Troisdorf. Man könnte hier einen Science-Fiction-Film drehen – zwischen turmhohen, silbrig glänzenden Rohren und Leitungen und den gewaltigen Alu-Reifen, die wie zufällig in der Luft zu hängen scheinen. Eine Spannung von bis zu zwei Millionen Volt wird hier angelegt. Die ist nötig, um das Kernprodukt von HSP in Troisdorf auf Herz und Nieren zu prüfen. Der kleinste Fehler, und es gäbe beim Kunden Blitz und Feuer.

Dass Besucher sein Prüflabor „total aufregend“ finden, nimmt Paul Haberecht mit einem Lächeln. HSP produziert in erster Linie Hochspannungsdurchführungen. Die erfüllen eine wichtige Aufgabe auf dem Weg zwischen Kraftwerk und Stromkunden: Sie sichern den Durchgang von der Hochspannungsleitung in den Transformator, der die Spannung runter- oder hochregelt.

Isolierende Schutzeinrichtungen sind zum Teil länger als 20 Meter

Es handelt sich um isolierende Schutzeinrichtungen, die zum Teil länger als 20 Meter sind. „Wären sie nicht da, käme es im Trafo zum Kurzschluss“, erklärt Laborchef Haberecht. Und dann würde der in Flammen aufgehen. Im Labor gäbe es zwar nur Störgeräusche, aber die wären Vorboten eines möglichen Knalls. Man sieht diese Bauteile überall an großen Anlagen oder auch an Trafo-Häuschen, typisches Merkmal ist die geriffelte Hülle. Die aber ist nur der äußere Isolator und wird von HSP zugekauft. Das Kernstück aus Troisdorf ist das sogenannte Aktivteil, und da stecken „Ingenieurskunst und jahrzehntelange Erfahrung“ drin, so Tilo Stein, kaufmännischer Geschäftsführer der Firma, die eine lange Tradition hat und heute zu Siemens gehört.

Wenn der Lieferant den Wald wechseln will, muss er sich bei HSP das Okay einholen

Hergestellt wird das Teil aus geheimen Bestandteilen, dazu kommen etwa Alu-Folien, die in ganz bestimmten Abfolgen geschichtet werden. Stein: „Jede dieser Folien ist dünner als ein menschliches Haar.“ Und die werden nicht etwa von hochmodernen Maschinen zusammengelegt, sondern von Frauen mit viel Geduld und Fingerspitzengefühl.

Wie komplex so eine Durchführung ist, zeigt ein weiterer Schritt der Produktion, und da kommt Papier ins Spiel. Papier, das sich anfühlt wie Krepp aus dem Bastelladen, das aber nach ganz präzisen Anforderungen hergestellt wird. „Wenn unser Lieferant den Wald wechseln will, aus dem er das Holz für dieses Papier bezieht, dann brauchen wir mehrere Monate Vorlauf, um zu sagen, ob das Papier unseren Anforderungen genügt", sagt der Geschäftsführer.

Die Troisdorfer Firma wächst stark – das liegt unter anderem an der großen Nachfrage aus Asien

Das auf Rollen gezogene Papier wird je nach Größe des Endproduktes bis zu mehrere Wochen in Harz getränkt, anschließend in Spezialöfen getrocknet. Fast fertig ist jetzt das so genannte Rohaktivteil. Es wird dann noch auf der Drehbank bearbeitet und erinnert nachher stark an einen Torpedo.

HSP wächst stark. Vor anderthalb Jahren hatte die Firma 270 Mitarbeiter, nun sind es 340. Diese Entwicklung liegt unter anderem an der starken Nachfrage aus Asien, vor allem aus China. Direkt oder indirekt gehen 85 Prozent der Produkte ins Ausland.

Ein weiterer Erfolgsfaktor: HSP ist, so Stein, auch als externes Prüflabor zertifiziert und darf Produkte anderer Hersteller testen und Gütesiegel ausstellen. „In der Branche weiß man: Was HSP geprüft hat, genügt höchsten Standards.“

Das hat natürlich viel mit der futuristischen Szenerie des Elektrischen Prüflabors zu tun, das in einer. 30 Meter hohen Halle installiert ist und Besucher so zum Staunen bringt. Es ist eines der modernsten dieser Art in der ganzen Welt. Perfektion ist das Ziel. Und dass nichts passiert. Nur dann ist Paul Haberecht zufrieden.

Werner Grosch
Autor

Werner Grosch war lange Jahre leitender Redakteur einer Tageszeitung mit den Schwerpunkten Politik und Wirtschaft. Für aktiv schreibt er Reportagen aus Unternehmen der Metall- und Elektrobranche und porträtiert Mitarbeiter aus diesen Branchen mit ihren ungewöhnlichen Fähigkeiten oder Hobbys. Privat und beruflich ist er am liebsten mit dem Rad unterwegs.

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