übergeben. Es bietet rund 600 Arbeitsplätze auf einer Nutzfläche von 26.000 Quadratmetern, was sechs Fußballfeldern entspricht. Die Einrichtung befindet sich in unmittelbarer Nähe des Hamburger Airbus-Werks am Ufer der Elbe und hat rund 100 Millionen Euro gekostet.

Die Konzept ist bestechend einfach: Man will möglichst viel Branchenkompetenz unter einem Dach bündeln und eine Schnittstelle zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und der Stadt Hamburg schaffen. Ziel ist es, innovative Produkte und Konzepte schneller und günstiger zur Einsatzreife in der internationalen Luftfahrt zu bringen.

Airbus, Lufthansa und Diehl sind mit an Bord

ZAL-Geschäftsführer Roland Gerhards: „Diese Form von wissenschaftlich-technischer Zusammenarbeit nutzt die kurzen Wege und den schnellen Austausch und kann so die Integration und Validation von Luftfahrttechnologien optimal fördern.“

Finanziert wird die Einrichtung über die Mietzahlungen der Gesellschafter. Airbus, Lufthansa Technik und die Stadt Hamburg sind mit einem Anteil von jeweils 20 Prozent die größten von insgesamt neun Gesellschaftern des ZAL.

Diese Anteilseigner sind zugleich die wichtigsten Arbeitgeber im ZAL. Dort forschen künftig Spezialisten von Airbus, Lufthansa Technik, Diehl Aerospace und der TU Hamburg-Harburg auf einem Campus gemeinsam mit Experten von Zulieferbetrieben, Hochschulen und Institutionen wie dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrtforschung (DLR).

Das neue Zentrum startet seinen Betrieb zunächst mit sechs Schwerpunkten. Dazu zählen ein Forschungslabor für die Nutzung von Wasserstoff in der Luftfahrt, neue Konzepte für die Gestaltung von Flugzeugkabinen, Stromversorgungs- und Klimaanlagensysteme, Automatisierung und Produktion, 3-D-Simulation und Akustik. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse sollen zum Teil auch in anderen Wirtschaftsbereichen Einsatz finden, beispielsweise in der Auto- und Computerspiel-Branche.

Akustikhalle ist europaweit einzigartig

Vor allem das neue Akustik-Testfeld wurde mit Spannung erwartet. Es soll dabei helfen, innovative Schallminderungskonzepte und verbesserte Simulations-, Mess- und Entwicklungsmethoden zu erforschen und anwendungsnahe Gesamtkonzepte zu entwickeln.

Das Besondere der europaweit einzigartigen Akustikhalle ist ein großes Flugzeugrumpf-Modell, das sich mit beweglichen Lautsprechern beschallen lässt. Dadurch kann das Schallverhalten eines Original-Rumpfs im Detail simuliert werden. Die Entwickler sparen damit viel Zeit und Geld, denn bislang musste man die erforderlichen Testreihen meist im fliegenden Flugzeug absolvieren.

Das ZAL wurde nicht ohne Grund in Hamburg gebaut. Die Hansestadt ist mittlerweile der drittgrößte Standort der internationalen Luftfahrt-Industrie – nach Seattle (USA) und Toulouse (Frankreich). Rund 40.000 Beschäftigte zählt die Branche im Großraum Hamburg.

Wichtigster Arbeitgeber in diesem Segment ist der Flugzeugbauer Airbus, der allein in Hamburg-Finkenwerder rund 16.000 Menschen beschäftigt. Weitere 2.000 Mitarbeiter gibt es im Nachbarwerk Stade, das in den vergangenen Jahren zum Airbus-Zentrum für die Verarbeitung von Kohlefaserverbundwerkstoffen ausgebaut wurde.

25 Kilometer südlich liegt in Buxtehude der kleinste Airbus-Standort Deutschlands. Die 350 Mitarbeiter des Werks entwickeln und produzieren unter anderem Kabinenkommunikations- und Passagier-Systeme. Auch sie werden von den neuen Forschungsmöglichkeiten im ZAL profitieren.

Clemens von Frentz
Leiter aktiv-Redaktion Nord

Der gebürtige Westfale ist seit über 35 Jahren im Medienbereich tätig. Er studierte Geschichte und Holzwirtschaft und volontierte nach dem Diplom bei der „Hamburger Morgenpost“. Danach arbeitete er unter anderem bei n-tv und „manager magazin online“. Vor dem Wechsel zu aktiv leitete er die Redaktion des Fachmagazins „Druck & Medien“. Wenn er nicht für das Magazin „aktiv im Norden“ in den fünf norddeutschen Bundesländern unterwegs ist, trainiert er für seinen dritten New-York-Marathon.

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