Ostfildern. Sie ist unsichtbar, und man kann sie nicht greifen. Für viele ist Luft daher praktisch gleichbedeutend mit „nichts“. Von wegen! Wenn Jan Oellers vom Unternehmen Elektror von Luft spricht, gerät er ins Schwärmen. „Sie wird einfach überall in der Industrie gebraucht“, sagt er. „Etwa zum Kühlen von Schokolade und zum Trocknen von Gummibärchen!“ Auch überall, wo zum Beispiel etwas abgesaugt, belüftet oder aufgepustet werden muss, läuft ohne Luft gar nichts.

Das freut Oellers, denn er ist Mitglied der Geschäftsleitung von Elektror. Das Unternehmen entwickelt und produziert mit seinen 400 Mitarbeitern für all diese Prozesse die passenden Ventilatoren: um Luft in Bewegung zu setzen und als Produktionsfaktor zu nutzen.

Das Thema Energie-Effizienz war für den Mittelständler schon immer wichtig – denn für die Kunden zählen die laufenden Kosten. Doch der Hersteller will seine Produkte systematisch noch viel sparsamer machen und bekommt dafür jetzt Fördergelder von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt.

Diese Geräte sind millionenfach im Einsatz

Denn: Ventilatoren sind in der Industrie millionenfach im Einsatz, ob bei der Herstellung von Papier, der Aufbereitung von Abwasser, in Lüftungsanlagen oder als Komponenten vieler Maschinen. Deshalb schlummern hier in der Summe riesige Energiespar-Chancen weltweit. „Unsere Ventilatoren arbeiten bereits sehr effizient“, erklärt Oellers, „doch 5 bis 25 Prozent Einsparpotenzial bei bestimmten Ventilatortypen dürften noch drin sein.“

Nicht nur bei Elektror ist Energie-Effizienz ein Thema. Überall in der ganzen Bundesrepublik beschäftigen sich Industriebetriebe damit, wie sie ihre Produkte und Produktionsprozesse noch sparsamer und damit auch kostengünstiger gestalten können.

Mit Erfolg: Seit den 1990er Jahren ist die Energie-Produktivität der deutschen Wirtschaft massiv gestiegen. Pro eingesetzter Einheit Primärenergie (so nennt man Energieträger in ihrer natürlichen Form) konnten laut Umweltbundesamt im Jahr 2017 über 60 Prozent mehr erwirtschaftet werden als Anfang der 90er Jahre!

In der Industrie ist die Energie-Effizienz besonders stark gestiegen. Dafür sorgen Unternehmen wie Elektror: In der Forschungsabteilung des Unternehmens erklärt Stefan Recker, Teamleiter im Bereich Technologie-Entwicklung und Simulation, was hier mit der Fördersumme von rund 125.000 Euro aus der Deutschen Bundesstiftung Umwelt alles angestellt wird. „Wir wollen sämtliche Laufradtypen systematisch untersuchen und optimieren“, erklärt der Experte. Dazu werde zunächst ein spezieller Luft-Prüfstand aufgebaut.

Ingenieur Recker und sein Team beschäftigen sich im Grunde den ganzen Tag mit Luft: Sie untersuchen ihr Strömungsverhalten mithilfe von Simulationsmethoden. Sie berechnen den Widerstand, den sie erzeugt. Sie wissen, wie man im Inneren eines Ventilators Wirbel sichtbar macht – denn wo ein Wirbel ist, geht Energie verloren. Auf seinem Monitor sieht Recker zum Beispiel einen Ventilator im Querschnitt. Die Luftströme sind als Linien dargestellt, in verschiedenen Farben, je nach Geschwindigkeit. Um die Effizienz zu erhöhen, ändern die Ingenieure dann beispielsweise die Form der Laufradschaufeln und deren Anbindung. Für ihre Versuche nutzen die Luft-Experten übrigens auch 3-D-Drucker, um damit Modelle herzustellen.

Auch das Umfeld eines Ventilators wird optimiert

Etwa 65.000 Ventilatoren produziert Elektror pro Jahr in Waghäusel (Kreis Karlsruhe) und in einem Werk in Polen. Fast keiner gleicht dem anderen: Es gibt rund 8.000 Grundmodelle in 22.000 Variationen – „und wenn hier nicht das Passende für den Kunden dabei ist, wird ein neuer Ventilator entwickelt“, verdeutlicht Oellers aus der Geschäftsleitung. Manche Exemplare sind nur handtellergroß, andere messen mehrere Meter in der Höhe und bringen bis zu sieben Tonnen auf die Waage! Solche Giganten sind zum Beispiel in einer großen Mine in Südafrika im Einsatz oder in der Klimaanlage des Pariser Flughafens Orly.

Viele Kunden, egal ob aus dem Maschinenbau, der Klärwerkstechnik oder der Lebensmittel-Industrie, binden Elektror von Anfang an in die Entwicklung neuer Produktionsanlagen ein. Denn es gehe nicht nur darum, ob der Ventilator selbst sparsam sei, erklärt Oellers: „Es macht Sinn, auch das ganze Umfeld zu optimieren.“

Um ein Maximum an Energiee-Effizienz zu erzielen, müssten alle Komponenten einer Anlage eben wie in einem Orchester exakt aufeinander abgestimmt sein. „Wir bauen nicht einfach nur einen Ventilator“, so drückt es Oellers aus, „sondern bringen Intelligenz in den ganzen Produktionsprozess.“ Solche Anlagen werden bei Elektror erst einmal mit Modellen simuliert. „Wir berechnen mit spezieller Software zum Beispiel, wie schnell die Luft an welcher Stelle ist“, schildert Oellers.

Eine neue App hilft den Kunden

Elektror hat auch eine App entwickelt, mit der die Kunden einen Überblick über sämtliche lufttechnischen Kennzahlen in ihren Anlagen haben. Damit können sie zum Beispiel per Smartphone checken: Gibt es im Rohrsystem einen Druckverlust? Oder: Ist die Luftgeschwindigkeit optimal?

Für Elektror ist Energie-Effizienz ein entscheidender Pluspunkt im Wettbewerb. Oellers schildert: „Das Know-how in diesem Thema brauchen wir, um im harten globalen Wettbewerb nicht in der Masse unterzugehen.“

Barbara Auer
aktiv-Redakteurin

Barbara Auer berichtet aus der aktiv-Redaktion Stuttgart vor allem über die Metall- und Elektro-Industrie Baden-Württembergs – auch gerne mal mit der Videokamera. Nach dem Studium der Sozialwissenschaft mit Schwerpunkt Volkswirtschaftslehre volontierte sie beim „Münchner Merkur“. Wenn Barbara nicht für aktiv im Einsatz ist, streift sie am liebsten durch Wiesen und Wälder – und fotografiert und filmt dabei, von der Blume bis zur Landschaft.

Alle Beiträge der Autorin