Offenburg. 40 Jahre sind eine lange Zeit. Fast ein Arbeitsleben. Der dunkle Schopf ist grau geworden, doch die blauen Augen von Franz-Josef Litterst blitzen noch immer begeistert, wenn er von seiner Arbeit bei Hobart spricht. Mit 20 hat er in der Abteilung für Dampfgarer angefangen. Heute, mit 60, ist er noch immer beim Offenburger Küchengerätehersteller beschäftigt.

„Das Umfeld hat von Anfang an gestimmt – warum sollte ich dann gehen?“, sagt der hochgewachsene Badener. Litterst ist nicht der Einzige, der so denkt. Der „Quarter-Century-Club“ von Hobart zählt aktuell 263 Mitglieder, das heißt: Jeder vierte Hobart-Beschäftigte in Deutschland ist seit mindestens 25 Jahren in der Firma.

Langjährige Mitarbeiter werden mit einem extra Urlaubstag belohnt

Solche Betriebstreue zahlt sich aus – für beide Seiten. Die Mitarbeiter werden mit Treueprämien, Jubiläumsfeiern und einem extra Urlaubstag belohnt, das Unternehmen profitiert vom Erfahrungsschatz der Altgedienten.

Als Franz-Josef Litterst vor 40 Jahren zu Hobart kam, stand er nicht mehr ganz am Anfang: Nach der Hauptschule machte er eine Lehre als Elektromaschinenbauer. Als er dann nach dem damals noch üblichen Wehrdienst Arbeit suchte, las er eine Stellenanzeige von Hobart: Man suchte Mitarbeiter für die neue Dampfgarer-Produktion.

Hobart bot ihm Aufstiegschancen 

Bald baute der 20-Jährige diese Kochgeräte zur schonenden Speisenzubereitung komplett auf. Die Arbeit gefiel ihm, mit dem Chef und den Kollegen kam er gut klar. „Ich bin aber nie blauäugig in die Firma gegangen und habe gedacht: Ich bin sicher“, betont der bodenständige Offenburger.

Dass Leistung zählt, hatte er schon bald mitbekommen. Der Arbeitgeber bot ihm Aufstiegschancen, und Litterst nutzte sie. Nach einer Weiterbildung stieg er zum zweiten Mann bei den Untertisch-Spülmaschinen auf. Später wurde er Linienleiter bei den Haubenspülmaschinen und ist heute für 45 Mitarbeiter verantwortlich.

Von Offenburg aus gehen diese gewerblichen Geräte in alle Welt. Ob Bäckerei oder Kreuzfahrtschiff, überall heißt es: Waschkorb füllen, Haube senken – und minutenschnell ist ein Spülgang fertig.

In den 28 Jahren, die Franz-Josef Litterst diese Abteilung nun schon leitet, hat sich viel verändert. Mehr als viermal so viele Mitarbeiter sind es inzwischen, und die produzieren im Monat so viele Spülmaschinen wie früher in einem ganzen Jahr.

Die Logistik ist komplex. Seine Aufgaben, zu denen Auftragsplanung und Zeitwirtschaft gehören, nehmen den Linienleiter voll in Anspruch. Die letzte große Umstellung gab es vor einigen Jahren, als Arbeitsschritte wie das Punkten und Schweißen auf Roboterfertigung umgestellt wurden. Eine Herausforderung für den Linienleiter – so wie auch jedes neue Modell. 

Hobart forscht am „Spülen ohne Wasser“

Das Produkt wird ja ständig optimiert. Litterst greift sich einen Sprüharm und zeigt die trapezförmigen Düsen, die jeden Tropfen optimal verteilen: Pro Spülgang werden nur 1,4 Liter Wasser verbraucht. Im Offenburger Innovationszentrum arbeitet man sogar an der Vision vom „Spülen ohne Wasser“.

Litterst geht durch seine Abteilung, spricht kurz mit Mitarbeitern. „Sie müssen da elf Nationen in eine Richtung bringen“, sagt er lächelnd. Manche in seinem Team sprechen (noch) kein Deutsch. Litterst bedauert daher, nie richtig Englisch gelernt zu haben: „Je mehr Schnittstellen wir haben, desto mehr Herausforderungen.“

Sonst ist der 60-Jährige zufrieden. Noch nie habe er jemanden erlebt, der gerne von ihm weggegangen sei. Und wenn nach dem Urlaub Kollegen mit einem „Bist wieder da, freut mich“ auf ihn zukommen, spürt er einmal mehr, dass er am richtigen Platz ist.

So etwas sei ihm eben wichtig, sagt Franz-Josef Litterst – und fügt schmunzelnd hinzu: „Vielleicht liegt’s auch am Alter.“     

Persönlich

Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf?

Ich wollte etwas mit Elektrik oder Mechanik machen und habe mich dann für eine Lehre zum Elektromaschinenbauer entschieden: Die hat beides enthalten.

Was reizt Sie am meisten?

Wir haben viel Freiraum. Solange die Stückzahlen und die Qualität stimmen, redet mir keiner rein.

Worauf kommt es an?

Wenn du dich mit dem Produkt identifizierst und Leistung bringst, musst du dir um die Zukunft keine Sorgen machen.

Betriebstreue ist nach wie vor hoch

  • Arbeitgeber und Arbeitnehmer in der Metall- und Elektro-Industrie sind heute nicht weniger an einer langfristigen Zusammenarbeit interessiert als vor 25 Jahren. Seit 1994 liegt die durchschnittliche Dauer der Betriebszugehörigkeit bei zwölf Jahren. Von einer Auflösung traditioneller Beschäftigungsstrukturen sei nichts zu sehen, so das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln.
  • Der Anteil der über 60-jährigen M+E-Beschäftigten hat sich nach Angabe des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall in Berlin zwischen 2000 und 2017 von 2,4 auf 7,3 Prozent verdreifacht. Insgesamt sind heute zwei Drittel der 55- bis unter 65-Jährigen in Deutschland erwerbstätig, 2006 war es erst jeder zweite.