Sie liegen in Mailand, Paris, Istanbul und sogar im fernen Sydney: Böden von der Rolle vom ­Bodenspezialisten Tarkett. Doch ihre Heimat ist Konz in Rheinland-Pfalz. Knapp 25 Millionen Quadratmeter Ware verlassen Jahr für Jahr das Werk und treten ihre Reise in die ganze Welt an. Der Konzern mit 12 500 Mitarbei­tern rund um die Erde ist einer der weltweit größten ­Hersteller von Bodenbelägen aller Art. Das Werk in Konz produziert Vinyl-Schaumbeläge aus Polyvinylchlorid, besser bekannt als PVC.

„Wir exportieren von hier aus rund 70 Prozent unserer Produkte“, sagt Standortleiter Josef Regneri. „Ohne den Außenhandel gäbe es unser Werk an ­dieser Stelle ­vermutlich gar nicht mehr.“ Der größte Markt ist Europa, mehr als zwei Drittel der Böden sind dafür bestimmt. Politische Spannungen, wie derzeit mit der Türkei, bekommt der Betrieb umgehend zu spüren. „Die Türkei hat jetzt die Importbedingungen verschärft, um ihre eigenen Fabriken zu schützen“, erklärt der Chef. „Das ­merken wir bereits an unseren Absatzzahlen.“

Ware für Amerika, Asien, Australien

Zum Glück sind die 260 Mitarbeiter am Produktionsstandort Konz – dem einzigen in Deutschland – breit aufgestellt. Regneri: „Wir schippern unsere Böden auch bis nach Nord- und Südamerika, Asien und sogar bis nach Australien.“ Für die Phthalat-freien Beläge wird ein Glasvlies in mehreren Schritten beschichtet und bedruckt. Man findet die Ware dann auf Rollen im Baumarkt und in nahezu allen Wohnbereichen.

Schon hier zeigt sich die genaue Kenntnis der Märkte. „Wir stellen die Vinylböden hauptsächlich in vier Meter Breite her“, sagt Regneri. Aber auch schmaler, besonders für den Markt in Großbritannien – dort sind die Räume kleiner. Schaumbeläge seien der „absolute Exportschlager“, be­richtet der Chef.

Deutsche lieben Eichendekore

Damit das so bleibt, werden die Dekore immer wieder neu designt. Das übernimmt Thorsten Beinke, der im Design-Department im Schwesterwerk in Luxemburg arbeitet. Beide Standorte sind eng verzahnt, auch in Sachen Produktion. „Ein Dekor zu entwickeln, dauert rund zwei Jahre“, erklärt der Designer. Er denkt sich die Muster nicht einfach aus, sondern bindet Studien und Experten ein. „Wir wissen zum Beispiel, dass grüne und gelbe Böden in Schulen die Konzentration der Kinder fördern“, sagt er. Auch der Geschmack differiert von Land zu Land. Beinke: „Skandinavier bevorzugen sehr dezente Töne im Graubereich, Franzosen mögen dagegen kräftige Farben.“ Und die Deutschen? „Die lieben zu 80 Prozent ganz klassisch das Eichendekor.“ Und was ist out? „Tropenholz-Optiken“, weiß der Experte, „selbst wenn sie nur aus Kunststoff sind.“

Ein weiteres Tarkett-Produkt sind hochwertige Designböden im Planken- und Fliesenformat, die Stein, Holz oder Keramik täuschend ähnlich sehen. Die Böden liegen zum Beispiel in schicken Läden und Hotels. Die Designs bestehen aus mehreren hauchdünnen Folien und Schichten; Spezialwalzen prägen die exakt nachempfundene Oberflächenstruktur, spezielles PVC-Granulat macht den Boden besonders robust und hart. Seit 2012 ist Konz in die Herstellung der Luxusdekore mit eingebunden, die Nachfrage steigt ständig. „Ein individuell gestalteter Boden unterscheidet ein Geschäft von den anderen“, weiß Beinke. „Deshalb wird der Belag dort häufig gewechselt.“

Eine Neuheit sind kleinteilige Dekore, die sogar das Logo einer Firma abbilden können. „Wir haben in Konz eine Musterecke eingerichtet“, sagt Standortleiter Regneri und zeigt auf eine durchgestylte Fläche in der Produktion. „Individuelle Designs sind im Trend. Inzwischen kommen auch ausländische Kunden sogar zu uns nach Konz, um die Produktion zu betrachten.“

 

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Sabine Latorre
Bis 2024 Leiterin aktiv-Redaktion Rhein-Main

Dr. Sabine Latorre war bei aktiv 22 Jahre lang die Spezialistin für Themen aus der Chemie- und Pharma-Industrie – bis zu ihrem Rentenbeginn im April 2024. Sie liebt es, komplizierte Zusammenhänge einfach darzustellen – so schon vor ihrer Zeit bei aktiv als Lehrerin sowie als Redakteurin für die Uniklinik Heidelberg und bei „BILD“. Außerdem schreibt sie naturwissenschaftliche Sachbücher für Kitas und Schulen. Privat reizen sie Reisen sowie handwerkliche und sportliche Herausforderungen.

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